Frazer Nash BMW 328
Erneut präsentieren wir hier auf Secret Classics eine Marke, von der viele Leser vermutlich noch nie gehört haben: Frazer Nash. Gegründet rund um das Jahr 1924 war Frazer Nash bereits die zweite Autofirma von Archibald ‚Archie‘ Goodman Frazer Nash. Seine vorherige Marke G.N. (Godfrey Nash), die Cyclecars und sportliche Kleinwagen mit zwei Sitzen fertigte, musste kurz zuvor geschlossen werden. Frazer Nash setzte anfänglich die Produktion der G.N.-Fahrzeuge mit nur geringen Veränderungen fort, bevor Archie 1926 alle Firmenanteile an die Gebrüder Adlington verkaufte. Diese verkürzten den Markennamen auf die Initialen und stellten den Anfangsbuchstaben ihres Familiennamens voran. Unter dem entsprechenden Kürzel AFN entstanden zahlreiche zweisitzige Sportwagen, die im klassisch-britischen Stil der Zeit eigentlich nur aus Motor, Sitzen und einer rudimentären Verkleidung bestanden. Die Triebwerke kaufte man bei Anzani, Meadows, Cough, Blackburn oder Plus-Power zu. 1934 schloss man mit BMW einen Kooperationsvertrag ab, der Frazer Nash zum Generalimporteur der deutschen Fahrzeuge für den britischen Markt machte und zugleich gestattete, die Autos unter dem Markennamen ‚Frazer Nash BMW‘ zu vertreiben.
An dieser Stelle unterbrechen wir den Geschichtsunterricht und schieben das Auto ein, um das es hier heute hauptsächlich geht. Es handelt sich um einen 1937 gefertigten Frazer Nash BMW 328. Mit dem 328 brachte BMW am 14. Juni 1936 einen neuen Sportwagen mit zum Nürburgring, der in den folgenden Jahren weltweit diverse Rennsiege sammeln sollte. Es war die Krönung der 300er Baureihe, die hauptsächlich aus der Limousine 319 und dem Tourenwagen 321 (Zweitürer) beziehungsweise 326 (Viertürer) bestand, aber auch den Tourensportwagen 327 und das Cabriolet 329 umfasste. Später folgte noch der 335. Im Gegensatz zur Nachkriegszeit hatten diese Zahlen nicht viel mit dem Hubraum oder der Leistung zu tun, sondern waren reine Modellreihenbezeichnungen. Der 328 als zweisitziger Roadster wendete sich an Sportwagenliebhaber und Rennfahrer. Unter seiner Haube sitzt ein zwei Liter großer Reihensechszylindermotor mit 80 PS, was für die damalige Zeit mehr als ausreichend war. Der von uns gezeigte Frazer Nash BMW 328 erhielt die britische Zulassung GML185 und vom ersten Besitzer den Spitznamen ‚Zoe‘.
Viele Jahre lang diente ‚Zoe‘ als Alltagsauto, wobei der Erstbesitzer nach dem Zweiten Weltkrieg auch weite Urlaubsfahrten nach Schottland oder Kontinentaleuropa mit dem offenen Sportwagen unternahm. 1950 erfolgte der bis heute einzige Besitzerwechsel dieses Autos, das direkt für eine ausgiebige Reise nach Frankreich genutzt wurde. Dort besuchte man das 24-Stunden-Rennen in Le Mans und den Großen Preis von Frankreich in Reims. Anschließend diente der 328 bei diversen Bergrennen in Großbritannien als Sportgerät. Seit 1985 stand der Frazer Nash in einer gut entfeuchteten und klimatisierten Halle eingelagert und wurde vor kurzem durch die Restaurierungsexperten von Thornley Kelham komplett zerlegt und aufgearbeitet. 2017 erhielt der Wagen den ‚Best of Show‘-Preis beim London City Concours. Nun steht der Wagen über den Klassikerhändler Trofeo Cars zum Kauf angeboten. In den Fahrzeugunterlagen befinden sich Rechnungen, die bis in die 1950er zurückreichen und die komplette Dokumentation der Restaurierung.
Kurz nochmal zurück zur Markengeschichte von Frazer Nash. Nach dem Zweiten Weltkrieg verschwand das Kürzel AFN endgültig. Stattdessen fertigte man auf Basis der BMW-328-Konstruktionspläne eigenständige Sportwagen und arbeitete dabei eng mit Bristol zusammen, die ihrerseits ebenfalls vergleichbare Fahrzeuge herstellten und das Sechszylinder-Triebwerk mit gutem Erfolg weiterentwickelten. Frazer Nash fertigte nebenbei nun auch zu Einsitzern umgebaute Sportwagen und eigenständige Monoposti für Rennwagenveranstaltungen. Im Jahr 1957 schloss man die Tore, nachdem die Regularien im Formel-Sport es für kleine Marken immer unattraktiver machte, Fahrzeuge zu entwickeln und die Vorkriegskonstruktion der Straßensportwagen nicht mehr konkurrenzfähig waren. Seit 2007 hält die Kamkorp-Holding den Markennamen und plant gemeinsam mit der ebenfalls erworbenen Marke Bristol ein Comeback im Bereich von Hochleistungselektrofahrzeugen. Wann genau hierzu erste greifbare Ergebnisse präsentiert werden ist uns jedoch unbekannt.
Bilder: Trofeo Cars