Ford Galaxie 500 R-Code Lightweight

Ford und der Tourenwagensport gehören für viele Motorsportfans untrennbar zusammen. Fragt man nach den Modellreihen, die dabei zum Einsatz kommen und kamen, fallen Namen wie Escort, Lotus Cortina, Capri, Sierra, Mondeo, Focus und Fiesta. Dass es auf europäischem Boden, speziell in Großbritannien, jedoch auch noch ein anderes Modell von der anderen Seite des Atlantiks gab, dürfte zumindest jüngere Leser überraschen. Tatsächlich organisierte 1963 das US-amerikanische Team Holman & Moody den Einsatz von drei Ford Galaxie 500 R-Code Lightweight in der British Saloon Car Championship. Wenn man sich die historischen Rennbilder ansieht, wird man den Eindruck nicht los, dass Ford hier ernsthaft mit Kanonen auf Spatzen schießen wollte. Die amerikanische Limousine wirkt im Feld der Jaguar Mk II, Mini Cooper, Ford Lotus Cortina und anderer europäischer Fahrzeuge der Zeit wie ein überdimensionierter Fremdkörper. Was wohl die versammelte Konkurrenz dachte, als die Galaxies erstmals ins Fahrerlager rollten?

R-Code bezeichnet beim Galaxie die Modelle, die zur Halbzeit des Modelljahres 1963 präsentiert wurden. Unter der riesigen Motorhaube sitzt ein sieben Liter großes V8-Triebwerk mit Doppelvergasern und rund 425 SAE-PS. Für sportlich-orientierte Kunden nahm man zudem die Lightweight-Variante ins Programm auf, von der jedoch nur rund 210 Exemplare entstanden sind. Diese rund 170 Kilogramm leichteren Fahrzeuge gab es ausschließlich im Farbton ‚Corinthian White‘ mit einer roten Vinylausstattung innen. Der Gewichtsvorteil resultierte aus Glasfaserteilen für die Motorhaube, die vorderen Kotflügel und den Kofferraumdeckel sowie Aluminium für die Stoßfänger, das Getriebegehäuse und das Wasserpumpengehäuse. Außerdem verzichtete Ford nicht nur auf den Einbau von Lärm- und Wärmedämmung, sondern ließ konsequent auch gleich diverse Ausstattungsdetails, das Reserverad und das Werkzeugset weg. Hinzu kamen jedoch ein manuelles Borg-Warner Vierganggetriebe, eine Federung für höhere Beanspruchungen und eine kürzere Hinterachsübersetzung.

Auf der Basis des Galaxie 500 R-Code Lightweight entstanden bei Holman & Moody einige Rennfahrzeuge, wobei die Schweißnähte der Rohkarosserien nachgezogen, neue Motorlager verbaut und ein vollwertiger Überrollkäfig eingebaut wurden. Zudem erhöhte man die Leistung des V8-Motors auf rund 500 PS und gönnte der immer noch verhältnismäßig schweren Limousine ein strafferes Sportfahrwerk. Für die British Saloon Car Championship entstanden exakt drei Exemplare dieses Schlachtschiffes, die man umgehend über den Atlantik schickte. Dort hatte man das Team von John Wilment mit den Einsätzen betraut. Jeff Uren, der damalige Teammanager, hatte sich daraufhin umgehend mit dem britischen Rennfahrer Jack Sears in Verbindung gesetzt, der bereits 1958 die British Saloon Car Championship gewonnen hatte und zudem später auch auf Klassensiege in Le Mans und Daytona zurückblicken konnte. Bekannter wurde er aber weltweit dafür, dass er 1964 die kurz zuvor neu eröffnete britische Autobahn M1 bei einer Testfahrt in einer Shelby Cobra mit rund 180 mph (ca. 290 km/h) befuhr.

