BMW Z1

Vor 35 Jahren wurde auf der IAA ein Fahrzeug präsentiert, das so kaum jemand aus München erwartet hätte. Der BMW Z1 stieg in den anrollenden Roadster-Boom mit ein, brachte jedoch ein völlig neues Element mit in den Markt: versenkbare Türen. Auch die Möglichkeit, den 170 PS starken Kunststoff-Sportwagen mit geöffneten Türen zu fahren, war eine völlige Neuerung. 30 Jahre nach dem 507 war BMW ein erneuter Coup gelungen. Im heutigen Straßenbild sind die Z-Roadster von BMW beinahe alltäglich. Ob Z3, Z4 oder hin und wieder einmal ein Z8, diese Fahrzeuge haben ihren Kunden- und Fankreis längst gefunden. Alles begann auf der IAA 1987, wo mit der Präsentation des BMW Z1 eine 30 Jahre währende Phase ohne sportlichen, zweisitzigen Roadster aus München beendet wurde. Doch war dies wirklich der Anfang? Wenn man einen genauen Blick in die BMW-Firmengeschichte wirft, stellt man schnell fest, dass der Projektbeginn des „Z1“ bereits 1985 erfolgte.

Think Tank für gute Ideen

Der BMW-Vorstand fasste Mitte der 1980er Jahre den Entschluss, dass die fähigsten Designer, Ingenieure und Techniker des Hauses in einer Art „Think Tank“ außerhalb der Fabriksmauern zu Höchstleistungen auflaufen dürften. So entstand, rund fünf Fahrminuten vom Münchener Firmensitz entfernt, die BMW Technik GmbH. Direkt nach Fertigstellung Anfang 1985 machte sich das zunächst 60-köpfige Team an ein erstes Konzept, bei dem andersartige Fahrzeugstrukturen, neuartige Werkstoffe und verkürzte Entwicklungszeiten im Vordergrund standen. Projektname? Z1. Zeitgleich zum ersten Standmodell eines Z1 Coupé mit Kombiheck wurde auch ein offener Roadster-Prototyp fertiggestellt. Die einhellige Meinung im BMW-Vorstand: „Das könnte der lange vermisste nächste BMW-Sportwagen werden.“ Entsprechend erfolgte rasch der Marschbefehl zur Weiterentwicklung.

Freiheit auf Rädern neu interpretiert

Im Sommer 1986 wurde der erste fahrfähige Prototyp in Betrieb genommen und gleichzeitig durch BMW in der Presse veröffentlicht. Die daraufhin einsetzende Bestellflut hätte eigentlich absehbar sein müssen. Viele BMW-Fans warteten seit seligen 507- oder 328 Roadster-Zeiten auf einen würdigen Nachfolger. Doch über die Anzahl der Vorbestellungen war man wohl selbst in München überrascht. Das Fahrzeug hingegen war über jeden Zweifel erhaben. Der Vorstand hatte vorgegeben, einen jungen, dynamischen und frechen Wagen zu entwerfen. Dieser sollte die Freiheit auf vier Rädern so weit als möglich verkörpern. Erschaffen hatten die Ingenieure einen leichten und mit 49:51 annähernd perfekt ausbalancierten Sportler, den die Designer mit einer keilförmigen Karosserie ausstatteten. Die vertikal öffnenden Schiebetüren glitten in die Schweller hinein.

Der Sprung auf dem Kotflügel

Da die Karosserie aus Kunststoff bestand, was für BMW eine Neuerung im Karosseriebau darstellte, wurde die Entscheidung zu einer Kleinserie des Z1 lange überdacht, schließlich jedoch positiv abgenickt. Dass es lediglich eine teure Kleinserie würde, war durch den Faktor der notwendigen Handarbeit von Anfang an klar. Bei voller Auslastung der Fabrikationsstraße würden allen Hochrechnungen nach maximal sechs Autos pro Tag vom Band laufen können. Dennoch wurde im August 1987 die Weltpremiere des Z1 für die kommende IAA angekündigt. Experten, die von der Kunststoffbeplankung des Wagens nicht überzeugt waren, bewies der damalige Chef der BMW Technik GmbH nachhaltig deren Haltbarkeit. Er sprang auf einen am Boden liegenden Kotflügel, der sich prompt eindellte. Als er wieder herunterstieg, sprang das Teil in die ursprüngliche Form zurück. Es handelte sich bei diesem Springer um niemand geringeren als den späteren Chef von Aston Martin, Dr. Ulrich Bez.

