Bizzarrini 5300 GT Strada
Wenn man die Geschichte des Bizzarrini 5300 GT erzählen möchte, muss man gleichzeitig auch den Iso Grifo A3/C betrachten. Beide Fahrzeuge sehen nicht nur fast identisch aus, sie sind quasi baugleich. Hinter beiden Projekten steckte Giotto Bizzarrini, der bis Anfang der 1960er Jahre Chefkonstrukteur von Ferrari war. 1961 musste er aufgrund einer Auseinandersetzung mit Enzo Ferrari und dessen Frau Laura gemeinsam mit fünf weiteren hochrangigen Angestellten die Firma verlassen. Sie begründeten gemeinsam die neue Sportwagenmarke ATS. Allerdings verließ Giotto Bizzarrini das Projekt recht bald wieder, da er neben dem Konstrukteur Carlo Chiti wenig Raum für eigene Ideen hatte. Mit einem eigenen Design- und Konstruktionsbüro namens Autostar in Livorno sorgte er ab 1962 für neue Projekte. Zwei Jahre später änderte er den Firmennamen in Società Prototipi Bizzarrini und im Jahr darauf auf Automobili Bizzarrini SpA.
Bizzarrini-Konstruktion für den Motorsport
Zwei frühe Konstruktionen aus seiner neuen Firma waren der Ferrari 250 GT Breadvan und der ASA 1000 GT sowie der V12-Motor für Lamborghini. Als nächstes klopfte Renzo Rivolta an die Tür, der mit seiner Marke Iso ebenfalls in den Bau von Sportwagen einsteigen wollte. Mit dem Iso Rivolta IR300 entstand ein erstes Fahrzeug. Kurz darauf entwickelte man das Chassis für den Iso Grifo weiter. Diesen wollte man auch im Motorsport einsetzen, weshalb Bizzarrini die Variante A3/C konstruierte. Unter der Haube, jedoch weit hinter die Vorderachse gerückt, werkelte dabei das V8-Triebwerk der Chevrolet Corvette mit mindestens 365 PS. Doppelvergaser und weiteres Motortuning erhöhten die Leistung im Rennbetrieb auf bis zu 420 PS. Der A3/C trat bereits im Motorsport an, als die anders gestaltete Straßenversion A3/L noch gar nicht produziert wurde. Erstmalig konnte man den Sportwagen bei den 12 Stunden von Sebring 1964 erblicken. Hinzu kamen Einsätze in Le Mans, Reims, Monza und Zeltweg.




























Johnny Hallyday kaufte einen Grifo A3/C
Durch zwei Klassensiege bei den 24 Stunden von Le Mans 1964 und 1965 waren auch Privatkunden am Iso Grifo A3/C interessiert. Daher entstand der Sportwagen in einer Kleinserie, wobei die Wahl zwischen einer glatten Aluminiumkarosserie und einer mit Nieten zusammengehaltenen Karosserie aus Leichtmetallen, die sich nicht verschweißen lassen, bestand. Für Renneinsätze entstand sogar ein Fahrzeug mit Kunststoffkarosserie. Von der Leichtmetall-Variante entstanden vermutlich lediglich zehn Exemplare mit einem Leergewicht von 969 Kilogramm. Eines davon ging an Jean-Philippe Smet in Paris. Dieser Name dürfte nur eingefleischten Musikfans bekannt sein, da der Künstlername des Franzosen Johnny Hallyday lautete. Neben mehr als 100 Millionen Plattenverkäufen hatte er auch Auftritte in rund 30 Filmen. Nach nur einem Jahr verkaufte er das Auto an Jean Claude Guillaume. Dieser gab es über die Grand Garage Moliere an Prinz Pierre Sanguszko weiter.
Grifo A3/C bei RM Sotheby’s
Der Prinz behielt den Iso Grifo A3/C für fast 20 Jahre und ließ ihn in weiß mit blauem Streifen lackieren. Nach dem Tod des Prinzen ging der Sportwagen über seinen engen Freund und zugleich Präsident von Ferrari Frankreich Pozzi, Daniel Marin, an Michel Hommell. Er sorgte für eine Umlackierung auf Rot und stellte den Iso in seinem kleinen Automuseum aus. 2009 kaufte Yvan Mahé den A3/C, drei Jahre später dann Pascal Perrier und 2014 schließlich Herr Guikas. Dessen private Autosammlung versteigert RM Sotheby’s am 19. November. Über das Jahr 2021 hinweg flossen mehr als 14.000 € für eine Umlackierung auf Bordeauxrot und eine Restaurierung des Interieurs ins Fahrzeug. Bei der Auktion werden nun zwischen 1.500.000 und 2.000.000 € als Zuschlagspreis erwartet. Ein durchaus guter Preis für eine derartige Rarität aus Italien.




























Bizzarrini baute in Eigenregie weiter
Trotz der motorsportlichen Erfolge trennten sich Giotto Bizzarrini und Renzo Rivolta Mitte 1965 im Streit. Worum es dabei genau ging, ist nicht bekannt. Während die Straßenfahrzeuge weiterhin als Iso vom Band liefen, nahm Bizzarrini alle Konstruktionspläne für den A3/C mit, der eh in seiner Werkstatt zusammengebaut wurde. Ab Ende 1965 gab es dieses Modell als Bizzarrini 5300 GT in den Ausführungen „Strada“ (italienisch für Straße) und „Corsa“ (italienisch für Rennen). Anfänglich werkelte weiterhin das 5,4-Liter-V8-Triebwerk von Chevrolet unter der Haube. Spätere Exemplare erhielten auf Wunsch einen Motor mit sieben Liter Hubraum. Vom Strada entstanden 86 Exemplare mit Aluminiumkarosserie. Eines davon steht gemeinsam mit dem oben gezeigten Iso Grifo A3/C in der Sammlung von Guikas und kommt somit ebenfalls am 19. November unter den Hammer.
5300 GT Strada bei RM Sotheby’s
Dieser Bizzarrini 5300 GT Strada gelangte am 8. Mai 1968 zu seinem Erstbesitzer James Peters in Maryland, USA. Er zahlte damals einen Neupreis, der doppelt so hoch war wie für einen vergleichbaren Ferrari 330 GT. Über die weitere Zeit in den USA ist wenig bekannt. 1990 erwarb Hervé Ogliastro das Fahrzeug und ließ es bei Salvatore Diomante, dem ehemaligen Werkleiter von Bizzarrini, restaurieren. Diese Arbeiten dauerten volle sieben Jahre. Der stolze Besitzer zeigte den fertigen Wagen auf dem Bagatelle Concours d’Elegance und behielt den Strada für weitere 20 Jahre. 2017 gelangte der Bizzarrini in den Besitz von Guikas und zeigt sich bis heute in fast makellosem Zustand. Bei der Auktion könnte er einen Zuschlagspreis zwischen 750.000 und 950.000 € erzielen.
Bilder: RM Sotheby’s, Paolo Carlini, Peter Singhof