Serenissima 3000 SP

2019 machte Artcurial im Rahmen der Retromobile Paris große Schlagzeilen. Man hatte es tatsächlich geschafft drei Sportwagen aus einer unter Verschluss gehaltenen Sammlung in Italien auf die große Auktionsbühne zu rollen. Diese Sammlung gehört dem einstigen Erbauer dieser Sportwagen und Begründer der dazugehörigen Marke Serenissima, Graf Volpi di Misurata. Durch die relativ kurze Blütezeit dieses Herstellers, die geringe Produktionszahl und die lange Phase in der kaum Autos weltweit zu sehen waren, geriet Serenissima selbst in Italien überwiegend in Vergessenheit. Neben den drei im zurückliegenden Jahr versteigerten Autos sind laut Artcurial lediglich zwei weitere heute noch bekannt, der 358V Berlinetta und der offene Sportrennwagen 3000 SP. Wir addieren an dieser Stelle noch das Formel-1-Fahrzeug M1AF sowie die Konzeptstudie Jungla. Tatsächlich ist es dem Auktionshaus jedoch gelungen, erneut einen Serenissima zur Versteigerung während der Retromobile in Paris zu holen.

Es handelt sich um den 3000 SP, dessen Geschichte durchaus lesenswert ist. Alles begann damit, dass Bruce McLaren 1965 mit dem Bau seiner eigenen Rennfahrzeuge startete, bald jedoch die angebotenen Ford-Motoren als zu schwer deklarierte. Er ging auf die Suche nach einem adäquaten Ersatz und wurde bei Serenissima fündig, wo in den Straßensportwagen ein von Alberto Massimino entwickelter, drei Liter großer V8 mit vier obenliegenden Nockenwellen und Doppelzündung steckte. Massimino hatte zuvor bereits bei Maserati, Ferrari und Alfa Romeo gearbeitet. Zwei der Serenissima-V8-Triebwerke gingen zu Testzwecken an McLaren und wurden schließlich 1966 im M2B in der Formel 1 genutzt. Gleichzeitig ging ein CanAm-Chassis von McLaren an Serenissima, wo ebenfalls ein V8-Triebwerk verbaut wurde. Um optisch Unterschiede zur McLaren-Basis zu erzeugen, fertigte man eine eigenständige Coupé-Karosserie aus Glasfaser-verstärktem Kunststoff an. In dieser Form fanden Tests in Modena statt, bei denen sowohl Chefingenieur Giuliano Giuliani als auch der britische Rennfahrer Jonathan Williams hinter dem Steuer saßen. Nachdem einige kleine Probleme mit der neuen Konstruktion ausgemerzt waren, ging der Prototyp bei der Coppa Città di Enna 1968 in Pergusa auf Sizilien erstmals bei einem Rennen an den Start und musste sich letztlich nur dem Porsche 910 von Jo Siffert geschlagen geben.

Graf Volpi verpflichtete kurz nach dem Rennen Alf Francis, den ehemaligen Mechaniker von Stirling Moss. Gemeinsam entschied man sich dazu, den Sportwagen für die Saison 1969 umfangreich zu modifizieren. Francis entwickelte einen neuen Zylinderkopf mit drei Ventilen pro Zylinder und Volpi zeichnete eine offene, keilförmige Karosserie, die in Zusammenarbeit mit Drogo aus Luftfahrtstahl zusammengenietet wurde. Da zu diesem Zeitpunkt nur wenige aerodynamische Erkenntnisse vorlagen, bekam das Team jedoch die schlechte Fahrbarkeit bei hohen Geschwindigkeiten trotz diverser Tests nicht in den Griff. Jonathan Williams setzte das Auto trotzdem beim Preis von Tirol in Innsbruck im Oktober ein, wo er den sechsten Platz belegte. Anschließend ging er mit dem Auto auch auf dem Salzburgring an den Start, qualifizierte sich für die erste Reihe und wurde Dritter. Trotz dieses Erfolges hatte Graf Volpi sein Interesse am Motorsport verloren und stoppte daher seine Finanzierung für das von ihm gegründete Rennteam Scuderia Serenissima sowie für die dazugehörige Sportwagenmarke. Interessanterweise schickte man den 3000 SP trotzdem noch nach Argentinien, wo der Wagen 1970 an zwei Rennen teilnahm, aber jeweils durch technische Defekte ausschied.

Nach der Rückkehr nach Italien lagerte Graf Volpi den 3000 SP ein. Erst vor etwas mehr als zwei Jahren holte er das Fahrzeug wieder hervor und übergab ihn an Giuliano Giuliani, der inzwischen einen eigenen Restaurierungsbetrieb hat. Er sorgte in der Folgezeit dafür, dass sowohl der komplexe Rennmotor als auch die anderen mechanischen Teile wieder gangbar gemacht wurden. Derweil beließ er die Stahlkarosserie in ihrer über die Jahre angesammelten Patina. Die originale Glasfaser-Karosserie in Coupé-Form hat ebenfalls die Zeiten überdauert und ist nun Bestandteil der Artcurial-Auktion. Bei einem erwarteten Zuschlagspreis zwischen 1.000.000 und 1.400.000 € sowie einem vorherigen Bieterregistrierungsprozess, der 48 Stunden vor der Versteigerung abgeschlossen sein muss, dürfte es sich um ein sehr interessantes Feld von Interessenten handeln, die diesen Serenissima möglicherweise erneut auf die Rennstrecke bringen.

Bilder: Artcurial, Loïc Kernen, Giuliano Giuliani