70 Jahre Porsche – Die 8-Zylinder-Modelle

In 70 Jahren passiert viel. Wenn wir in die Porsche-Geschichte blicken, gab es in dieser Zeit mehr als eine Million produzierter 911er, einen Beginn mit Vierzylindermotoren (siehe erster Teil unserer Reihe) und natürlich Rennsiege über Rennsiege. Selbst im offiziellen Archiv ist man sich unsicher, wieviele Motorsporterfolge insgesamt weltweit errungen worden sind, da vielfach Privatfahrer ohne Werksunterstützung unterwegs sind und die Ergebnislisten von Clubrennen nicht zwingend in Zuffenhausen landen. Nachdem wir in den zurückliegenden Monaten bereits die Modelle mit vier und sechs Zylindern näher beleuchtet haben, möchten wir uns diesmal den Fahrzeugen mit acht Brennräumen widmen.

804

Erstmalig rumorten acht Zylinder im Jahre 1962 auf einem Motorenprüfstand in Zuffenhausen. Hans Mezger entwickelte dieses Triebwerk für den Porsche-Einstieg in die Formel 1, nachdem zuvor mit den kleineren Rennwagen vom Typ 718 und 787 der Vierzylinderboxermotor an seine Leistungsgrenzen gebracht worden war. Aufgrund des vorherrschenden Reglements verfügte der Achtzylindermotor mit dem internen Kürzel 753 über lediglich 1,5 Liter Hubraum, aus denen anfänglich rund 180 PS gekitzelt wurden. Über ein manuelles Sechsgang-Getriebe und eine mechanisches Sperrdifferenzial gelangte die Kraft auf die Hinterräder und machte den ebenfalls neu entwickelten Monoposto Porsche 804 bis zu 270 km/h schnell. Nach anfänglichen Problemen mit der Technik und einigen Verbesserungswünschen von Werksfahrer Dan Gurney gelang dem Team am 8. Juli 1962 im französischen Rouen der erste und bis heute einzige Grand-Prix-Sieg eines werksseitig eingesetzten Porsche. Es folgte ein weiterer Gesamtsieg beim nicht zur Weltmeisterschaft zählenden Grand Prix der Solitude bei Stuttgart eine Woche später. Es folgten noch ein paar gute Platzierungen, auch bei Bergrennen und nicht zur WM zählenden Rennveranstaltungen. Dennoch beendete Porsche noch vor Saisonende die Formel-1-Aktivitäten, da die Beschaffung einiger benötigter Spezialteile teuer und umständlich war und eine Übertragung der gewonnenen Erkenntnisse auf die Seriensportwagen nicht absehbar war. Eine kommerzielle Nutzung war für das damals noch recht kleine Werk jedoch wichtig und führte zu einer Neuausrichtung der Motorsportabteilung auf GT- und Sportwagenrennen.

718 W-RS Spyder

Parallel zum Formel-1-Engagement verbaute Porsche einen auf zwei Liter aufgebohrten Achtzylindermotor mit 240 PS im 718 RS 61 Spyder sowie dem nur einmal gebauten 718 W-RS Spyder, der Ende 1961 für die World Endurance Trophy (WET) mit einem Vierzylindermotor gebaut wurde und ab 1962 dann mit dem Achtzylindermotor Typ 771 und Scheibenbremsen an allen vier Rädern die WET aufmischte. Ende des Jahres wechselte der Wagen in die Bergrennszene, wo er im Werksteam bis Ende 1964 unterwegs war. Hinzu kamen Le-Mans-Klassensiege 1961 und 1963. Erstmals nutzte man an diesem Spyder-Unikat ab 1963 Türen und Hauben aus glasfaserverstärktem Kunststoff.

