Porsche 934

Als die erfolgreiche Zeit des 911 Carrera RSR 2.8 und 911 Carrera RSR 3.0 sich ihrem Ende zu bewegte, liefen bei Porsche bereits die Vorbereitungen für ein neues Rennfahrzeug auf Basis des 911. Anknüpfend an Erfolge, die man mit dem 917/30 in der amerikanischen Can-Am-Serie erzielte, wollte man die Turboaufladung auch auf kleinere Klassen übertragen. Mit einigen Exemplaren des 911 Carrera RSR 2.1 Turbo ging man schließlich sogar in Le Mans an den Start. Allerdings hatte die FIA kurzfristig die Regularien für die Gruppe 4 verändert und dabei das Fahrzeugmindestgewicht erhöht, wodurch sich die Chancen für den 911 deutlich verschlechterten. Das Engagement wurde daher gestoppt und die bis zu diesem Zeitpunkt gesammelten Erkenntnisse in die Serienentwicklung des allerersten 911 Turbo für die Straße, intern 930 genannt, gesteckt. Schnell begannen in Weissach jedoch neue Arbeiten an einem Gruppe-4-Rennwagen, der diesmal jedoch nicht auf dem alten RS, sondern auf dem 911 Turbo basierte. So entstand der 934, der parallel zum 935 für die Gruppe 5 und dem offenen Rennprototypen 936 für die Gruppe 6 ab 1976 eingesetzt wurde. Während die letztgenannten Modelle ursprünglich rein für das Werksteam vorgesehen waren, sollte der 934 bewusst an Kundenteams verkauft werden, da Gruppe-4-Fahrzeuge damals sowohl in der Sportwagen-Weltmeisterschaft, als auch in der GT-Europameisterschaft und diversen nationalen Meisterschaften eingesetzt werden konnten. Vermarktet wurde der Wagen zum Teil unter dem Modellnamen ‚Turbo RSR‘.

1976 entstand eine Kleinserie von 30 Fahrzeugen (manche Quellen sprechen von 31), gefolgt von weiteren zehn Autos rein für US-Teams im Folgejahr. Reglementsbedingt durften im Vergleich zum Straßensportwagen nur kleinere Änderungen an der Karosserie vorgenommen werden. Aufgenietete, je 50 Millimeter breite Kunststoffverbreiterungen an den Kotflügeln waren allerdings ebenso erlaubt, wie die neue Frontschürze mit Belüftungsöffnungen unterhalb der nun bei den Serienfahrzeugen verwendeten Faltenbalgstoßstange. Die äußeren Lufteinlässe strömen die Ladeluftkühler an, während die Einlässe daneben die vorderen Bremsen kühlen und die zentrale Öffnung den Ölkühler anströmt. Anstelle des Kofferraums verbirgt die vordere Haube die Feuerlöschanlage, den Öltank, die Batterie und den auf 120 Liter vergrößerten Renntank, dessen zwei Betankungsöffnungen durch die Haube hindurch ragen. Eine Auswechselung der normalen Glasscheiben gegen transparente Kunststoffteile war hingegen nicht gestattet. Für die Karosserie standen alle damaligen Uni-Farben zur Auswahl. Innen zeigen sich die 934 weitgehend entleert. Auf den Fahrer wartet ein Rennschalensitz mit Sechspunktgurten und ein Überrollkäfig aus Aluminium sowie ein Armaturenbrett mit Rundinstrumenten für Tempo, Drehzahl, Turboladedruck, Öltemperatur, Öldruck und Kraftstoffdruck. Einige Fahrzeuge wurden im Laufe der Zeit auf die Gruppe 5 umgebaut und erhielten dafür eine neue Heckpartie mit Doppelflügel und weitere Komponenten, die hierfür eigens von Porsche entwickelt worden waren. Anschließend betitelte man diese Autos als 934/5.

