Glöckler-Porsche 356 Carrera 1500
Die direkte Nachkriegszeit war für viele Menschen nicht leicht. Vielerorts hatte man alles verloren und stand vor dem Nichts. Trotzdem gab es auch in Europa immer noch einige wohlhabende Menschen, die sich vergnügen wollten. Wer es sich leisten konnte, nutzte sein Auto für erste Motorsportveranstaltungen, die zunehmend stattfanden. Entsprechend stieg auch der Bedarf an rennsportgeeigneten Automobilen, der jedoch von den Herstellern allein noch nicht gedeckt werden konnte. Hier stiegen kleine Werkstätten und Betriebe ein, die auf der Basis von neuen oder gebrauchten Fahrzeugen passable Umbauten realisierten. Eines dieser Unternehmen war Glöckler aus Frankfurt am Main. Bereits seit dem Ersten Weltkrieg verkaufte Otto Glöckler Motorräder von BMW und NSU. Später kamen Fahrzeuge von Hanomag dazu. Eigentlich wollte man in Frankfurt auch den KdF-Wagen anbieten, jedoch kam es bekannterweise nicht zu einer wirklichen Serienproduktion vor dem Zweiten Weltkrieg.
Rennwagen-Unikate ab 1948
Nach dem Krieg übernahm der Sohn des Gründers, Walter Glöckler, die Generalvertretung von Volkswagen im Raum Frankfurt. Ab 1950 ergänzte man das Angebot um die Sportwagenmarke Porsche, die jüngst ihre Produktion nach Stuttgart verlagert hatte. Da Walter Glöckler zu den eingangs erwähnten Motorsportfans gehörte, die an Rennveranstaltungen teilnahmen, bastelte er ab 1948 mit einigen Mitarbeitern, darunter Hermann Ramelow, an Umbauten. Das erste Fahrzeug basierte auf den technischen Komponenten eines Hanomag in einem selbstentwickelten Rohrrahmen. Neben einem ovalen Kühlergrill fielen vor allem die freistehenden Räder ins Auge. 1949 gewann Walter Glöckler mit diesem Auto das Schauinsland-Rennen. Für 1950 entstand der zweite Eigenbau erneut mit Rohrrahmen-Chassis, diesmal jedoch mit verkleideten Rädern in offener Karosserie. Zudem diente diesmal das Vierzylinder-Boxertriebwerk aus einem Volkswagen als Antriebsquelle. Durch die Montage eines Porsche-Zylinderkopfes und weitere Feinarbeiten am Motor stieg die Leistung auf 48 PS beziehungsweise beim Betrieb mit alkoholhaltigem Kraftstoff sogar auf 62 PS.
Glöckler Nummer drei ging in die USA
Laut internen Angaben entstanden zwei Exemplare des Glöckler Nummer 2. 1950, 1951 und 1952 gewannen diese Wagen die deutsche Sportwagenmeisterschaft bis 1,1 Liter Hubraum. Glöckler selbst arbeitete 1951 bereits an der dritten Eigenkonstruktion, die erneut einen Rohrrahmen als Grundlage erhielt. Diesmal stammte der Vierzylinder-Boxermotor von Porsche und hatte 1,5 Liter Hubraum. Derweil beließ es das Team beim Fahrwerk des Vorgängers, verbesserte jedoch die Einstellungen. Die Karosserie erhielt Vorrichtungen, um erstmals mit wenigen Handgriffen ein Hardtop montiert werden konnte. Dieses beinhaltete Flügeltüren und eine Windschutzscheibe. Mit Dach stieg die Höchstgeschwindigkeit deutlich, was zu zahlreichen Geschwindigkeitsrekorden auf europäischen Rennstrecken und einem Sieg beim Schauinsland-Rennen 1951 führte. Ein Jahr später tauchte der Wagen bei diversen Rennen in den USA auf, nachdem Max Hoffman ihn gekauft hatte.