Für die Rennsaison 1963 stieg er ins Cockpit des Ford Galaxie mit der Fahrgestellnummer 3N66R143030. Dieses Auto fuhr das Team von Holman & Moody nach der Komplettierung auf Achse über 600 Meilen vom Firmensitz in North Carolina zum Flughafen in New York, wo es zusammen mit einer Menge Coca-Cola in eine Frachtmaschine verladen und nach Großbritannien geflogen wurde. Dort kam der Wagen rechtzeitig für das BRDC International May Meeting in Silverstone, dem fünften Lauf der Saison an. Dort stellte Jack Sears den Galaxie ohne große Mühen auf die Pole Position. Nachdem er sich am Rennstart hinter drei Jaguar zurückfallen ließ, um sein Auto besser kennenzulernen, griff er noch in der ersten Runde an, überholte alle drei Gegner im selben Manöver und baute anschließend kontinuierlich seinen Vorsprung aus – wobei er ab der zweiten Runde aus Sorge um seine Kupplung für den Rest des Rennens im vierten Gang blieb. Nach einem weiteren Sieg beim sechsten Lauf in Aintree folgte der kurvige Rennkurs am Crystal Palace in London. Dort hätte jeder auf einen Sieg der deutlich kompakteren Cortina oder des eigentlich untermotorisierten Mini getippt. Doch am Ende überquerte auch hier das riesige Siebenliter-Dickschiff aus den USA in Führung liegend die Ziellinie. Es folgten Siege in Snetterton und Silverstone sowie ein Ausfall nach Reifenschaden in Brands Hatch (wo Jim Clark in einem anderen Galaxie siegte). Einige Wochen später saß der Südafrikaner Bob Olthoff am Steuer dieses Wagens als es erneut nach Brands Hatch ging, und holte einen weiteren Sieg. In Oulton Park setzte sich schließlich der damals amtierende Formel-1-Weltmeister Graham Hill in den Galaxie und errang einen zweiten Platz vor Sears, der diesmal in einem Lotus Cortina saß. Beim Drei-Stunden-Rennen von Snetterton unterbot er im Rahmenprogramm nicht nur seinen eigenen Rundenrekord um über fünf Sekunden, sondern fuhr sogar schneller als die Aston Martin DB4 GT Zagato, die im Hauptrennen antraten. Am Ende der Saison wurde Sears zum Meister der British Saloon Car Championship gekührt.

Nachdem die Rennsaison in Europa vorbei war, schickte das Wilment Team den Ford nach Südafrika, wo man Anfang November 1963 mit Jack Sears und dem Australier Paul Hawkins an einem Neun-Stunden-Rennen in Kyalami teilnahm. An dritter Stelle im Gesamtklassement und in Führung liegend in der Performance-Index-Wertung fiel man in der Abenddämmerung aufgrund einer defekten Zylinderkopfdichtung aus. Beim finalen Rennen im selben Jahr am 28. Dezember im südafrikanischen East London überquerte Paul Hawkins als Zweiter hinter dem Schwesterfahrzeug mit Bob Olthoff die Ziellinie. Anfang 1964 nahm man noch an den Tourenwagenrennen auf dem Killarey-Rennkurs von Kapstadt teil, bevor man die Autos zurück nach Großbritannien schickte, um sich auf die neue Rennsaison vorzubereiten. Sears wollte seinen Meistertitel mit „seinem“ Galaxie verteidigen. Diesmal war es jedoch ein Auf und Ab zwischen Ausfällen und Erfolgen. Zwischendurch ging es im Mai auf die legendäre belgische Rennstrecke Spa-Francorchamps zum ersten Lauf der Tourenwagen-Europameisterschaft, wo Sears ebenfalls siegreich blieb. Nach Ende der BSCC-Saison ging es für Team und Autos erneut nach Südafrika, wobei Jack Sears diesmal nicht mitreiste. Olthoff kaufte den Galaxie und behielt ihn gleich dort, um die 1965er Saison der südafrikanischen Tourenwagenmeisterschaft zu bestreiten. Nach dem letzten Einsatz im Rahmenprogramm des 1966er Grand Prix von Südafrika in East London behielt er den Wagen bis 1988 in seiner Sammlung. Dann verkaufte er ihn an Jack Sears, der den Galaxie zurück nach Großbritannien holte und mit dem zuvor genutzten Kennzeichen BML9A wieder für den Verkehr zuließ. Anfang der 1990er erfolgte eine vorsichtige Restaurierung. Nach einigen Einsätzen beim Goodwood Festival of Speed kehrte Sears mit diesem berühmten Rennfahrzeug 2008 auf die Piste zurück und siegte bei zwei Läufen des 1963 Archie Scott-Brown Memorial Trophy Meeting in Snetterton. Er behielt den Wagen bis zu seinem Tod im Jahr 2016. Aktuell steht der Ford Galaxie beim Klassikerhändler Girardo & Co. in London zum Verkauf bereit. Den Preis verrät man nur auf Anfrage.

Bilder: Girardo & Co.