Škoda 180 RS und 200 RS

Sportliche Škoda-Modelle tragen seit einiger Zeit das Kürzel RS. Doch bei welchem Fahrzeug sah man dies zum ersten Mal? Dafür muss man einen Blick in die Motorsportgeschichte der tschechischen Marke werfen. Speziell geht es um Rallye-Einsätze, die bis Anfang der 1970er Jahre vor allem in den Klassen bis 1,3 Litern Hubraum stattfanden. Škoda erkannte hingegen, dass es in den Folgejahren wohl keine weiteren Erfolge mehr geben würde. Somit fiel schließlich die Entscheidung, ein neues Fahrzeug mit größerem Motor zu entwickeln. Als Basisfahrzeug dafür nutzte man den 1970 präsentierten 110 R. Dieses Heckmotor-Coupé verfügte bereits ab Werk über einen Aluminiummotor mit OHC-Ventilsteuerung. Von Tatra kaufte man das Fünfgang-Getriebe des 603-2 zu. Für den neuen Prototypen nutzte man zudem alle Erkenntnisse, die man bei Rallye-Einsätzen mit dem 120 S gewonnen hatte. Erste Fahrversuche fanden mit neuen Fahrgestellen unter leicht modifizierten Karosserien des 1000 MB und des 100 L statt.

Testfahrten führten zu Modifikationen

Zu den Werksfahrern zählten damals Jaroslav Bobek, Bořivoj Kořínek, Oldřich Horsák und Jiří Motal. Sie erprobten die neuen Wagen sowohl auf Rennstrecken als auch auf Rallyepisten. Derweil arbeitete Jiří Šedivý im Werk in Mladá Boleslav an einer eigenständigen Karosserie. Im Vergleich zum serienmäßigen 110 R verringerte man die Dachhöhe um 7,5 Zentimeter. Die vordere Haube und das Dach bestanden aus 0,7 Millimeter dickem Aluminiumblech, die hintere Haube aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Auf diese Weise reduzierte Škoda das Fahrzeuggewicht um rund 85 Kilogramm. Die Einbaulage des Motors vor der Hinterachse sorgte jedoch bereits beim 110 R für ein schwieriges Fahrverhalten mit hoher Tendenz zum Untersteuern. Diesen Eindruck unterstützten zudem Computer-Simulationen zur Schwerpunktverschiebung in verschiedenen Fahrsituationen. Mithilfe dieser Erkenntnisse begannen im Oktober 1973 die Arbeiten am 180 RS und 200 RS. Das erste Exemplar stand bereits im Mai 1974 an der Startlinie.

Auftriebsstörer an Front und Heck

Um die Rallyefahrzeuge möglichst sicher zu gestalten, integrierten die Škoda-Mitarbeiter in die Rohkarosserie mit abgesenktem Dach umfangreiche Überrollkäfige. In die Frontpartie verbaute man einen Luftröhrenkühler mit Abluftöffnungen in der vorderen Haube. Die Blinker wanderten in den darunter angesetzten „Auftriebsstörer“, wie in den internen Unterlagen die Spoilerlippe bezeichnet wurde. Durch die Wahl von GfK für die hintere Motorhaube konnte diese in ihrer Form frei gestaltet werden. Sie umfasste am Ende nicht nur Lufteinlässe für das Triebwerk, sondern ebenfalls eine Spoilerlippe mit Abrisskante, um den Auftrieb zu stören. Um vorne bis zu acht Zoll breiten und hinten sogar bis zu zehn Zoll breiten Magnesium-Rädern Platz zu bieten, erhielten die Kotflügel entsprechende Verbreiterungen. Dahinter saßen vorn Girling-Scheibenbremsen und hinten die Trommeln vom 110 R.

Getriebe vom Porsche 911

Die Vorderachse des 120 S erhielt verlängerte und verstärkte Querlenker sowie eine angepasste Lenkung. Dreiecksquerlenker sorgten an der Hinterachse für mehr Grip. Spur und Sturz konnten frei eingestellt werden. Über gute Kontakte erhielt Škoda zudem Stoßdämpfer von Koni und Spiralfedern. Mithilfe des Basis-Triebwerks namens Š720 konnte man den Hubraum variabel halten, um auf Veränderungen um Reglement zu reagieren. Es entstanden zwei Varianten des Vierzylindermotors, eine mit 1.772 Kubikzentimetern und eine mit 1.997 Kubikzentimetern Hubraum, jeweils mit Trockensumpfschmierung. Während die Bohrung der Zylinder identisch war, variierte der Hub der Kurbelwelle. Der 180 RS kam somit auf 154 PS und der 200 RS auf 163 PS. Beim Getriebe entschied man sich für das Fünfgang-Getriebe 915.003.113 vom damals aktuellen Porsche 911. Die Einlamellenkupplung stammte von Fichtel & Sachs. Je nach Übersetzung waren bis zu 240 km/h möglich.

Ende der Einsatzzeit nach nur drei Rallyes

Bei der IDA Rallye im Mai 1974 stand der Škoda 200 RS erstmals am Start. Bei der Barum Rallye kurz darauf am 1. Juni waren es bereits zwei Fahrzeuge. Beide trugen eine rot-weiße Lackierung. Es folgte die Rallye Škoda mit einem 180 RS und zwei 200 RS. Bei allen drei Veranstaltungen konnte die Neukonstruktion gut mit internationalen Fahrzeugen mithalten. Allerdings beschloss der Motorsport-Weltverband eine deutliche Veränderung des Reglements für 1975. Reine Prototypen wie der 180 RS und der 200 RS wurden zugunsten von modifizierten Serienautos ausgeschlossen. Damit endete die Karriere des Škoda nach nur drei Einsätzen sehr plötzlich. Allerdings hatte man dabei genug Erfahrungen gesammelt, um auf Basis des 110 R ein neues Rallyeauto, den 130 RS entwickeln zu können. Dieser kam auf nur 720 Kilogramm Leergewicht und holte 140 PS aus 1,3 Litern Hubraum. Bis 1983 erzielte Škoda mit diesem Modell nationale und internationale Erfolge.

Bilder: Škoda