904/8, 904 Bergspyder, 906/8 und 906 Bergspyder

Die Verwendung dieses leichteren Werkstoffs nahm in der Folgezeit richtig Fahrt auf. Mit dem 904 Carrera GTS baute Porsche erstmals einen Rennsportwagen mit Kunststoffkarosserie. Neben den Varianten mit vier oder sechs Zylindern für Privatkunden gab es im Werksteam einige Exemplare mit dem Motor 771, einem Achtzylinder-Boxertriebwerk mit 2,2 Litern Hubraum. Dank zwei obenliegenden Nockenwellen mit Königswellenantrieb leistet es 270 PS. 1965 entstand auf der Basis des 904 ein Bergspyder mit nur 570 Kilogramm Leergewicht und Chassisnummern des erst ein Jahr später präsentierten 906 Carrera 6. Dieser beerbte den 904 in der Sportwagen-Weltmeisterschaft und erhielt in vier Exemplaren ebenfalls das Achtzylinder-Triebwerk. Dazu gab es ebenfalls wieder einen gewichtserleichterten Bergspyder.

910/8, 910 Bergspyder und 907

Entgegen der bisherigen Nummerierung folgte auf den 906 nicht der 907, sondern der 910. Auch hier nutzte Porsche für die meisten der rund 35 gebauten Fahrzeuge den typischen Sechszylindermotor, verbaute jedoch in wenigen Exemplaren auch das Achtzylindertriebwerk, beispielsweise für die Targa Florio 1967. Dank Magnesium-Motorblock und diversen weiteren Leichtmetallbauteilen wiegt dieser Motor mit 145 Kilogramm nur rund zehn Kilogramm mehr als das kleinere Triebwerk mit zwei Brennräumen weniger. Beim 910 Bergspyder verzichtete man sogar auf Stahl beim Gitterrohrrahmen und nutzte stattdessen Aluminium. Von der Saison 1967 auf 1968 konnte man durch Titanbauteile und einen verkleinerten Benzintank weitere 50 Kilogramm einsparen und das Gesamtgewicht auf etwa 450 Kilogramm absenken. Um in der Sportwagen-Weltmeisterschaft 1968 gegen großvolumigere Fahrzeuge wie den Ford GT40 konkurrieren zu können, entwickelte Porsche den 910 zum 907 weiter, der erst mit Sechszylinder- und später in seiner Langheck-Variante mit Achtzylinder-Motor lief. Allerdings handelte es sich dabei immer noch um den Typ 771 und noch nicht den neu entwickelten Motor mit drei Litern Hubraum.

908

Dieses Triebwerk entstand bei Porsche bereits seit Mitte 1967 aus zwei Gründen. Zum einen war der bisherige Achtzylinder, der immer noch auf dem Motor des 804 basierte, nicht weiter aufbohrbar und zum anderen sickerten bereits geplante Regeländerungen der Motorsportbehörden, die den Hubraum für Sportwagenprototypen auf drei Liter begrenzen wollte. Als diese Änderungen im Oktober 1967 offiziell bekanntgegeben wurden, war Porsche bereits gut vorbereitet. Als Basis diente der zuverlässige Sechszylinder-Rennmotor. Direkt zu Beginn der Saison 1968 standen rund 350 PS bereit, um den neuen 908 anzutreiben. Später erhöhte man die Leistung auf 370 PS und mehr, im 1975er 908 Turbo Spyder waren es schließlich sogar 540 PS. Letzte Einsätze in privater Hand fanden 1982 statt. In der Zwischenzeit gelang mit einem Langheck-Coupé 1969 beinahe der erste Le-Mans-Gesamtsieg, als Hans Herrmann mit lediglich 120 Metern Rückstand auf Jacky Ickx im Ford GT40 über die Ziellinie rollte.

