Fiat Turbina

Heutzutage spricht alle Welt über Elektroautos. Als Alternative kommen E-Fuels oder Wasserstoff ins Spiel. Dass jedoch in allen Jahrzehnten des Automobilbaus über andere Antriebe neben den jeweils verbreiteten nachgedacht wurde, vergessen manche Betrachter gern. Beispielsweise beschäftigten sich einige Automobilhersteller in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv mit Turbinenantrieben. Die Idee entstammte den während des Krieges neu aufgekommenen Flugzeugen mit Strahltriebwerken. Unter den involvierten und interessierten Technikern war auch Dante Giacosa, der technische Direktor von Fiat. Er begann in den späten 1940er Jahren mit ersten Arbeiten an einem Auto mit diesem Antrieb. Tatsächlich hatte der Fiat-Konzern mit seiner Aviation-Abteilung bereits Erfahrungen auf dem Sektor der Gasturbinen. Allerdings war deren Verwendung in Automobilen noch gänzlich unerforscht.

Giacosa und sein Team erkannte relativ schnell, dass die auf dem Markt verfügbaren Turbinen aus der Luftfahrtindustrie für Autos ungeeignet waren. Sie hatten zu große Abmessungen und brachten zuviel Gewicht auf die Waage. Gemeinsam mit seinen Konstrukteuren Vittorio Bellicardi und Oscar Montabone entwickelte Giacosa daher eine neue, kleinere Gasturbine. Sie erhielt drei Brennkammern und einen zweistufigen Kompressor. Als Treibstoff sah man Flugzeugkerosin vor.

„Bei 22.000 Umdrehungen pro Minute sollten rund 300 PS bereitstehen.“

Bei 22.000 Umdrehungen pro Minute sollten rund 300 PS bereitstehen. Für die frühen 1950er Jahre war dies ein beachtlicher Leistungswert. Um die neue Antriebstechnologie optisch bestmöglich in Szene zu setzen, entstand ein bildschöner Sportwagen. Die Turbine fand ihren Platz direkt hinter dem für zwei Personen ausgelegten Cockpit. Ihre Abgase mündeten wie bei einem Kampfjet in einem großen zentralen Auspuffrohr. Zeittypische Heckflossen zierten die hinteren Kotflügel.

Antriebsloses Ausstellungsstück

Ansonsten fügt sich das rundliche Karosseriedesign hervorragend in die Ära ein. Es entstand in Kooperation mit dem Politecnico di Torino im Windkanal. Ein Modell im Maßstab 1:5 erreichte dabei einen Luftwiderstandsbeiwert von nur 0,14. Der Fiat Turbina debütierte am 14. April 1954 bei einer Testfahrt auf dem Dach der Fiat-Fabrik in Lingotto. Neun Tage später zeigte Fiat das Auto erstmals auf dem Turin-Caselle-Flughafen der Öffentlichkeit, bevor es auf dem Turiner Autosalon stand. In der Folgezeit fanden diverse Erprobungsfahrten statt. Diese ergaben einen sehr hohen Treibstoffverbrauch und Überhitzungsprobleme an der Turbine. Daher stellte Fiat das Projekt alsbald wieder ein. Heute ist der Fiat Turbina ein antriebsloses Ausstellungsstück im Museo Nazionale dell’Automobile in Turin. Die originale Turbine vom Typ 8001 ist Bestandteil der Sammlung des Centro Storico Fiat.


Bilder: Fiat