Glöckler Nummer vier und fünf basierten auf dem Porsche 356
Im gleichen Jahr entstand ein optisch identisches Auto als vierte Konstruktion von Walter Glöckler. Unter der Karosserie befand sich dabei kein Rohrrahmen, sondern ein leicht verkürztes Fahrgestell vom Porsche 356. Von diesem Basisfahrzeug stammte auch der 1,5-Liter-Motor. Nach dem Gewinn der Sportwagenmeisterschaft bis 1,5 Liter Hubraum wechselte auch dieser Wagen in den Besitz von Max Hoffman in den USA. Die zuvor eingefahrenen Rennerfolge führten dazu, dass einige Rennfahrer auf die Glöckler-Umbauten aufmerksam wurden. Für 1953 bestellte daher der deutsche Unternehmer und Hobbyrennfahrer Richard Trenkel den fünften Glöckler als kompakten Roadster mit 1,1-Liter-Porsche-Motor und Rohrrahmen-Chassis. Damit gewann er im gleichen Jahr die Sportwagenmeisterschaft bis 1,1 Liter. Ein zweites Auto mit 1,5-Liter-Boxermotor ging an den Schweizer Hans Stanek und erhielt dafür eine rot-weiße Lackierung. Zwei identische Karosserien gingen von der Karosseriebaufirma C.H. Weidenhausen als Vorbild und Inspiration für den 550 Spyder an Porsche.
Nummer sieben war das finale Glöckler-Unikat
1954 entstand die siebte und zugleich finale Konstruktion von Glöckler. Es ist zudem das einzige Coupé der Reihe. Als Basis diente das Fahrgestell 12213 eines unvollendeten Porsche 356 A mit einem frühen Königswellen-Motor von Ernst Fuhrmann. Neben der dreigeteilten Panorama-Heckscheibe und den bereits beim Vorgänger genutzten konkaven Radausschnitten sind besonders die Seitenscheiben erwähnenswert. Gebogenes Glas war aufwändig und daher teuer in der Herstellung. Daher unterteilte man sie in zwei Areale, von denen nur der schmale ins Dach überging. Eigentlich wollte Glöckler mit diesem Auto bei der Mille Miglia starten, konnte jedoch die Fertigstellung nicht schnell genug realisieren. So fand der Ersteinsatz mit Helmut Glöckler (Cousin von Walter Glöckler) und Max Nathan am Steuer bei der Langstreckenrallye Lüttich-Rom-Lüttich statt. Anschließend begutachtete Porsche eingehend die Konstruktion des Unikats, bevor Ende 1954 ein Verkauf an einen US-amerikanischen Kunden stattfand. Nach einem Verkehrsunfall in Kalifornien stand der Wagen jahrzehntelang unrepariert in Los Angeles.
Umfangreich restauriert bei RM Sotheby’s
Erst im Jahr 1993 konnte der Lufthansa-Angestellte Hans Heffels einen Kaufvertrag aushandeln und das Wrack nach Frankfurt am Main zurückholen. Allerdings übernahm er sich an der Restaurierung. Daher verkaufte er den Glöckler-Porsche 2005 in teilzerlegtem Zustand an Hans Georg Frers. Der ließ eine umfangreiche Restaurierung bei Ulrich Weinberg durchführen, bei der fast alle originalen Aluminium-Karosserieteile erhalten blieben. Einzig das Frontpaneel war nicht mehr zu retten. Es wurde jedoch als separates Teil erhalten und gehört ebenso wie eine umfangreiche Fotodokumentation zum Auto. Vermutlich bereits in den 1950er Jahren erhielt das Glöckler Coupé als Austauschmotor das 1,5-Liter-Triebwerk aus dem Porsche 550 Spyder mit der Fahrgestellnummer 550-0026. Diesen überholte das Expertenteam rund um Armin Baumann in der Schweiz. Von 2016 bis jetzt gehörte der Wagen einem weiteren Besitzer. Nun sucht RM Sotheby’s im Rahmen der Monterey Car Week nach einem neuen Zuhause. Erwartet wird ein Zuschlagspreis zwischen 750.000 und 1.000.000 US-Dollar.
Bilder: RM Sotheby’s, Dirk de Jager