Citroën BX 4TC

Spätestens seit den 2000er Jahren und einem gewissen Sébastien Loeb kennt man den französischen Autohersteller Citroën als erfolgreiche Marke im Rallyesport. Ein Franzose, der auszog, um die Rallye-Weltmeisterschaft in der Gruppe B-Zeit zu erobern, dabei jedoch phänomenal scheiterte, das klingt im ersten Moment nicht nach diesem Autobauer. Mit dem Citroën BX 4TC erschien jedoch ein Allradrallyetier auf der Piste, verendete dort und wurde so schnell wie möglich zu Grabe getragen. Umso interessanter aus heutiger Sicht. Fragt man heute herum, welche Fahrzeuge in der legendären Gruppe B unterwegs waren, hört man die Namen „Audi Sport quattro“, „Lancia 037“ und „Lancia Delta S4“, sowie „Peugeot 205 Turbo 16“. Danach wird es zumeist schon recht dünn. Einige Autofans können sich eventuell noch daran erinnern, dass auch Ferrari 288 GTO und Porsche 959 für diese recht frei gestalteten Regeln aufgebaut wurden.

Für Hersteller attraktiv

Beide kamen jedoch nicht mehr zum Zuge, da aufgrund von schweren Unfällen sowohl die Gruppe B als auch die Nachfolgeserie Gruppe S umgehend von den Motorsportbehörden verboten wurden. Rallyefans, die eventuell schon einmal die „Slowly Sideways“ im Rahmenprogramm einer Rallye haben fahren sehen, kennen zusätzlich zu den bereits genannten Fahrzeugen noch den MG Metro 6R4 und den Ford RS200. Aber dann wird es wirklich eng mit weiteren Nennungen. Einen dieser unbekannteren Wagen wollen wir hier vorstellen: Den Citroën BX 4TC. Mitte der 1980er Jahre etablierte sich die Gruppe B immer mehr. Riesige Menschenmengen wurden an die staubigsten, matschigsten, abgelegensten Pisten dieser Welt gelockt. Dadurch dachten immer mehr Hersteller über ein geeignetes Einsatzfahrzeug nach, um diese Publicity für sich zu gewinnen.

Eigenes Rallyeprogramm bei Citroën

Die Rahmenbedingungen waren durchaus einladend: Lediglich 200 Exemplare des geplanten Wettbewerbsautos mussten als Straßenversion in den freien Verkauf gelangen. Ansonsten konnten sich die Hersteller zwischen Saug- oder Turbomotor, Allrad- oder Heckantrieb und jeglicher Karosserieform entscheiden, die das eigene Programm hergab. Obwohl bereits mit dem Peugeot 205 Turbo 16 ein durchaus erfolgreiches Auto aus dem Konzern in der Rallye-Weltmeisterschaft unterwegs war, dachte man auch bei Citroën intensiv über einen Einstieg in die höchste Klasse des Rallyesports nach. Man baute sogar verschiedene Prototypen auf Basis des Kleinwagens Visa und anderer Modelle, die jedoch gegen die antretende Konkurrenz nicht gegenhalten konnten. Schließlich traf man die Entscheidung, die Mittelklasselimousine BX angreifen zu lassen. Aus fünf unterschiedlichen Prototypen wurde einer ausgewählt. Viele Teile stammten zur Kostenreduzierung von Peugeot Sport.

BX 4TC wurde 1985 homologiert

Dieser Gedanke kam auch dadurch auf, dass sich der BX in der Rallyeversion seine Motoranordnung beim Audi quattro abschauen sollte: Längs anstatt quer und mit der längeren Seite vor der Vorderachse. Dass bereits Audi dadurch Probleme mit untersteuernden Fahrzeugen hatte, schien in Frankreich niemanden zu interessieren. Zusätzlich wollte man der Rallyewelt zeigen, dass das hydropneumatische Fahrwerk, für das Citroën seit ID und DS bekannt war, auch auf Schotter, Matsch, Schnee und Staub durchhalten würde. Für den Einsatz in der Rallye-Weltmeisterschaft mussten mindestens 200 Exemplare für Privatbesitzer entstehen, die vor dem Ersteinsatz fertiggestellt sein mussten. Im Oktober 1985 war es soweit: Der Citroën BX 4TC konnte homologiert werden. Neben der längeren, breiteren Front mit Powerdome, fallen vor allem die verbreiterten hinteren Radhäuser auf. So wird Platz für größere Räder geschaffen, als es in der Großserie möglich gewesen wäre.

200 PS privat, 380 PS bei Rallyes

Zwischen den Scheinwerfern finden sich vier kleinere, rechteckige Zusatzleuchten. Auf dem Kofferraumdeckel hilft ein kleiner Heckflügel dabei, die Bodenhaftung der Limousine zu verbessern. Unter der Haube verbauten die Franzosen einen 2,1 Liter großen Vierzylinder-Turbomotor von Chrysler und Simca. Dieser bringt es in der Straßenversion auf 147 kW/200 PS und ein maximales Drehmoment von 300 Newtonmeter. So gerüstet spurtet die Limousine in 7,5 Sekunden auf Tempo 100 und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von rund 220 km/h. Die Wettbewerbsversion BX 4TC Evo bringt es dank eines KKK-Laders auf 279 kW/380 PS und 460 Newtonmeter Drehmoment. Je nach Getriebeübersetzung beschleunigt der Evo in rund 5,5 Sekunden auf 100 km/h und konnte bis zu 280 km/h schnell werden. Das Fünfgang-Schaltgetriebe entstammte dem bereits in die Jahre gekommenen Citroën SM.

Luxus oder lieber rudimentär?