Entsprechend des Reglements musste das Fahrwerk des 934 zu großen Teilen auf dem des 911 Turbo (930) basieren. Porsche sorgte vor, indem bereits für das Straßenauto sehr stabile Radaufhängungen entwickelt wurden, die auch den Rennbetrieb gut überstanden. Lediglich Federn, Dämpfer, Achsteile, einige Gelenklager und die Bremsanlage erhielten Modifikationen. Letztere stammte in ihren Grundzügen vom Porsche 917 und verfügte über eigene Bremskreise für Vorder- und Hinterachse. Auf den Radnaben mit Zentralverschluss saßen BBS-Leichtmetallräder mit Slicks oder Regenreifen der Größe 275/600×16 vorn und 325/625×16 hinten. Beim drei Liter großen Sechszylinder-Boxermotor kamen größere Ein- und Auslasskanäle, schärfere Nockenwellen, eine Bosch K-Jetronic, das Turbosystem mit Bypassventil vom 917/30 sowie ein horizontal verbautes Lüfterrad zum Einsatz. Damit erzielte man anfänglich 485 PS, die über ein Viergang-Getriebe auf die Hinterräder losgelassen wurden. Die zehn 1977er Fahrzeuge für die USA kamen durch höheren Ladedruck auf 540 PS. Da der 934 lange eingesetzt werden konnte, entwickelte Porsche für 1979 eine Leistungssteigerung für alle interessierten Kundenteams, die 600 PS aus dem weiterhin drei Liter großen Motorblock kitzelte.

Weltweit gelangen diverse Rennerfolge mit dem Porsche 934. Stellvertretend greifen wir an dieser Stelle das erstgebaute Exemplar mit der Fahrgestellnummer 9306700151 heraus, das in Kürze während des Concours d’Elegance in Amelia Island von Gooding & Co. versteigert wird. Dieser Wagen wurde bereits Ende 1975 fertiggestellt und für die Pressevorstellung dieses Modelltyps in Weissach mit einem Beifahrersitz aus dem Serien-911-Turbo ausgestattet. Ursprünglich sollte der im Farbton Indischrot lackierte 934 anschließend an Klaus-Dieter Mäker in Hamburg gehen, gelangte jedoch stattdessen zum Kannacher GT Racing Team in Krefeld. Dieses setzte Nummer 151 in der Saison 1976 in Läufen der European GT Championship sowie der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM) ein. Am Ende des Jahres verkaufte Kannacher den Porsche an das bis heute gut bekannte Kremer Team in Köln, die das Auto für die Saison 1977 in einem hellen Grau aus der Mercedes-Farbpalette umlackierten und für Louis Krages aus Bremen einsetzten, der stets unter seinem Pseudonym John Winter antrat. Nach einem Jahr Pause kehrte der 934 1979 auf die Rennpiste zurück und das direkt beim 24-Stunden-Rennen in Le Mans, für das Kremer neben René Metge und Patrick Bardinon die schnelle Rennfahrerin Anny-Charlotte Verney verpflichtete. Das Trio erreichte hinter zwei weiteren Porsche 934 den dritten Platz in der GT-Klasse und den 19. Rang insgesamt.

Auf einen Besitzer in Südafrika, der Nummer 151 wohl direkt nach dem Le-Mans-Einsatz gekauft hatte, folgte 1982 der britische Rennfahrer Victor Wilson, der nebenbei einen Autohandel in Edinburgh betrieb. Im Dezember des gleichen Jahres verkaufte Wilson den Sportwagen an Elias ‚Skip‘ Gunnell III in Fort Lauderdale/Florida, der den 934 für knapp über 20 Jahre behielt und 1999 beim Concours d’Elegance in Amelia Island zeigte. Nach seinem Tod kaufte der heutige Besitzer das Fahrzeug aus dem Nachlass heraus und ließ es von seinem eigenen Restaurierungsbetrieb RennSport Racing in New Orleans umfangreich restaurieren. Trotz der umfangreichen Rennvergangenheit stellte sich das Auto dabei als sehr gut erhalten heraus. Nun zeigt sich die Karosserie wieder im originalen Indischrot. Zum Fahrzeug gehören umfangreiche Unterlagen mit Rennfotos aus der aktiven Zeit, einem Album der Restaurierungsarbeiten sowie originale Briefwechsel mit Victor Wilson, Jürgen Kannacher und Jürgen Barth. Gooding & Co. erwartet einen Zuschlagspreis zwischen 1.250.000 und 1.600.000 US$.

Bilder: Gooding & Co.