Spectre R42
Wie sieht eine moderne Interpretation des Ford GT40 aus? Vor dieser Frage stand Ende der 1980er Jahre der britische Ingenieur Ray Christopher. Zu diesem Zeitpunkt hatte Ford noch keine Pläne für eine Neuauflage. Den GT gab es erst ab 2005, das neue Modell mit Turbomotor sogar erst ab 2017. Da eine direkte Zusammenarbeit mit dem Ford-Konzern nicht möglich erschien, nahm er den Rennwagen nur als indirektes Vorbild. Die exakte Konstruktion kannte er sehr gut, da er mit seiner Firma GT Development originalgetreue Repliken herstellte. Sein neues Projekt erhielt den gleichen Radstand und einen ähnlichen Chassisaufbau. Allerdings nutzte man hier Aluminium-Honeycomb-Komponenten für das Monocoque, während Stahl für die Hilfsrahmen und den integrierten Überrollbügel Verwendung fand. Mit diesem neuen Sportwagen wollte Ray Christopher in Le Mans antreten, weshalb zur Homologation in der GT-Klasse einige Straßenfahrzeuge gebaut werden mussten.
42 Zoll hoch
Der Ford GT40 erhielt seinen Modellnamen durch die GT-Kategorie und die angestrebte Höhe von 40 Zoll (101,6 Zentimeter). Diesen Wert erreichte Ford zwar knapp nicht, der Name blieb jedoch erhalten. Ray Christopher nahm den ersten Buchstaben seines Vornamens und die Höhe seines ersten Prototypen für die Bezeichnung R42. Beim Design ließ er Elemente verschiedener anderer Sportwagen einfließen. So sehen Autofans im R42 Details vom Ferrari Testarossa und 288 GTO, vom Jaguar XJR-15 oder auch vom Lamborghini Countach. Ende 1992 begannen die Arbeiten an einem Windkanalmodell und einem ersten fahrbereiten Prototypen. Dem Publikum präsentierte er den R42 auf der London Motor Show im Oktober 1993. Allerdings hatten die hohen Entwicklungskosten alle finanziellen Rücklagen von GT Development aufgefressen. Die Firma ging insolvent und verkaufte im März 1995 die Produktionspläne für den R42 an Spectre Motors Inc. aus den USA.
























Qualitative Mängel
Diese neue Firma wurde vom ehemaligen Verkaufsleiter von GT Development, Anders Hildebrand, geleitet. Er stellte Ray Christopher anfänglich als Projektleiter für den R42 ein. Allerdings war die Entwicklung bereits weit vorangeschritten, sodass für ihn nicht mehr viel zu tun blieb. Christopher verließ die Firma. Anders Hildebrand organisierte zeitgleich die Produktion neu und stellte Derek Bell als Geschäftsführer ein. Trotz der Neuorganisation benötigte die kleine Firma pro Fahrzeug unglaubliche 2.000 Arbeitsstunden. In Kombination mit der hochwertigen Ausstattung inklusive Lederpolsterung ergab sich ein relativ hoher Verkaufspreis von £ 70.000. Allerdings konnten die aus Glasfaserkunststoff hergestellten Karosserien dem Qualitätsanspruch der Kundschaft nicht gerecht werden. Ebenso missfielen einigen Interessenten die von anderen Autoherstellern eingekauften Komponenten. Türgriffe und vordere Leuchten stammten vom Toyota MR-2, die Rückleuchten vom Honda Legend und Interieurteile vom Ford Fiesta.
Produktionsende nach 23 Stück
Durch die Bauweise mit Aluminium-Stahl-Chassis und Glasfaserkunststoffkarosserie brachte der Spectre R42 1.550 Kilogramm auf die Waage. Hinter den beiden Passagieren saß ein 4,6 Liter großer V8-Motor von Ford mit 261 kW/355 PS und 430 Newtonmeter Drehmoment. In Kombination mit einem Fünfgang-Schaltgetriebe von Getrag gelang die Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 100 in knapp über 4,5 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von 282 km/h. Am Fahrwerk kamen einstellbare Dämpfer und Stabilisatoren zum Einsatz. Vom Spectre R42 entstanden insgesamt lediglich 23 Stück. 1996 debütierte die von Anfang an projektierte Rennversion R42 GTR, die jedoch nie den Weg auf die Rennstrecke fand. Auch das Nachfolgemodell R45 stand lediglich als Prototyp 1997 auf der London Motor Show. Im Folgejahr stellte Spectre Supersports Ltd. die Geschäftstätigkeiten ein. Der R42 schaffte es in den Kinofilm „RPM“ und das Computerspiel Need for Speed III.
Bilder: Spectre Supersports Ltd., Matthias Kierse