Alfa Romeo Carabo

Vor wenigen Wochen haben wir Ihnen an dieser Stelle den Alfa Romeo 33 Stradale vorgestellt. Unzweifelhaft eines der schönsten Automobile aller Zeiten. Diese Schönheit erkannte man natürlich bereits, als der Sportwagen noch neu war. Durch den hohen Preis und die vergleichsweise marzialische Rennwagentechnik standen jedoch offenbar noch ungenutzte Chassis bei Autodelta herum, die an externe Karosseriebauer verkauft wurden. Eine Plattform inklusive funktionierender Antriebstechnik ging dabei an Bertone, wo damals ein gewisser Marcello Gandini als gerade einmal 30-jähriger bereits den Posten des Chefdesigners innehatte. Im Gegensatz zum organisch-rund gestalteten 33 Stradale wollte er nun einen futuristischen Sportwagen mit streng geometrischer Form erschaffen. Auf diese Weise entstand der Carabo als Konzeptstudie in Keilform, die gegenüber ihrer technischen Basis kaum unterschiedlicher hätte sein können. Seine Weltpremiere feierte der Alfa Romeo Carabo auf dem Bertone-Stand des Pariser Autosalons 1968.

Technisch nahm Bertone keinerlei Veränderungen am angelieferten Chassis vor. Sowohl die Radaufhängungen als auch das Sechsgang-Getriebe von Colotti und der zwei Liter große V8-Motor mit 230 PS entstammen also direkt dem 33 Stradale, wo sie eine Höchstgeschwindigkeit von 260 km/h und eine Beschleunigungszeit auf Tempo 100 von unter sechs Sekunden ermöglichten. Dem gegenüber steht beim Bertone Carabo eine nochmals etwas flachere Karosserie, deren spitze Schnauze den Fahrtwind geradezu zerteilen möchte. Erstmalig experimentierte Gandini hier mit sogenannten Scherentüren, die nach oben und vorne öffnen. Später fand sich dieses Designmerkmal beim Lamborghini Countach wieder. Beim Carabo verewigte er dieses Detail sogar im Modellschriftzug. Den Namen übernahm der Sportwagen vom Goldlaufkäfer (carabus auratus), dessen schillerndes Grün Bertone auf der Karosserie nachahmte. An der Front verläuft ein Streifen in leuchtendem Orange, während der Heckabschluss in Neongrün getaucht wurde. Über den Scheinwerfern öffnen sich jeweils drei schmale Klappen pro Seite, um bei Nacht Licht nach außen zu lassen. Hinten befinden sich die Leuchten eingebettet in ein Feld von streng geometrischen Rechtecken.

Der Innenraum direkt vor dem Renntriebwerk präsentiert sich spartanisch und zugleich futuristisch. Fahrer und Beifahrer nehmen auf fest verbauten Sitzen Platz, die ebenso wie die Türverkleidungen, der Mitteltunnel und das Armaturenbrett mit schwarzem Wildleder bezogen wurden. Hinter dem tief geschüsselten Zweispeichenlenkrad wählte Gandini eine außergewöhnliche Anordnung der Instrumentierung. Während ganz links am Armaturenbrett der Drehzahlmesser angewinkelt einzog, sitzt der Geschwindigkeitsmesser ihm gegenüber am anderen Ende knapp vor der Beifahrertür. Zentral unter der Windschutzscheibe finden sich fünf Zusatzinstrumente ein. Zwischen ihnen und den äußeren Instrumenten integrierte man Belüftungsdüsen. Der vordere Bereich des Mitteltunnels wurde als Konsole ausgestaltet und beherbergt insgesamt sechs Schalter und das Zündschloss. Die Golfball-Optik des Schalthebels fand sich rund ein Jahrzehnt später im VW Golf GTI wieder.

Heute ist der Bertone Carabo eines von vielen einzigartigen Fahrzeugen im Bestand des Alfa Romeo Museo Storico. Dieses hat seinen Sitz in den alten Werkshallen von Alfa Romeo in Arese. Unsere Bildergalerien zeigen alte Werksaufnahmen sowie eigene Fotos von der Bremen Classic Motorshow, auf der der Carabo 2010 ein Gastspiel gab.

Bilder: Alfa Romeo, Matthias Kierse