Ferrari 375 America Coupé by Vignale

Mit dem 375 America stellte Ferrari 1953 zum dritten Mal ein besonderes Modell für den US-Markt vor. Er folgte auf den 340 America und den 342 America. Als Basis diente das nur geringfügig veränderte Kastenrahmen-Chassis des 250 GT Europa mit einem auf 2,8 Meter verlängerten Radstand. Allerdings nutzte man als Antrieb den von Aurelio Lampredi entwickelten V12-Motor mit 4,5 Litern Hubraum. Dank drei Weber-Doppelvergasern und einer Verdichtung von 8:1 kam das Triebwerk auf 221 kW/300 PS. Vorn kamen doppelte Dreiecksquerlenker und hinten eine Starrachse zum Einsatz. Bis 1955 entstanden lediglich 12 oder 13 Exemplare.

Zwei einzigartige Coupés von Vignale

Den überwiegenden Teil der Fahrgestelle, nämlich acht, verwandelte Pinin Farina in Coupés. Ghia erstellte ein weiteres Coupé in Dreifarblackierung. Hinzu kamen ein Cabriolet und zwei Coupés von Vignale. Dort arbeitete zu dieser Zeit Giovanni Michelotti als leitender Designer. Gemeinsam mit Firmengründer Alfredo Vignale erarbeitete er lebensgroße Zeichnungen, die anschließend von Hand in Aluminium nachgeformt wurden. Auf diese Weise entstanden bei der erst 1948 eröffneten Carrozzeria Vignale diverse interessante Einzelstücke und Kleinserien. Für den Ferrari 375 America entstand ein Coupé-Entwurf mit Schrägheck und großer Panorama-Heckscheibe. Die Frontpartie mit verchromten Grill könnte auch an einer US-Limousine der Ära hängen. Seitlich zieren je fünf Luftauslassschlitze den Schweller. Diese Karosserie entstand zweimal für die Fahrgestellnummern 0327AL und 0337AL, mit kleinen Unterschieden bei Scheinwerfern und Rückleuchten.

Dreimal über den Atlantik vor Auslieferung

0327AL verließ die Hallen von Vignale in ‚Amaranto‘ (dunkelrot) mit einem besonderen Grau metallic als Akzentfarbe für Dach, Dachsäulen und die untere Seitenscheibeneinfassung. Innen erhielten die Sitze, Türverkleidungen, die hinteren Seitenverkleidungen, das Armaturenbrett und der Mitteltunnel beigefarbenes Leder. Das Schwesterauto erhielt ein hell abgesetztes Dach zu hellgelbem Grundlack. Nach der Weltpremiere auf der New York World Motor Sports Show Anfang 1954 ließ Vignale 0327AL noch einmal zurück nach Europa kommen. Grund dafür war der Genfer Automobilsalon im März. Erst danach konnte der Wagen in Milwaukee/Wisconsin an den Chef der Leader Card Company, Robert C. Wilke, ausgeliefert werden.

Einer von sieben Ferrari für Mr. Wilke

Mr. Wilke war an amerikanischen Rennstrecken bereits seit den 1920er Jahren bestens bekannt. Als wichtiger Sponsor eines erfolgreichen Rennteams war er vor allem oft in der Boxengasse von Indianapolis. Gemeinsam mit seinen Freunden Bill Spear und Jim Kimberly besuchte er zudem oft das Ferrari-Werk in Maranello. Im Laufe der Jahre kaufte er sieben Ferraris, wovon viele einzigartige Karosserien erhielten. Den 375 America ließ er recht bald Blau metallic umlackieren, nachdem zuvor bereits das Dach schwarz lackiert worden war. Als Alltagsauto durfte der Ferrari auf den Highways oftmals zeigen was er kann.

Lange in den USA, dann zurück nach Europa

Die meisten seiner Ferraris behielt Robert Wilke bis zu seinem Tod im Jahr 1970. Auch 0327AL gehörte dazu. Sein Sohn Ralph verkaufte den Sportwagen schließlich an Dr. Robert E. Steiner. Dieser behielt ihn für ein weiteres Jahrzehnt in Milwaukee. Dann verkaufte er den 375 America an Ed Jurist vom Vintage Car Store in Nyach/New York. Dieser gab ihn an David L. Coffin in Sunapee/New Hampshire weiter. 1986 wechselte der Wagen, nun rot umlackiert, nach Arizona und kurz darauf in die Blackhawk Collection. Anschließend kehrte das Auto nach Europa zurück, als es von Sander van der Velden aus Belgien erworben wurde. Als nächster Besitzer trug sich der niederländische Ferrari-Importeur Frits Kroymans in die Papiere ein.

Seit 2009 wieder in den USA

Nach rund 20 Jahren in der Kroymans-Sammlung wechselte der 375 wieder zurück in die USA zum Sammler Tom Price. Nach einer Restaurierung inklusive Umlackierung auf Burgunderrot mit silbergrauem Dach erwarb 2011 der heutige Besitzer den Sportwagen über eine RM-Auktion. Innen trägt der Ferrari eine wohltuende Patina auf den Ledersitzen. Im August 2018 scheiterte ein Verkaufsversuch über die RM Sotheby’s Auktion in Monterey. Morgen (22. Januar) steht ein neuer Versuch in Arizona auf dem Plan. Als Höchstpreis erwartet RM Sotheby’s dabei US$ 2.400.000 bis US$ 3.400.000.

Bilder: RM Sotheby’s, Darin Schnabel, Revs Institute