Ferrari F355 Berlinetta

Scheunenfunde kennt man eigentlich hauptsächlich von Fahrzeugen aus den Baujahren vor 1980. Wenn man jedoch ein Auto lange genug unter nicht hundertprozentigen Bedingungen abstellt, entwickelt sich der entsprechende Gesamtzustand auch schon eher. Somit verwundert es nicht, dass jüngst ein Kunde an den Londoner Ferrari Händler H.R. Owen mit der Bitte herantrat, einen F355 Berlinetta wieder fahrfähig zu machen. Dieser Sportwagen stand für volle 12 Jahre in einer Garage in Macao, lediglich abgedeckt von einem Stofftuch. Eigentlich hatte der Kunde nach einem schönen Ferrari 512 TR gesucht. Als er diesen fand, stand der F355 genau daneben und wurde von ihm direkt mitgekauft. Auf dem Tacho finden sich bisher lediglich rund 10.000 Kilometer, die allesamt seit der Erstzulassung im Juli 1995 und vor der Einlagerung 2007 zusammenkamen. Warum genau der Wagen dann abgestellt wurde, ist nicht bekannt.

In der Zeit von 12 Jahren, in denen der Ferrari unbeaufsichtigt abgestellt war, machten sich einige Nagetiere daran den Kabelbaum zu zerfressen. Zugleich trockneten einige wichtige Betriebsflüssigkeiten aus und Korrosion nagte an einigen Komponenten. Aus diesem Grund befasste sich das Team im Ferrari Service Centre im Westen Londons, dem größten Ferrari-Servicezentrum Europas, erst einmal mit einer genauen Bestandsaufnahme. Anschließend baute man das V8-Triebwerk aus, reinigte diesen bis in tiefste Ebenen und tauschte diverse Schlüsselkomponenten wie defekte Pumpen, die Kupplung, das Schwungrad sowie den zernagten Kabelbaum inklusive Sicherungen aus. Ebenso überarbeitete man das System der Benzinleitungen inklusive Tank und Pumpen. Eine fabrikneue Abgasanlage mit Katalysatoren und entsprechenden Kontrollmodulen kam ebenso ins Fahrzeug wie eine neue Batterie. Eine neue Klimaanlage sowie neue Felgen, Reifen, Bremsen und Fahrwerkskomponenten vervollständigen die bisherigen Bemühungen von H.R. Owen an diesem Wagen.

Auf den Bildern ist dieser Ferrari F355 Berlinetta im Anlieferungszustand zu sehen, wie er letztes Jahr in London ankam. Bereits ersichtlich ist dabei, warum der neue Besitzer soviel Aufwand betreiben lässt. Der Sportwagen trägt die seltene Lackierung Verde Silverstone, beigefarbenes Leder, Carbon-Sportsitze und das begehrte manuelle Sechsgang-Getriebe mit der offenen Metallschaltkulisse. In den nächsten Wochen erfolgt eine Neulackierung im originalen Farbton, die Aufarbeitung des Interieurs und anschließend eine Zertifizierung nach den Grundsätzen von Ferrari Classiche.

Zwischen 1994 und 1999 entstanden über 11.200 Exemplare des F355 in zwei Modellgenerationen. Hinter den Passagieren saß dabei stets ein 3,5 Liter großer V8-Saugmotor mit 280 kW/381 PS. Anfänglich arbeiteten zwei Bosch 2.7-Motorsteuergeräte im Fahrzeug, 1996 wechselte man auf ein einzelnes der Generation 5.2. Neben dem manuellen Getriebe gab es erstmals in der Markengeschichte optional ein sequenzielles Sechsgang-Getriebe mit Schaltwippen am Lenkrad, das zur Verkaufsförderung die Bezeichnung F1 erhielt.

Bilder: H.R. Owen