Von IAA zur Serie in einem Jahr

Der BMW-Messeauftritt auf der IAA 1987 ist aus heutiger Sicht beinahe als „legendär“ zu beschreiben. Neben dem Z1 feierten dort der allererste 3er Touring und mit dem 750i der erste deutsche Serien-Zwölfzylinder der Nachkriegszeit ihre Weltpremieren. Trotz großem Interesses und vieler Kaufversuche blieb der schilfgrasgrüne Vorserien-Z1 über die gesamte Messe an seinem Platz. Immerhin handelte es sich um einen von lediglich zehn gebauten Versuchsfahrzeugen, deren Wert bei je rund zwei Millionen DM lag. Im Anschluss an die IAA unternahm man finale Testfahrten, um den Roadster serienreif fertig entwickeln zu können. Bis zum Serienanlauf sollte dennoch ein weiteres Jahr ins Land ziehen. Auch wenn der Z1 objektiv die typischen Roadster-Merkmale (zwei Sitze und ein knapp geschnittenes Stoffverdeck) mitbrachte, war er technisch gesehen für BMW doch eine völlig neue Erfahrung.

Steifigkeit und Aerodynamik: Top

Ein selbsttragendes Monocoque aus miteinander verschweißten und anschließend feuerverzinkten Stahlteilen sorgte für enorme Verwindungssteifigkeit. Der Zink bildete dabei nicht nur eine rostresistente Schutzschicht. Im Bereich der Blechnähte und Überlappungen war er ein verbindendes und tragendes Element, durch das die Steifigkeit noch einmal um 25 Prozent anstieg. Der Fahrzeugboden aus Kunststoff wurde zum Teil verschraubt, zum Teil geklebt. Er wog insgesamt lediglich 15 Kilogramm und sorgte für einen glatten Unterboden, was für eine hervorragende Aerodynamik sorgte. Die Kunststoff-Außenhaut wurde auf dem Stahlmonocoque verschraubt und konnte so innerhalb von nur einer Stunde komplett getauscht werden. Da verschiedene Kunststoffarten je nach Verwendungszweck an der Karosserie zum Einsatz kamen, mussten neue Lacke gefunden werden, die auf jedem Untergrund die gleiche Farbe und Flexibilität aufweisen mussten.

Türen konnten offen bleiben

Anfänglich wurde der BMW Z1 wahlweise in „Traum Schwarz metallic“, „Fun Gelb“, „Top Rot“ und „Ur-Grün metallic“ ausgeliefert. Später folgten zusätzlich „Pur Blau metallic“ und „Magic Violett metallic“. Neben dem flachen Unterboden trug auch die Karosserieform zur hervorragenden Aerodynamik bei. Dank der Keilform und der flach stehenden Windschutzscheibe sowie dem Diffusor in der Heckschürze kommt der Z1 ohne Spoiler oder Flügel aus, die der klaren Linienführung schaden würden. Selbst der Endtopf der Auspuffanlage wurde aerodynamisch günstig gestaltet, da er vor dem Diffusor genau im Fahrtwind liegt. Wenn die Passagiere durch die elektrisch öffnenden Türen ins Innere des BMW Z1 einstiegen, blieb ihnen die einmalige Wahl, ob sie für die Fahrt die Tür wieder schließen wollten oder nicht. Dank der hohen Seitenschweller war die seitliche Crashsicherheit so hoch, dass die Zulassung zur Fahrt mit offenen Türen erteilt wurde.

