Bugatti Sieg beim GP der Nationen 1929

Nachdem 1927 in der abgelegenen Eifel-Region in Deutschland eine neue ‚Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstrecke‘ unter dem Namen ‚Nürburgring‘ eröffnete, fanden an dieser Stelle fortan aufsehenerregende Rennsportveranstaltungen statt. 1929 wurde der Große Preis der Nationen ausgeschrieben. Hierfür sollte die Gesamtstrecke aus Nord- und (heute nicht mehr existenter) Südschleife befahren werden. Es ging also auf jeder der 18 Runden des Rennens über 28,265 Kilometer, womit insgesamt 508,77 Kilometer zurückzulegen sind. Allein das ist schon eine große Herausforderung. Dazu kommt, dass zum damaligen Zeitpunkt noch nicht alle Abschnitte des Nürburgrings so glatt asphaltiert waren, wie sie es heute sind. Auslaufzonen und Leitplanken gab es damals ebenfalls nicht.

Eigentlich hätte das Rennen als ‚Großer Preis von Deutschland‘ stattfinden sollen. Diese Bezeichnung ist jedoch einzig für Rennveranstaltungen, die ausschließlich für Rennwagen ausgeschrieben sind, vorgesehen. Beim Großen Preis der Nationen am 14. Juli 1929 dürfen jedoch auch Sportwagen in verschiedenen Klassen teilnehmen. Unter den 33 teilnehmenden Fahrzeugen befinden sich vier Mercedes-Benz SSK mit einem 7,1 Liter großen Reihensechszylindermotor in der Kategorie über 3 Liter Hubraum. Bugattis Werksteam kam mit drei Typ 35 C für die Klasse zwischen 1,5 und 2 Liter Hubraum. Weitere Autos aus Molsheimer Produktion dienten Privatfahrern als Renngeräte. Hinzu kommen weitere Privatfahrer mit verschiedenen Fahrzeugmarken. Im Gegensatz zu heute legte man die Startreihenfolge nicht anhand von Trainingsbestzeiten fest. Stattdessen zählte der Zeitpunkt der Anmeldung und die Hubraumklasse.

Rudolf Caracciola auf seinem Mercedes-Benz SSK startete am Schnellsten und übernahm für die ersten drei Runden die Führung. Er wird jedoch direkt von den leichteren und agileren Bugatti verfolgt, die schließlich in der vierten Runde überholen konnten. Auf den Steigungen, Gefällen, Sprungkuppen und in den engen Kurven des Nürburgrings sind die Typ 35er eher in ihrem Element als der große und schwere Sportwagen aus Stuttgart. Werksfahrer Louis Chiron fuhr einen Bugatti Typ 35 C mit einem zwei Liter großen Reihenachtzylindermotor, der rund 130 PS leistet und 200 km/h Höchstgeschwindigkeit schafft. Durch die zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt-gute Zuverlässigkeit und den konsequenten Leichtbau konnte der Typ 35 diverse Rennfahrer weltweit überzeugen. Karosserie, Räder, Motor- und Getriebegehäuse bestehen aus Aluminium und vorn kam eine geschmiedete und hohlgebohrte Achse zum Einsatz. So gerüstet errang Louis Chiron mit 15:06 Minuten die schnellste Rennrunde mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 112,31 km/h. Caracciola fiel in der fünften Runde mit Motorschaden aus.

Chiron gewann das Rennen schließlich nach einer Gesamtzeit von 4 Stunden und 46 Minuten mit einem Vorsprung von heute unvorstellbaren 12 Minuten auf den Zweitplatzierten Georges Philippe, der ebenfalls einen Bugatti Typ 35 C fuhr. Dahinter überquerten die Mercedes-Fahrer August Momberger und Max von Acro-Zinnberger die Ziellinie, dahinter zwei weitere Bugatti. Von den 33 gestarteten Autos erreichten immerhin 14 das Ziel, die Hälfte davon auf Bugatti. Der Typ 35 ist bis heute eines der erfolgreichsten je gebauten Rennfahrzeuge. Zwischen 1924 und 1930 kamen weltweit mehr als 2.000 Siege zusammen, weshalb man vom ‚goldenen Jahrzehnt‘ sprach.

Bilder: Bugatti