Porsche 911 S Targa

Ursprünglich gab es den Porsche 911 ausschließlich als Coupé. Dies führte schnell zu verstimmten Kunden, die vom Vorgänger 356 das Cabriolet gewohnt waren und auch weiterhin offen fahren wollten. Allerdings gab es inzwischen speziell in den USA strengere Zulassungsvorschriften und sogar Lobbygruppierungen, die offene Fahrzeuge komplett verbieten wollten. Der Grund dafür liegt in der geringeren Insassensicherheit bei einem Überschlag. Daher machte es sich Porsche nicht leicht. Zudem hatten Testfahrten mit komplett geöffneten 911 Prototypen gezeigt, dass die Rohkarosserie nicht verwindungssteif genug war.

Benannt nach der Targa Florio

Die Designabteilung unter Ferdinand Alexander ‚Butzi‘ Porsche, dem ältesten Sohn von Ferry Porsche, entstanden dennoch verschiedene Entwürfe für ein 911 Cabriolet. Am Ende setzte sich ein ungewöhnlicher Entwurf durch, der mehrere besondere Features aufwies. Direkt hinter den Türen saß ein etwa 20 Zentimeter breiter Überrollbügel mit Edelstahloptik, der dem Auto mehr Steifigkeit und den Passagieren Schutz bei Unfällen bot. Über den Köpfen der vorderen Insassen konnte ein Dachteil entnommen werden, das zusammengeklappt in den Kofferraum passte. Hinter dem Bügel ließ sich ein Stoffverdeck mit Kunststoffscheibe herunterklappen. In dieser Form debütierte der Wagen auf der IAA 1965 als 911 Targa. Der Beiname stammte vom berühmten Langstreckenrennen Targa Florio auf Sizilien. Aus dem italienischen übersetzt bedeutet das Wort ‚Targa‘ soviel wie ‚Schild‘, was dem Schutzcharakter des Überrollbügels entspricht.

Mit dem versenkbaren Verdeck im Heckbereich erhielt der 911 Targa bald nach seiner Markteinführung Ende 1966 den inoffiziellen Beinamen ‚Softwindow‘. Der Grund hierfür lag darin, dass ab 1967 erst optional und schließlich als einzige Variante eine feste Glaspanoramascheibe eingeführt wurde. Diese war fest mit der Karosserie verbunden und verlieh dem Wagen nochmal mehr Steifigkeit. Zudem wuchs im Modelljahr 1968 der Radstand aller 911-Modelle von 2.211 auf 2.268 Millimeter. Entsprechend wenige Softwindow-Targa liefen vom Band. Vom damals leistungsstärksten 911 S mit 118 kW/160 PS aus zwei Litern Hubraum entstanden beispielsweise nur 925 Targa mit Softwindow und kurzem Radstand.

Von Dortmund aus in die USA verkauft

Porsche Classic restaurierte in den zurückliegenden drei Jahren den ersten in Deutschland ausgelieferten 911 S Targa. Dieser Wagen erreichte am 24. Januar 1967 den Porsche-Händler Hülpert in Dortmund. Zur ab Werk verbauten Ausstattung gehörten seltene Optionen wie eine Webasto-Standheizung, ein Blaupunkt-Köln-Radio, eine getönte Windschutzscheibe, Halogen-Nebelscheinwerfer, ein Außenthermometer und Ledersitze. Er diente als Vorführer und wurde 1969 an einen Kunden in den USA verkauft. Dort verlor sich die Spur des Targas. Erst vor wenigen Jahren entdeckte ein Porsche-Sammler ihn wieder.

Wie sich herausstellte stand der seltene Porsche von 1977 bis 2016 in einer offenen Garage in Long Beach im US-Bundesstaat New York. Vor den Naturgewalten schützte ihn lediglich eine dünne Kunststoffplane. Erstaunlicherweise erwies sich das Auto als komplett und ohne Beschädigungen durch Vandalismus. Dem Sammler gelang es, den 911 S Targa zu erwerben. Anschließend schickte er ihn zu Porsche Classic nach Zuffenhausen und gab eine umfassende Werksrestaurierung in Auftrag. Ziel dieser von Porsche angebotenen Aufarbeitungen ist es, die jeweiligen Fahrzeuge so originalgetreu wie möglich wieder aufzubauen. Hierfür sucht das Team gezielt nach jedem Kleinteil in authentischer, zeittypischer Version. Im eigenen Zentrallager liegen über 60.000 verschiedene Originalersatzteile. Zudem verfügt Porsche Classic über Rahmenlehren, Richtsätze, Datenblätter aus der Produktion und technische Zeichnungen.

Mattierte, auflackierte Schutzfolie

„Nachfertigungen von Drittanbietern kommen für uns nicht in Frage“, erläutert Uwe Makrutzki, Leiter Porsche Classic Werksrestaurierung der Porsche AG. Daher stellte das beschädigte Targa-Dach das Team vor eine Herausforderung. Das Material späterer Dächer ist anders genarbt und robuster, wodurch es nicht dem Original entspricht. So entstand für dieses Projekt eigens neuer Bezugsstoff, dessen Verarbeitung erst erlernt werden musste. Dieser Bezug ist für kommende 911 Softwindow-Targa Restaurierungen nun ebenfalls verfügbar. Anstatt die Fahrwerksteile, die Luftfilteranlage und die Motorverblechung pulverbeschichten zu lassen, entschied sich der Kunde für eine originalgetreue Zwei-Komponenten-Lackierung in schwarz. Die Karosserie erstrahlt nach rund 1.000 Arbeitsstunden wieder im originalen Polorot. Da der Wagen im Alltag bewegt werden soll, kam zusätzlich eine auflackierte, leicht mattierte Schutzfolie zum Einsatz. Diese kann rückstandslos abgelöst werden.

Nach mehr als dreijähriger Restaurierungsarbeit steht der Porsche 911 S Targa nun wieder auf seinen Rädern. Alle Details und die Ausstattung entsprechen dem Auslieferungszustand Anfang 1967. Damals hatte der Wagen einen Neupreis von mindestens 25.880 DM, was einem Aufpreis von 1.400 DM gegenüber dem Coupé bedeutete. Heute darf man vor diesen Wert problemlos eine weitere 2 setzen und die Währung in € verändern. Der Kunde erhält zu seinem jeweiligen bei Porsche Classic restaurierten Fahrzeug eine umfangreiche, bebilderte Dokumentation. So lässt sich auch Jahre später nachvollziehen, welcher Aufwand betrieben wurde. Diesen lässt der Besitzer dieses 911 S Targa nun auch an einem frühen Porsche 928 durchführen, der bereits in der Werkstatt von Porsche Classic steht.

Bilder: Porsche