909 Bergspyder

Das bis heute extremste Renngerät von Porsche rollte 1968 auf die Pisten der Bergrenn-Europameisterschaft – präzise gesprochen lediglich auf zwei Veranstaltungen. Beide gebauten Exemplare dienten den Werksfahrern Gerhard Mitter und Rolf Stommelen am Gaisberg und am Mont Ventoux als Trainingsfahrzeuge. Während Mitter sich jeweils für den älteren 910 Bergspyder entschied und damit auch gewann, fuhr Stommelen am Gaisberg mit dem 909 auf Rang drei und anschließend in Frankreich auf Rang 2. Extrem war der neue Rennwagen aufgrund der konsequenten Ausrichtung auf Leichtbau. Auf einem dünnwandigen Aluminiumrohrrahmen befanden sich wenige Kunststoffkarosserieteile. Dazu gab es den Achtzylindermotor vom Typ 771 mit 275 PS, vorn acht und hinten 13 Zoll breite Rennreifen mit 13 Zoll Durchmesser sowie ein Fahrwerk mit Längsschubstreben rundum und Titan-Federn vorn. Damit lag das Leergewicht bei nur 430 Kilogramm (trocken: 375 Kilogramm). Trotz der nur zwei Renneinsätze diente der 909 im Anschluss intern als Vorbild für den 908/03.

914/8

Nachdem Porsche anfangs nur Rennautos mit Achtzylindertriebwerken bestückt hatte, entstand 1969 in einem Kabuff der Rennabteilung erstmals ein Straßensportwagen mit dem drei Liter großen und 350 PS starken Rennmotor des 908/03 Spyder. Eingebaut wurde dieser im Auftrag von Rennleiter Ferdinand Piëch in den Mittelmotorsportwagen 914. Hierfür mussten einige Veränderungen im Motorraum vorgenommen werden, die allerdings keinen Einfluss auf die Größe des hinteren Kofferraums hatten. Von außen unterschied sich das Unikat nur durch breitere Klappscheinwerfer und die Lackierung in glänzendem Blutorange von den Serienmodellen. Im gleichen Jahr erhielt auch Firmenchef Ferry Porsche einen 914/8, bei dem jedoch das Triebwerk mittels anderer Ventilkappen und Nockenwellen gezähmt wurde und auf rund 260 PS kam. Dank offizieller Straßenzulassung mit dem amtlichen Kennzeichen S-R 3000 legte Ferry Porsche rund 10.000 Kilometer zurück, ehe der Wagen in den Bestand des Porsche Museums gelangte, wo auch der andere 914/8 parkt.

928

Erst 1977 erschien erstmals ein Achtzylinder-Serienmodell für jedermann, für das Porsche eigens einen wassergekühlten V8-Motor entwickelte. Dieser hatte keine direkten Verbindungen zum Motorsport und schöpfte aus 4,5 Litern Hubraum anfangs 240 PS. Wie beim kleineren 924 (später 944 und 968) saß das wahlweise manuelle oder automatische Getriebe in Transaxle-Bauweise direkt an der Hinterachse. Mit dem 928 wollte Porsche den legendären 911 beerben und zugleich in die Welt komfortablerer Reise-GTs einsteigen. Während der zweite Punkt leidlich gut funktionierte und der Sportwagen sogar gut als Zugfahrzeug für Anhänger funktionierte, konnte er dem Elfer nie das Wasser abgraben. Im Gegenteil, als die Planungen bekannt wurden, den 911 zugunsten des 928 einzustellen, stiegen die Verkaufszahlen des Heckmotor-Sportwagens deutlich an. Daran änderten auch die bis 1995 durchgeführten Weiterentwicklungen bis hin zum 350 PS starken 928 GTS nichts. Heute ist der 928 ein beliebter Klassiker, wobei speziell Fahrzeuge mit Schaltgetriebe gefragt sind.

989

Ab Mitte der 1980er Jahre plante Porsche die Einführung einer neuen Modellreihe in Form einer sportlichen viertürigen Limousine. Diese sollte einen neuen V8-Motor mit verschiedenen Leistungsstufen und Hubraumabstufungen zwischen 3,6 und 4,2 Litern erhalten. Unter Designer Harm Lagaay und Entwicklungschef Dr. Ulrich Bez entstand das Projekt 989, das innerhalb von wenigen Jahren rund 600 Millionen D-Mark kostete. 1991 beendete Porsche sowohl das Projekt als auch die Zusammenarbeit mit Dr. Bez. Ein Jahr später musste auch der Vorstandsvorsitzende Arno Bohm seinen Stuhl räumen. Der Prototyp rollte ins Depot und wird nur in seltenen Fällen im Porsche Museum präsentiert.

