Ferrari 225 S Berlinetta by Vignale
Ferrari entwickelte in den Anfangsjahren quasi jedes Jahr ein neues Modell, um im Rennsport weiterhin erfolgreich zu sein. Damals zählte für Firmengründer Enzo Ferrari jeder Rennerfolg doppelt, während Straßensportwagen nur eine geringe Priorität genossen. Anfang 1952 debütierte daher der 225 S (Sport) als Weiterentwicklung des bisherigen 212 Export, dessen Fahrgestell ebenfalls 2,25 Meter Radstand aufwies. Als Antriebsquelle nutzte man den durch Giacomo Colombo entwickelten V12-Motor, dessen Hubraum auf 2,7 Liter vergrößert wurde. Damit betrug der Hubraum pro Zylinder 225 Kubikzentimeter, wodurch sich das Zahlenkürzel der neuen Modellreihe erklärt. Gerade Fahrgestellnummern und die Lenkung auf der rechten Fahrzeugseite deuten bei allen 225 S darauf hin, dass Ferrari dieses Modell ausschließlich als Rennfahrzeug einstufte, da Straßenfahrzeuge damals ungerade Chassisnummern erhielten. Über den Jahresverlauf hinweg entstanden vermutlich 21 Exemplare als Coupé oder Spyder, wobei fast alle Karosserien bei Vignale entstanden sind. Bei den Rennen, die zumeist in Europa stattfanden, saßen Fahrer wie Giovanni Bracco, Piero Taruffi, Eugenio Castellotti, Roy Salvadori und Jim Kimberly hinter dem Steuer des 225 S.
Auch das von RM Sotheby’s im Rahmen einer Auktion der Elkhart Collection angebotene Exemplar mit der Fahrgestellnummer 0164ED nahm 1952 an Rennen teil. Es erhielt als eines von 12 Fahrzeugen insgesamt und als eines von vier Coupés das leichtere Tuboscocca-Rohrrahmenchassis. Interessanterweise ließ Vignale bei diesem Wagen die sonst üblichen runden Luftauslässe in den vorderen Kotflügeln weg. Dafür erhielt er zusätzliche Belüftungsöffnungen unterhalb der Scheinwerfer, einen außen liegenden Tankverschluss an der rechten C-Säule, möglichst wenig Chrom, eine rote Lackierung und beigefarbene Lederpolster. Erstbesitzer war der Rennfahrer und frühere Kampfflugzeugpilot Franco Bordoni-Bisleri. Er setzte den Ferrari gemeinsam mit Alberto della Beffa, einem Bob-Olympioniken, bereits im April 1952 beim XII Giro di Sicilia ein, wo sie den sechsten Platz insgesamt und den vierten Platz in ihrer Klasse einfuhren. Einen Monat später startete Franco Bordoni-Bisleri gemeinsam mit einem Herrn Geronimo bei der Mille Miglia. Dort erzielte man den zweiten Platz in der Klasse und den zehnten Rang insgesamt. Anschließend verkaufte er den 225 S an die Reifenfirma Kleber-Colombes in Paris, die kurz zuvor ihren ersten schlauchlosen Reifen präsentiert hatten. Dort angekommen erhielt das Auto eine Umlackierung auf das typisch-französische Blau, um bei weiteren Rennen an den Start zu rollen.








































Unter anderem fuhren Jean Lucas und Jacques Peron den 225 S bei den 12 Stunden von Casablanca, beim Grand Prix der Sportwagen in Monaco, beim Grand Prix d’Orleans, beim Grand Prix de Bressuire und beim Les Sables d’Olonne, wobei die letzten vier Veranstaltungen gewonnen werden konnten. Gegen Ende des Jahres überschlug sich das Auto und ging für die Reparatur zurück zu Ferrari in Maranello. Im Rahmen dieser Arbeiten erhielt es eine neue Motorhaube mit zusätzlichem Lufteinlass, die auch heute noch verbaut ist. Nach zwei Rennen im Jahr 1953 endete die europäische Rennkarriere von 0164ED. Im Folgejahr verkaufte Luigi Chinetti Motors in den USA den Ferrari an Robert Tappan aus Ohio, der damit an einem Rennen der SCCA-Meisterschaft auf dem Akron Airport teilnahm, jedoch nicht ins Ziel kam. In den späten 1950er Jahren kaufte Alfred Momo aus New York, der spätere Chefmechaniker von Briggs Cunningham, den 225 S. Noch vor dem Ende des Jahrzehnts ging das Auto durch die Hände eines Mr Trooter und von John Levitt, beide ebenfalls aus New York, bevor 1959 Eugene Aucott aus Philadelphia zugriff und den Wagen gemeinsam mit einem drei Liter großen Ersatzmotor in seine Garage holte.
Über die folgenden rund 20 Jahre ist wenig bekannt. Herr Aucott zeigte den Ferrari im August 1963 auf der New Hope Auto Show in Pennsylvania und Markenkenner Edwin Niles beschrieb ihn in einem Artikel des ‚Cavallino‘-Magazins im September 1978. Fünf Jahre danach erwarb der Ferrari-Sammler Anthony Wang das Auto und behielt es für rund drei Jahrzehnte. Seit 2012 gehört diese Rarität zur Fahrzeugsammlung des heutigen Besitzers, der den 225 S unter anderem beim Monaco Historic Grand Prix 2012, 2014 und 2016, bei der Mille Miglia Storica 2013 und 2014 sowie beim Goodwood Revival 2015 nutzte. 2017 erfolgte eine Einladung zum Concours d’Elegance in Pebble Beach. Er ließ ein maßgefertigtes Fünfgang-Getriebe der Firma Tremec verbauen und das Originalbauteil einlagern. Außerdem erfolgte eine Neulackierung im originalen Rot-Farbton. Bei der Auktion am 23. und 24. Oktober bietet RM Sotheby’s diesen Rennsportwagen ohne Mindestpreis an. Zum erwarteten Hammerpreis gibt es noch keine Angaben.
Bilder: RM Sotheby’s, Darin Schnabel