Jensen FF
Jensen ist in der heutigen automobilen Welt nur noch eingefleischten Fans ein Begriff – und dann zumeist auch nur in Form des Interceptor. Dass die Briten verschiedene formschöne Sportwagen und GTs auf die Räder gestellt haben, wissen nur Wenige. Ein Beispiel dafür ist der rare Jensen FF, den viele Betrachter unwissentlich als Interceptor abstempeln. Bei lediglich 320 gebauten Exemplaren ist dies nicht allzu verwunderlich.
1966 stand der Jensen FF erstmals auf der London Motor Show – gemeinsam mit dem sehr ähnlich gestalteten Interceptor. Die beiden Modelle lassen sich am besten durch den längeren Radstand, einen Belüftungsschlitz in der Motorhaube und zwei Auslässen anstelle von nur einem seitlichen Luftauslass hinter dem Vorderrad unterscheiden. Diese Verlängerung um zehn Zentimeter resultierte aus dem Antriebskonzept des FF, dessen Kürzel für ‚Ferguson Formula‘ steht. Gemeinsam mit der britischen Firma Ferguson Research, gegründet durch den Massey-Ferguson Mitgründer Sir Harry Ferguson und den Rennfahrer Tony Rolt, entwickelte Jensen einen Allradantrieb. Ursprünglich hatte Ferguson dieses System Ende der 1950er Jahre für einen Formel-1-Rennwagen erdacht. Jensen erwarb die Exklusivrechte für die Nutzung in Produktionswagen. Damit geriet der FF zum ersten Serien-PKW mit dieser Technologie, lange bevor Subaru und Audi Allradpersonenwagen anboten. Zuvor gab es vier angetriebene Räder ausschließlich bei Nutzfahrzeugen und schweren Geländewagen. Zeitgleich führte Jensen mit diesem Modell ein mechanisches Antiblockiersystem vom Typ Dunlop Maxaret in der Serienfertigung ein.
Genau wie beim Jensen Interceptor steckt auch beim FF ein 6,3 Liter großer V8-Saugmotor mit 325 SAE-PS und 576 Newtonmetern Drehmoment, was ihn 210 km/h schnell macht und in 8,6 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 spurten lässt. Er stammte ebenso wie die Dreigang-TorqueFlite-Automatik von Chrysler. Von der Automatik aus gelangte die Kraft in ein Planetengetriebe mit per Doppelkupplung angesteuerter Sperre und anschließend über eine kettengetriebene Kardanwelle und ein Kegelrad-Differenzial zu 37 Prozent auf die Vorderräder sowie über eine Kardanwelle und ein eigenes Differenzial zu 63 Prozent auf die Hinterräder.
Da diese aufwändige Antriebstechnologie viel Platz in Anspruch nahm und damit auch den linken vorderen Fußraum einengte, bot Jensen den FF ausschließlich als Rechtslenker an. Trotz opulenter Serienausstattung mit Lederbezügen und Walnussdekorblenden war dem Wagen kein großer Verkaufserfolg beschieden. Dies liegt vor allem im Grundpreis, der rund 30 Prozent über dem des Interceptor lag. Nach 193 produzierten FF erfolgte die Umstellung auf eine zweite Serie mit veränderten Schürzen und neuem Armaturenbrett. 1971, kurz vor dem Produktionsende des FF, folgte eine ‚Mark III‘ genannte dritte Serie. Das Traditionsauktionshaus Bonhams bietet nun im Rahmen des Goodwood Festival of Speed einen Jensen FF aus der ersten Serie an, der am 5. Februar 1968 erstmals vom berühmten Architekt Lieutenant Colonel Richard Seifert zugelassen wurde. Von 1987 bis 1990 gehörte der Wagen dem Zeitungsmagnaten Eddie Shah, auf den nur zwei weitere Besitzer folgten. Sie alle sorgten dafür, dass der FF in bestmöglichem Zustand erhalten blieb. Entsprechende Rechnungen werden dem nächsten Besitzer mit dem Fahrzeug übergeben. Bonhams erwartet einen Zuschlagspreis zwischen 80.000,- und 120.000,- GBP (rund 90.000,- bis 135.000,- €).
Bilder: Bonhams