Nissan Sunny GTi-R
Als die FIA 1986 die Gruppe B verbannte, rückte für 1987 die kleinere Gruppe A in die erste Reihe auf. Sie basierte auf seriennahen Fahrzeugen, die hauptsächlich der Kompaktklasse angehörten. Laut Regularien mussten die Basisautos über mindestens vier Sitzplätze verfügen. Im Gegensatz zu den freizügigen Regeln der Gruppe B verlangte man von Herstellern in der Gruppe A deutlich mehr Homologationsfahrzeuge. Binnen eines Kalenderjahres mussten von der jeweiligen Basisversion 2.500 Exemplare produziert werden. Diese mussten besondere Anbauteile und die wichtigsten technischen Details mit dem Rallyeauto teilen. Dennoch fanden sich erneut viele Automarken, die sich dem Wettbewerb stellen wollten. Sie sahen einen Vorteil darin, sportliche Erfolge direkt mit einem käuflich erwerbbaren Fahrzeug verknüpfen zu können.
Sunny GTi-R entstand für die Gruppe A
Für 1990 entwickelte Nissan die damals neue siebte Modellgeneration des Sunny zum Rallyeauto weiter. Als Basis nutzte man die dreitürige Variante. Im Gegensatz zu den normalen Serienmodellen kam hier ein Allradantrieb zum Einsatz, der auf dem bereits zuvor entwickelten ATTESA-System von Nissan aufbaute. Hierfür erhielt der Sunny GTi-R einen neuen Getriebetunnel, um die Kardanwelle nach hinten zu führen. Ein manuelles Fünfgang-Getriebe sorgte für die Kraftübertragung vom zwei Liter großen Vierzylinder-Turbomotor. Ein Garrett-GT28-Turbolader und ein über dem Triebwerk verbauter Ladeluftkühler verhalfen dem Wagen zu 162 kW/220 PS und 267 Newtonmetern Drehmoment. Um dem Ladedruck von 0,73 bar standzuhalten bestanden die Zylinderköpfe mit natriumgefüllten Auslassventilen aus Aluminium. Ebenso fertigte Nissan den Motorblock aus Aluminium und verwendete ihn auch im Primera für die britische Tourenwagenmeisterschaft.
































Aerodynamik schränkte Topspeed ein
Die Motorleistung reichte aus, um den Sunny GTi-R im Bedarfsfall in 6,4 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 zu beschleunigen. Obwohl die Getriebeübersetzung theoretisch eine Höchstgeschwindigkeit im Bereich von 250 km/h ermöglicht hätte, wurde dies durch die Aerodynamik verhindert. Auf der Motorhaube wuchs dem GTi-R ein Powerdome mit Luftschlitzen, um dem Ladeluftkühler Platz zu machen. Zudem wuchs ihm über der Heckscheibe ein großer Spoiler. Durch diese Veränderungen erreichte der kompakte Dreitürer „nur“ 223 km/h. Bei einem Vergleichstests mit anderen Gruppe-A-Homologationsautos konnte sich der Nissan beim Spurtvermögen und der Rundenzeit auf dem kleinen Kurs von Hockenheim durchsetzen. Trotzdem blieb der Sunny GTi-R in Europa eine Seltenheit.
Linkslenker blieben selten
Von insgesamt rund 15.000 produzierten Exemplaren rollten wohl nur etwa 1.000 mit Linkslenkung vom Band. 600 davon wurden zu einem Neupreis von 60.000 DM in Deutschland angeboten. Damit war der Nissan Sunny GTi-R doppelt so teuer wie ein Volkswagen Golf GTI und sogar dreimal so teuer wie die Basisversion des normalen Nissan Sunny. Die rechtsgelenkte Variante hieß auf diversen Märkten Pulsar GTi-R. In der Gruppe A blieben die Rallye-Erfolge indes aus. Speziell der weit oben verbaute Ladeluftkühler erwies sich als Schwachstelle, da er den Schwerpunkt erhöhte und schnell mit Wasser und Matsch in Kontakt kam. Die beste Platzierung war ein dritter Rang durch Stig Blomqvist 1992 in Schweden. Im gleichen Jahr belegte ein privates Rallyeteam die beiden vorderen Positionen in der Endwertung der kleineren Gruppe N mit zwei Sunny GTi-R.
Quasi-Neuwagen bei Artcurial
Artcurial versteigert Anfang März im Rahmen der Retromobile in Paris einen der seltenen linksgelenkten Sunny GTi-R. Es stammt aus der Sammlung des Franzosen Baudoin Lempereur, der sogar mal drei Stück gleichzeitig besaß. Diesen Wagen ließ er niemals für den Straßenverkehr zu und bewegte ihn auch sonst kaum. Auf dem Tacho stehen lediglich 136 Kilometer Laufleistung. Damit handelt es sich streng genommen um einen Neuwagen. Leider gingen sowohl die originalen Fahrzeugpapiere als auch der Hauptschlüssel verloren. Daher kommt das Auto mit dem Zweitschlüssel. Bei der Auktion in Paris erwartet Artcurial einen Zuschlagspreis zwischen 20.000 und 30.000 €. Wenig Geld für ein seltenes Homologationsfahrzeug für die Rallye-Weltmeisterschaft.
Bilder: Artcurial, Peter Singhof