Straßenzugelassen: Toyota GT-One (TS020)

Als Rennversion ist der Toyota GT-One TS020 einigen Leuten bekannt, aber dass es ihn auch als Straßenvariante gab, gehört zu den unbekannteren Fakten. Zwei Exemplare wurden zu Homologationszwecken aufgebaut, um in Le Mans 1998 und 1999 in der GT1- und LM-GTP-Kategorie antreten zu können. Dort wurde es gegen die Mitbewerber aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Japan und den USA zum Teil sehr spannend. Es endete jedoch lediglich mit einem zweiten Platz im zweiten Anlauf. Als Toyota Mitte der 90er Jahre bekannt gab, dass man mit einem Werksteam nach Le Mans zurückkehren wolle, waren die Erwartungen nicht allzu hoch gesteckt. Immerhin gehörte die Zeit nach der Gruppe-C-Ära immer noch zur gut mit Werksteams besetzten Phase des Langstreckenklassikers. So nahmen beim 1998er Rennen neben Toyota auch Werksmannschaften von Mercedes-Benz, BMW, Porsche, Nissan und Panoz teil. Hinzu kamen private aber werksunterstützte Teams mit Fahrzeugen vom Schlage McLaren F1 GTR und Dodge Viper GTS-R.

Wenn Regeln radikal ausgenutzt werden.

Doch damit es zu dieser Größe des Feldes kommen konnte, mussten die teilnehmenden GT1-Rennfahrzeuge erst einmal homologiert, also von der Rennbehörde genehmigt werden. Hierzu war ein klares Reglement aufgestellt worden. Dieses schrieb neben den Größen von Flügeln und Rädern oder der Tankmenge auch eine gewisse Abstammung zu Serienfahrzeugen vor. Für die Vorsaison waren aus diesem Grunde noch 25 straßenzugelassene Varianten der Rennautos Pflicht. Für 1998 reduzierte die ACO dies auf nur noch ein solches Fahrzeug. Eine Tatsache, die von einigen Herstellern radikal ausgenutzt wurde. Sie entwickelten konsequente Rennfahrzeuge und gestalteten die notwendige Straßenversion so radikal, dass sie gerade eben so eine Zulassung erhielt und anschließend ins hauseigene Museum rollte. Einen Verkauf an Privatpersonen musste man nicht mehr nachweisen. Zu diesen Herstellern zählte neben Porsche und Nissan auch Toyota, deren GT-One – Baureihe TS020 – wohl eines der aggressivsten GT1-Autos darstellte.

V8-Biturbomotor mit 630 PS

Speziell die im Windkanal ausgefeilte Aerodynamik fällt direkt ins Auge. Die Luft wird gezielt um und über die freistehenden Radhäuser geleitet. Am Heck trifft sie auf einen gewaltigen Flügel. Vorn sind die Radhäuser innen offen, wodurch zum einen Luftstau vermieden wird und zum anderen der Fahrer den Zustand der Vorderräder im Blick behält. Für die Straßenversion schuf man im engen Interieur Platz für zwei Sportschalensitze. Diese sind ebenso wie das Armaturenbrett, der Dachhimmel und die Türverkleidungen mit braunem Alcantara bezogen. Die Sitz- und Schulterflächen sowie das Lenkrad zeigen sich in braunem Leder. Gesteuert wird der GT-One auf der rechten Fahrzeugseite. Passend zur Außenlackierung ist auch der Teppichboden in rot ausgeführt. Hinter den Passagieren arbeitet ein 3,6 Liter großer V8-Biturbo-Motor, der im Rennbetrieb auf rund 463 kW/630 PS kam. Die Straßenversionen wurden leicht heruntergeregelt, genaue technische Daten gibt es jedoch nicht. Als Leergewicht gab Toyota für 1998 920 Kilogramm an.

Aus der GT1- in die LM-GTP-Klasse

In Le Mans war das Toyota-Werksteam mit dem GT-One nicht vom Glück verfolgt. 1998 lagen Geoff Lee, Ralf Kelleners und Thierry Boutsen mit der Startnummer 29 aussichtsreich im Rennen. Sie hätten unter Umständen sogar siegen können, aber nach 330 Runden sorgte ein Getriebeschaden für das vorzeitige Ende. Das Schwesterfahrzeug mit Startnummer 28 war bereits zur Rennhalbzeit ausgefallen und das dritte Auto mit Nummer 27 rollte schließlich auf Platz 9 mit 25 Runden Rückstand ins Ziel. Ein Jahr später sah die Starterliste nicht mehr ganz so imposant aus. Der GT-One gehörte inzwischen zum neuen LM-GTP-Reglement. Darin traten neben der Toyota-Mannschaft nur Audi mit einem R8C und Mercedes-Benz mit dem neu entwickelten CLR an. Nach zwei medienwirksamen Salto-Einlagen zogen die Schwaben ihre drei Fahrzeuge jedoch zurück. Toyota musste sich vor allem gegen die immer stärker werdenden offenen Prototypen der LMP-Kategorie behaupten.

Nach Reifenschaden auf Platz 2

In der finalen Phase des Rennens lag der GT-One von Ukyo Katayama, Keiichi Tsuchiya und Toshio Suzuki vor den letzten Boxenstopps aussichtsreich auf Rang zwei. Ein Reifenschaden hinten links vereitelte alle Hoffnungen auf den ersten Platz. Mit viel Glück wurde das Fahrzeug zurück an die Boxen und anschließend auf Platz zwei über die Ziellinie gebracht. Nach einem weiteren Renneinsatz bei den 1000 Meilen von Fuji rollten alle GT-One ins Museum. Warum Toyota zwei anstelle von einem Straßenfahrzeug aufgebaut hat, wird wohl ein Mysterium bleiben. Möglicherweise, um sowohl am Hauptsitz in Japan als auch in der Motorsportzentrale in Köln jeweils ein Fahrzeug zeigen zu können. Nach den Le Mans-Einsätzen widmete man sich dem Formel 1-Werkseinstieg. Hierfür holte man das GT-One-Testchassis hervor, um Motor- und Chassis-Teile des späteren Formel 1-Wagens zu erproben. Ein einziges von sieben gebauten Exemplaren befindet sich in privatem Besitz.



Bilder: Toyota