Typisch Roadster: Bunt und spartanisch

Sitze und Türflächen waren mit einer Leder-Stoff-Kombination überzogen, die wahlweise in dunkelgrau, hellgrau, gelb oder rot lieferbar war. Fahrer und Beifahrer sitzen dank der Monocoque-Bauweise sehr tief und durch den hohen Mitteltunnel und die Schweller in zwei Sitzmulden wie im Motorsport. Das Cockpit präsentierte sich fahrerorientiert und puristisch mit zwei klassischen Rundinstrumenten, Lüftungsregelung und Radio. Aus heutiger Sicht beinahe unglaublich spartanisch für einen BMW, aber die Zeit von LED-Bildschirmen und Vollausstattung lag vor 35 Jahren noch weit in der Zukunft. Dennoch kostete der BMW Z1, als er 1988 im Herbst endlich zu den Händlern rollte, mindestens 83.000 DM und damit 3.000 mehr als ursprünglich angekündigt. Dennoch gab es bereits rund 4.000 Vorbestellungen und genügend Interessenten, die für Kaufverträge bis zu 20.000 DM Aufpreis zu zahlen bereit waren.

Fahrverhalten eines Gokarts

Für das Geld erhielt man neben dem bereits geschilderten Monocoque-Chassis und der neuartigen Kunststoff-Karosserie Technik aus der damals aktuellen 3er Reihe. Unter der riesigen Motorhaube arbeitete der 2,5 Liter große Reihensechszylinder mit 125 kW/170 PS und 222 Newtonmetern Drehmoment. Dieser machte den Z1 bis zu 225 km/h schnell und beschleunigte ihn in knapp unter acht Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Die Kraft wurde über ein Fünfgang-Schaltgetriebe auf die Hinterachse übertragen. Dank Vorderradaufhängung vom 3er (E30) und einer neu entwickelten Mehrlenker-Aufhängung hinten wurde das Fahrverhalten von nicht wenigen Testern als „Gokart-artig“ beschrieben. Die Hinterachse kam später in ähnlicher Form im neuen 3er (E36) zum Einsatz.

Auch Alpina mischte mit

Im Juni 1991 endete die Produktion des BMW Z1 nach exakt 8.000 gebauten Exemplaren. 66 davon wurden von Alpina zum RLE (Roadster Limited Edition) umgebaut und dabei zum Teil auch in die Hausfarbe „Alpina Blau metallic“ umlackiert. Der Motor wurde auf 2,7 Liter Hubraum aufgebohrt und leistete 147 kW/200 PS, sowie 261 Newtonmeter Drehmoment. Weitere sieben oder acht Kundenfahrzeuge wurden auf Wunsch später auf die RLE-Spezifikation hochgerüstet. Allerdings besitzen sie hierdurch weder eine Alpina-Fahrgestellnummer, noch eine entsprechende RLE-Plakette im Innenraum. Das besondere Bonbon der M GmbH, ein bereits fertig entwickelter Z1 M, wurde nicht bis zum Serienstand gebracht und fristet heute ein Dasein im Bestand der M Fahrzeugsammlung. Mit breit ausgestellten Kotflügeln, Doppelscheinwerfern, Hutzen hinter den Sitzen, weit herunter gezogenen Schürzen an Front und Heck sowie zwei runden Rückleuchten hatte er eine eigenständige Optik.

Wert in zehn Jahren verdoppelt

Ein roter Z1 wurde vom deutschen Künstler A.R. Penck mit schwarzer Graffiti bemalt und zählt seitdem zum erlesenen und unverkäuflichen Kreis der BMW Art Cars. Heute beginnt der Einstieg in die Z1-Welt bei rund 44.000 €, womit sich dieser Wert in zehn Jahren verdoppelt hat. Sehr gute Exemplare mit wenig Laufleistung und belegter Historie starten 10.000 € höher. Raritäten im Neuwagenzustand erzielen Preise weit darüber. Die wenigen Alpina RLE sind rar und schwer zu finden, immerhin gingen 50 Prozent dieser Miniserie auf direktem Weg nach Japan. Wer sich einen gut erhaltenen BMW Z1 an Land zieht, bekommt auf jeden Fall eines: bis heute einmalige Freiheit beim Auto fahren, wenn die Türen geöffnet bleiben. Dieses Gefühl wird allenfalls noch von Exoten wie Donkervoort oder Lotus 2-Eleven überboten, die jedoch spätestens beim weiteren Alltagsnutzen den Kürzeren ziehen. Happy Birthday BMW Z1, auf hoffentlich noch viele offene Jahre.

Bilder: BMW, Alpina