Cayenne

Nachdem die Entwicklung der Sportlimousine 989 nicht zu einer Serienfertigung geführt hatte, dauerte es noch bis 2002, ehe Porsche den nächsten Achtzylinder-Wagen in Produktion nahm. Gemeinsam mit Volkswagen und Audi entwickelte man einen SUV, der schließlich als Cayenne in einem neuen Werk in Leipzig vom Band lief. Heute gibt es das erste SUV der Markengeschichte bereits in der dritten Modellgeneration, aber immer noch auf Wunsch mit einem V8-Triebwerk im Cayenne Turbo.

RS Spyder

Für die LMP2-Kategorie der American Le Mans Series (ALMS) entstand in der Motorsportabteilung in Weissach der RS Spyder, der Ende 2005 debütierte und in der Folgesaison exklusiv durch das Rennteam Penske eingesetzt wurde. Es war nicht nur die erste Rennwagen-Neukonstruktion seit dem 911 GT1/98, sondern auch das erste Rennfahrzeug mit Achtzylindermotor seit dem 908/03. Es handelte sich um einen 3,4 Liter großen V8-Saugmotor mit rund 480 PS bei 10.300 Umdrehungen pro Minute. Diese Kraft gelangt über ein geradeverzahntes, sequenzielles Getriebe auf die Hinterräder. Für die Folgesaison debütierte auf dem Pariser Autosalon 2006 eine weiterentwickelte Variante des RS Spyder mit besserer Aerodynamik und mehr Leistung, die auch für weitere Privatteams erhältlich war. Bis 2010 gelangen nicht nur zahlreiche Klassensiege, sondern sogar 13 Gesamtsiege, bei denen die viel stärkere Konkurrenz der LMP1-Klasse abgehängt werden konnte.

Panamera

Neben dem Cayenne präsentierte Porsche 2009 einen weiteren Viertürer, der jedoch ins Feld der sportlichen Oberklasse-Limousinen fällt. Mit dem Panamera beerbte man indirekt das Projekt 989. Auch hier wechselte man inzwischen auf die zweite Modellgeneration, von der zudem erstmals eine Kombivariante namens Sport Turismo erhältlich ist. Im Panamera GTS und Panamera Turbo stecken weiterhin V8-Motorisierungen mit 460 oder 550 PS.

918 Spyder

Mit dem 918 Spyder Concept debütierte Anfang 2010 überraschend ein neuer Supersportwagen. Bis zum Produktionsstart im November 2013 ließ Porsche die zahlreichen Fans und Vorbesteller an der Entwicklung teilhaben, veröffentlichte immer wieder Zwischenberichte und folierte die Prototypen in verschiedenen alten Rennwagen-Liveries, beispielsweise von Porsche Salzburg oder Martini Racing. 2011 zeigte man zudem die Rennwagenstudie 919 RSR mit Technikkomponenten aus dem ‚Rennlabor‘ 911 (997) GT3 R Hybrid. Bereits hier wird deutlich, was eine Besonderheit des späteren Serienfahrzeugs war: Zum 4,6 Liter großen V8-Saugmotor addierte man zwei elektrische Synchronmotoren, womit die kombinierte Systemleistung bei 887 PS liegt. Passend zum Namen entstanden 918 Exemplare für Kunden in aller Welt, die in zwei Versionen erhältlich waren. Neben der normalen Variante gab es die 41 Kilogramm leichtere Weissach Ausstattung mit zusätzlichen Aerodynamik-Elementen. Besonders Fahrzeuge in Sonderfarben steigen inzwischen deutlich im Wert.

Zum Abschluss unserer Berichtereihe über 70 Jahre Porsche befassen wir uns in naher Zukunft noch mit jenen Fahrzeugen, die mehr als acht Zylinder im Motorraum aufweisen. Auch hier gibt es einige spannende Geschichten zu berichten.

Bilder: Porsche, Matthias Kierse