Der M3 auf Steroiden – E36 M3 GTR
Jeder Hersteller hat diese Modelle, auf die man zurückblickt und sich so sehr wünscht, sie hätten es in die Produktion geschafft. Im Hause BMW ist eines davon ganz sicher der E36 M3 GTR. Obwohl der ursprüngliche E30 M3 letztendlich weit mehr als die für die Group-A-Homologation erforderlichen 5.000 Exemplare verkaufte, blieb er ein relativ rohes Fahrzeug. Der darauffolgende E36 M3 behielt wie sein Vorgänger die hohe Geschwindigkeit und die ansprechende Optik, wurde jedoch zu einem geschmeidigeren und ausgereifteren Fahrzeug entwickelt, das ein breiteres Publikum ansprach. Im Gegensatz zum E30 wurde der E36 M3 nicht speziell für den Motorsport entwickelt. Anfang der 1990er-Jahre hatte sich der Tourenwagen- und Rallyesport verändert, sodass BMW den neuen M3 ohne den Zwang konstruieren konnte, bestimmte Rennanforderungen zu erfüllen.
Trotzdem gelangte der E36 M3 nur sechs Monate nach seiner Markteinführung unerwartet auf die Rennstrecke und trat in einem neuen Bereich an: dem GT-Rennsport. Die Renaissance dessen im Jahr 1993 war eine direkte Folge des Zusammenbruchs der Weltmeisterschaft für Sportwagen. Strenge Regulierungen, eine wirtschaftliche Rezession und ein Rückgang des Herstellerinteresses führten dazu, dass die Weltmeisterschaft für 1993 abgesagt wurde, bevor sie überhaupt starten konnte.
GT-Rennserien etablierten sich daraufhin in mehreren Ländern, darunter Großbritannien, Deutschland und Italien, die bereits 1992 ihre eigene Meisterschaft eingeführt hatten. In Deutschland entstand der ADAC GT Cup mit acht Rennveranstaltungen, wobei die Homologationsanforderungen so weit reduziert wurden, dass nur noch ein einziges straßenzugelassenes Modell ausreichte. Das eröffnete Herstellern wie Porsche, Honda und Callaway die Möglichkeit, kostengünstigere Fahrzeuge für Werksteams und private Teams zu entwickeln. BMW beteiligte sich an dieser Serie mit dem breiter ausgestatteten E36 M3 GTR, der durch einen auffälligen Spoiler und Kotflügelverbreiterungen auffiel.
„Zur Homologation des GTR wurde eine besondere straßenzugelassene Version, die sogenannte Strassenversion, geschaffen. Glücklicherweise konnte BMW auf einen bestehenden Prototyp zurückgreifen: den nie eingesetzten E36 325i Class 1 Tourenwagen-Prototyp aus dem Jahr 1992, der ursprünglich für die DTM konzipiert war.“
Die Strassenversion basierte auf einer nahtgeschweißten Karosserie des E36 Coupés, die vollständig auf Schallschutz und Unterbodenschutz verzichtete. Das Fahrwerk wurde mit härteren, kürzeren Federn, einstellbaren Dämpfern und Stabilisatoren optimiert. Die Bremsanlage stammte vom Standard-M3 und bestand aus 315-mm-Scheiben vorne und 313-mm-Scheiben hinten, jedoch ohne ABS. Zudem waren breite, 18-Zoll-BBS-Leichtmetallfelgen mit Zentralverschluss und Yokohama-Rennreifen montiert.
Der Motor des GTR war eine vergrößerte Version des S50 B30, der auf einen Hubraum von etwas mehr als drei Litern erweitert wurde. Durch eine Vergrößerung des Bohrungsdurchmessers entstand ein Hubraum von 3018 cm³. Die Leistung betrug 300 PS bei 7.000 U/min, während die Rennversion 325 PS erreichte. Der GTR war mit einem Sechsgang-Getriebe von ZF ausgestattet, das die Kraft über eine Sachs-Kupplung und ein Sperrdifferenzial übertrug.
Die Strassenversion vom M3 GTR erhielt ein markantes Aerodynamikpaket, das von der Rennversion übernommen wurde. Dazu gehörten eine veränderte Frontschürze mit Lufteinlässen, in denen normalerweise die Nebelscheinwerfer sitzen würden, sowie vereinfachte Nebelscheinwerfer, die in die Stoßleiste integriert wurden. Die schwarzen Stoßleisten wurden in Wagenfarbe lackiert, und die Motorhaube erhielt einen großen Spoiler sowie Kotflügelverbreiterungen, die an den legendären Gruppe-5-Rennwagen von BMW aus den 1970er-Jahren erinnerten. Der Innenraum war auf das Wesentliche reduziert. Es gab keine Teppiche, Rücksitze, elektrischen Fensterheber oder ein Audiosystem. Stattdessen installierte BMW Motorsport einen Überrollkäfig und zwei Schalensitze mit feuerfesten Stoffbezügen und Sabelt-Gurten. Die meisten Fenster waren aus Leichtbauglas, ausgenommen die Windschutzscheibe.
Durch zahlreiche Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung brachte der Münchner lediglich 1.300 kg auf die Waage, rund 160 kg weniger als das Standard-M3-Coupé. Ohne elektronischen Geschwindigkeitsbegrenzer erreichte das Fahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 265 km/h, was aufgrund des aerodynamischen Pakets etwas weniger war als beim Serienmodell. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h lag vermutlich bei rund fünf Sekunden.
E36 M3 GTR
Motor: 3L Reihensechszylinder
Leistung: 300/325 PS @ 7000 rpm
Gewicht: 1200 Kilogramm
Beschleunigung: 0-100 km/h in ca. 5 s
V-Max: 265 km/h
Von der GTR-Strassenversion wurde nur ein einziges Exemplar gebaut, um die Homologationsanforderungen zu erfüllen. Trotz der damaligen wirtschaftlichen Lage hätte BMW vermutlich einige Exemplare an wohlhabende Kunden in Europa und Japan verkaufen können. Dieses einzige Modell wurde an die Familie Quandt ausgeliefert, die seit den 1960er-Jahren bedeutende Anteilseigner bei BMW sind.
Fotos: BMW Group