70 Jahre Maserati Doppelsieg
Wenn man in der heutigen Motorsportwelt von einem Doppelsieg spricht, meint man meistens einen Sieg und zweiten Platz, erzielt beim gleichen Rennen durch Fahrzeuge der gleichen Marke oder Mannschaft. Maserati gelang 1950 hingegen eine andere Art von Doppelsieg, die aus heutiger Sicht unmöglich erscheint. Eigentlich feiert die Formel 1 aktuell ihr 70-jähriges Jubiläum, kann jedoch aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie nicht an den Start gehen. Am Beginn dieser Erfolgsstory stand das Reglement für Grand-Prix-Boliden mit 4,5-Liter-Saugmotor oder 1,5-Liter-Kompressortriebwerk, das jedoch nicht nur für Rennen der neu begründeten Weltmeisterschaft Anwendung fand. Diverse Veranstaltungen schrieben diese Kategorie ebenfalls aus und ließen ihre Grand Prixs laufen, ohne dass die Fahrer dabei Punkte für die F1-WM gewinnen konnten.
Einen solchen Lauf gab es am 10. April 1950 im französischen Pau. Rund einen Monat vor dem ersten Rennen der Weltmeisterschaft in Silverstone rollten hier bereits diverse Hersteller an den Start, darunter auch Maserati mit dem Modell 4CLT. Dessen Entwicklung reichte bereits ins Jahr 1947 zurück. Der damalige Cheftechniker Alberto Massimino entwickelte für den bis dahin genutzten Rennwagen 4CL einen neuen Rohrrahmen (‚Tubolare‘, daher das T im Namen) und verhalf dem Vierzylindermotor mit 16 Ventilen zu mehr Leistung. Hinzu kam eine eng anliegende Monoposto-Karosserie von Fantuzzi. In dieser Form startete der Wagen erstmals in San Remo, wo Alberto Ascari und Luigi Villoresi die ersten beiden Plätze belegten. Zwei Jahre später, in Pau, überquerte Juan Manuel Fangio nach 110 Runden Renndistanz die Ziellinie als Erster.




Neben den Werksfahrzeugen baute Maserati bereits seit der Vorkriegszeit auch Rennwagen für gut betuchte Kunden auf. Einer von ihnen war der Spediteur Reg Parnell aus Derby in den nördlichen Midlands in Großbritannien. Ende der 1940er Jahre machte er sich einen guten Namen mit seinem Vorkriegsmodell 4CL. Dann kaufte er den Nachfolger 4CLT, mit dem er auch am 10. April 1950 auf dem Goodwood Motor Circuit an den Start rollte. Dort gewann er die Richmond Trophy, die er bereits im Vorjahr eingefahren hatte. Damit sorgte er für den zweiten Sieg eines Grand-Prix-Boliden von Maserati am gleichen Tag. Spannenderweise handelte es sich beide Male um einen 4CLT.
In den folgenden Jahren fuhr Maserati in der Formel-1-Weltmeisterschaft diverse Siege ein. 1954 begann Juan Manuel Fangio trotz eines Vertrages mit Mercedes-Benz die Saison mit einem Maserati 250F, um seine Chancen auf den Meistertitel zu vergrößern. Dies tat er eindrucksvoll mit zwei Siegen. Die Rennwagen aus Stuttgart wurden aus verschiedenen Gründen erst zum dritten Rennen fertig, ermöglichten Fangio mit ihrer Leistungsfähigkeit aber weitere vier Siege und damit den Gewinn der Meisterschaft. Zum ersten und einzigen Mal gewann damit ein Pilot auf zwei unterschiedlichen Marken die F1-WM. Nach dem zweiten Platz in der Weltmeisterschaft 1956 durch Sir Stirling Moss kehrte Fangio 1957 zu Maserati zurück und gewann auf Anhieb seinen fünften WM-Titel. Der 250F gehörte derweil zu den am weitesten verbreiteten Grand-Prix-Fahrzeugen, ging bis 1960 bei 46 WM-Läufen und diversen weiteren Rennen ohne Meisterschaftsbezug an den Start und zählt heute zu den gesuchten Raritäten der Sportwagenmarke aus Modena.
Bilder: Maserati