Das Interieur der Straßenversion glich in vielen Details dem des kurz darauf eingeführten BX Sport. Zusätzliche Rundinstrumente informierten den Fahrer über Öl- und Wassertemperatur. Bis zu vier weitere Personen konnten mit dem Fahrer in sportlichem Luxus auf Reisen gehen. Die Wettbewerbsvariante Evo verzichtet verständlicherweise auf derartige Einbauten. Stattdessen verfügt sie über einen Sicherheitskäfig und zwei Rennschalensitze mit Sechspunktgurten. Dazu kamen technische Spielereien für den Beifahrer, um jederzeit den genauen Standort über sein Mikro an den Piloten weitergeben zu können. Dies ist bei Rallyes sehr wichtig, wenn man mit hoher Geschwindigkeit zwischen Bäumen und Steinen hindurch fährt. In den 1980er Jahren umso mehr, da die Gruppe-B-Autos besonders schnell waren. Damit kommen wir auch schon zu dem Kapitel, das dem BX 4TC das Genick brach und ihn in der Versenkung verschwinden ließ: Der Rallyesport.

Technisch nicht ausgereift

Kaum zu glauben, aber ein Fahrzeug, das in erster Linie für den Motorsport entwickelt worden war, versagte genau dort. Citroën wollte 1986 mit zwei bis drei Autos antreten. Doch bereits der Ersteinsatz bei der Monte Carlo war ein Desaster. In der ersten Wertungsprüfung fiel der erste Wagen mit einem Defekt an der Federung aus. Fünf Prüfungen später verschwand das zweite Fahrzeug in einem Straßengraben, aus dem es allein nicht mehr herauskam. Totalausfall. Bei der folgenden Schweden-Rallye gab es gemischte Gefühle. Während das Team Wambergue/Vieu mit Motorschaden ausrollte, kamen Andruet/Peuvergne auf Gesamtrang 6 ins Ziel. Dies blieb der größte Erfolg des Wagens. Bei den rauen Bedingungen der Rallye Acropolis (Griechenland) zeigte sich schließlich unmißverständlich, dass der BX 4TC Evo bei weitem nicht ausgereift war. Innerhalb von nur wenigen Wertungsprüfungen fielen alle drei eingesetzten Fahrzeuge mit Federungsdefekten aus.

Autos zurückgekauft und verschrottet

Die gleichzeitig in der französischen Meisterschaft eingesetzten Fahrzeuge liefen auch unter ferner liefen. So zog Citroën schließlich den Stöpsel und beendete das Projekt abrupt. Dazu erging die Anweisung, alle noch bei Händlern und im Werk befindlichen BX 4TC zu demontieren. Das erklärt, warum kaum noch Fahrzeuge gesichtet werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten es gerade einmal 86 Wagen in private Hand geschafft. Bei einem damaligen Neupreis von 248.500 Francs kein Wunder. In Deutschland war der BX 4TC nie zulassungsfähig. Heute sind noch rund 40 Exemplare des BX 4TC bekannt. Citroën behielt je ein Rallye- und ein Straßenfahrzeug für die hauseigene Sammlung. Von den restlichen 19 Rallyewagen haben je nach Quelle zwischen zwei und fünf überlebt. Sie stehen jedoch in Sammlungen und werden kaum auf Veranstaltungen gezeigt. Ein weiteres Auto überlebte in der Haussammlung von Bertone in Italien – als Bertone Zabrus Concept.

BX 4TC kam zu spät

Bleibt die Frage, ob der Citroën BX 4TC erfolgreicher gewesen wäre, wenn mehr Testarbeit investiert worden wäre? Aus heutiger Sicht natürlich schwer zu sagen, aber vermutlich nicht. 1986 ging mit Lancia Delta S4, Peugeot 205 T16 und Ford RS200 der Zug der Gruppe B hin zu absoluten Spezialfahrzeugen, die nur für diesen Zweck gebaut worden waren. Der BX lehnte sich hingegen immer noch eng an die Serienversion an. Darüber hinaus war Ende des Jahres sowieso Schluss, nachdem es zu mehreren fatalen Unfällen mit Toten und Verletzten gekommen war. Die Gruppe B war schlicht zu schnell für die ihr zur Verfügung stehenden Pisten geworden. Walter Röhrl sagte: „Bei dem Auto bist du mit dem Denken schon zu langsam.“ Es war zweifelsfrei eine wilde und – man verzeihe mir den Ausdruck – geile Zeit. Aber im Rückblick ist es selbst damaligen Rallyeprofis unheimlich, wie sie durch diese Menschenmassen einfach so mit Höchstgeschwindigkeit durchrasen konnten.

Angebot bei LBI Limited

Aktuell bietet LBI Limited in den USA einen Citroën BX 4TC in der Straßenversion zum Kauf an. Das Auto trägt immer noch die ursprünglichen französischen Kennzeichen. Zudem kamen bei lediglich knapp über 52.500 Kilometern Laufleistung einige Gebrauchsspuren zusammen. Dennoch achteten die vorherigen Besitzer auf einen guten technischen Gesamtzustand und regelmäßige Wartung. Dadurch funktionieren sowohl Motor und Getriebe als auch das höhenverstellbare Fahrwerk hervorragend. Der Erstbesitzer in Paris behielt den Wagen bis Februar 2000. Beim Zweitbesitzer blieb der BX 4TC nur wenige Monate. Dafür bekam er beim dritten Besitzer bis 2018 Asyl. Anschließend erfolgte der Export in die USA. Zum Verkaufsumfang gehören das originale Bordwerkzeug, der Wagenheber und alle Bordbücher. Nun steht er für 198.500 US$ zum Verkauf.

Bilder: Citroën, LBI Limited