Lamborghini Miura Millechiodi

Halten Sie sich für einen Sportwagenkenner? Dann ist Ihnen die Marke Lamborghini ein Begriff. Wenn Sie sich noch ein wenig besser auskennen, dann sagt Ihnen auch der legendäre Miura etwas und Sie können vielleicht sogar die Namensherkunft erläutern. Aber kennen Sie auch den Lamborghini Miura P400 S Millechiodi? Der Beiname bedeutet übersetzt soviel wie ‚tausend Nägel‘ oder ‚tausend Nieten‘ und deutet damit bereits auf die einmalige Fertigungstechnik hin, in der dieses Unikat 1975 auf Basis eines serienmäßigen P400 S entstand. Die Bestellung ging dabei vom Mailänder Unternehmer Walter Ronchi ein, der auch der ursprüngliche Besitzer des originalen Miura Jota war. Nachdem er diesen Wagen 1971 verkauft hatte, verunfallte das Auto auf dem Weg zum neuen Besitzer schwer, wodurch der einzige originale Miura Jota schließlich verschrottet werden musste. Walter Ronchi fragte derweil nach einer noch wilderen Version mit Anleihen beim Jota, dem persönlichen Auto von Werkstestfahrer Bob Wallace und den inzwischen angebotenen SVJ-Umbauten.

Heraus kam der Millechiodi auf Basis des Miura P400 S mit Fahrgestellnummer 4302. Dabei handelte es sich um ein frühes Serienauto aus der S-Serie mit der Lamborghini ab 1968 eine modifizierte Version des zwei Jahre zuvor eingeführten Mittelmotorsportwagens präsentierte. Die 275 P400 zuvor würden aus heutiger Sicht eher als Vorserienfahrzeuge oder ‚Work in Progress‘ durchgehen und unterschieden sich von Auto zu Auto teils gravierend. Das ‚S‘ stand für ‚Spinto‘ (aufgerüstet). Die entsprechenden Miura erhielten eine bessere Fertigungsqualität, bessere Fahrdynamik, höheren Komfort im Cockpit mit elektrischen Fensterhebern, Handschuhfachdeckel, Handgriff für den Beifahrer sowie neu gestalteten Bedienknöpfen und neu entwickelte Reifen von Pirelli. Durch überarbeitete Zylinderköpfe und weitere Feinarbeit am quer eingebauten V12-Motor stieg die Leistung um 20 auf 370 PS. Von außen unterschied sich der S vom normalen Miura durch verchromte Fensterumrandungen und das ‚S‘-Logo am Heck. Nachdem 275 Miura vom Band gelaufen waren, folgten anschließend 338 Miura S, bevor der Miura SV als Kronjuwel die Baureihe beendete.

Chassisnummer 4302 verließ die Fertigung im Farbton ‚Blu Notte‘ mit Leder in ‚Pelle Nera‘ und wurde am 17. November 1969 über den Turiner Händler Lamborauto auf das Kennzeichen ‚TO B91445‘ zugelassen. Anderthalb Jahre später kaufte Maddalena Camoli aus Turin den dunkelblauen Sportwagen. Nur ein weiteres Jahr später verkaufte sie den Miura S an Armando Borra aus der Nähe von Alba, der den Wagen noch im gleichen Jahr, 1972, über Lamborauto an Riccardo Tondolo in Andria. 1973 wechselte der Miura über den römischen Händler Carpanelli in den Besitz von Fratelli Tarchini in Mailand. Dort kaufte am 11. März 1975 Giovanni Sotgiu, ein BMW-Händler aus Mailand, das Auto und ließ es anschließend im Auftrag von Walter Ronchi bei zwei ehemaligen Lamborghini-Mitarbeitern in Sant’Agata in den Jota-inspirierten Hotrod umbauen. Die Kosten dafür beliefen sich auf rund 4.500.000 Lire.

Zu den Umbauten gehörte eine modifizierte Frontpartie mit großem Spoiler und Scheinwerfern hinter Plexiglas-Abdeckungen. Noch auffälliger ist hingegen die komplett eigenständig gestaltete hintere Motorhaube mit kantigerer Oberkante und runden Heckleuchten. Luftauslässe und die Vorderkante der Motorhaube zeigen wie beim Jota diverse Nieten – daher der Name des Unikats. Mit einer Lackierung in dunklem ‚British Racing Green‘. Neben Walter Ronchi sichtete man auch den italienischen Rennfahrer und Formel-1-Schrauber Franco Galli immer mal wieder hinter dem Steuer des Miura Millechiodi. Unter anderem nahm er auf einer seiner schnellen Touren laut eigenen Angaben einmal die Schauspielerin Brigitte Bardot mit. In den späten 1970ern bot der Händler Autoelite den Wagen in Mailand an und verkaufte ihn schließlich im April 1979 an den Klassikersammler Aldo Cudone in Padua, der ihn bei Michelotto auffrischen und rot lackieren ließ. Seine umfangreiche Sammlung von Ferrari und Lamborghini wurde größtenteils in den 1990ern nach seinem Tod versteigert. Den Miura behielt die Familie jedoch bis 2001 und ließ ihn erst dann in Monaco versteigern, wo ihn ein Schweizer Sammler erstehen konnte. Er schickte das Auto nach Großbritannien zu Autosport, um ihn überarbeiten und anschließend einlagern zu lassen. 2015 kaufte der heutige Besitzer den Miura und beauftragte in der Region Modena eine Komplettrestaurierung. Dabei vergrößerte man den Hubraum des V12-Triebwerks auf 4,1 Liter mit größeren Kolben und Ventilen, schärferen Nockenwellen und einem vom Jota inspirierten Auspuffsystem. Diese Arbeiten, bei denen das Auto auch in seinen optischen Zustand von 1975 zurückversetzt wurde, kosteten rund 290.000 Euro. Nun bietet Simon Kidston über seinen Klassikerhändler Kidston SA dieses Einzelstück an.

Bilder: Kidston SA