Nissan 240RS

Ab Mitte der 1970er Jahre liefen bei Nissan in Japan Vorarbeiten an der dritten Modellgeneration des Sportcoupés Silvia, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem europäischen Markt bekannt war. Nach Nordamerika exportierte man den Wagen indes ab der zweiten Generation als 200SX. Für den Neuling dachte man intensiv über die Einführung eines Kreiskolbenmotors nach, verwarf dieses Konzept jedoch nach diversen Problemen während der Fahrzeugerprobung und sattelte auf konventionelle Kolbenmotoren um. Geblieben ist lediglich der mit Mazda geteilte interne Entwicklungscode S110, der in Hiroshima den ersten japanischen Wankelsportwagen Cosmo Sport schmückte. 1979 erfolgte die Markteinführung der dritten Silvia, die erneut als 200SX auch in die USA, nach Kanada und nach Mexiko (dort als Datsun Sakura) ging und wahlweise als Schrägheck oder mit einem Stufenheck als Hardtop-Coupé erhältlich war.

Als Anfang der 1980er Jahre von der Motorsportbehörde FIA die Regeln der neuen Gruppe B für die Rallye Weltmeisterschaft verfasst wurden, besann man sich bei Nissan/Datsun auf vorherige Erfolge mit verschiedenen Modellen wie dem Violet und legte ein neues Werksprojekt auf, das gemeinsam mit Bill Blydenstein Racing aus Großbritannien im neu gegründeten Nissan Team Europe entwickelt wurde. Als Basisfahrzeug diente das Silvia Hardtop-Coupé, dem ein 2,4 Liter großer Reihen-Vierzylindermotor implantiert wurde. Es blieb beim klassischen Hinterradantrieb, obwohl man bei Nissan bereits an einem Allradsystem arbeitete. Diesem traute man jedoch 1982 während der Projektierungsphase des 240RS keine großen Wettbewerbsvorteile zu – ein Fehler, den nicht nur Nissan zu diesem Zeitpunkt machte. Für den Aufbau der 200 Homologationsfahrzeuge und der Rallye-Ableger nutzte man eine Grauzone in den damaligen Zulassungsvorschriften von Nordirland, wo für eine so kleine Anzahl von Fahrzeugen auf Basis eines bestehenden Modells keine neue Typenzulassung in Auftrag gegeben werden musste. Daher rollten die meisten Rallye-240RS tatsächlich mit nordirischen Kennzeichen an die Startlinien.

Sein Debüt feierte der 240RS bei der Rallye Monte Carlo 1983 mit Timo Salonen am Steuer. Parallel zum Nissan Europe Team setzte auch das japanische Mutterhaus Fahrzeuge in Rallye-Events ein, speziell in Europa und Großbritannien, aber auch bei WM-Läufen, wobei man sich nach einigen Misserfolgen bei europäischen Events besonders auf die afrikanischen Rallyes an der Elfenbeinküste und in Kenia spezialisierte. Ein außergewöhnlich gutes Ergebnis erzielte man mit Platz zwei in Neuseeland im gleichen Jahr. Zwischen 1983 und 1985 verzeichnen die Starterlisten insgesamt 20 Teilnahmen eines 240RS, wobei insgesamt vier Ankünfte auf dem Podium herauskamen. Siege waren gegen die aufkommenden Allradler der Konkurrenz, allen voran dem Audi quattro, nicht machbar – wohl auch, weil man auf die Turboaufladung des Triebwerks ebenfalls verzichtet hatte. Man verbaute nicht einmal eine elektronische Einspritzanlage, sondern vertraute auf klassische Solex-Doppelvergaser mit 50 Millimetern Durchmesser. Damit standen lediglich 275 PS im Wettbewerb und 240 PS in der Straßenversion zur Verfügung, die über ein manuelles Fünfgang-Getriebe auf die Hinterräder übertragen wurden. Sie trafen jedoch dank konsequentem Leichtbau auf nur rund 970 Kilogramm Leergewicht.

Während man von Rallyefahrzeugen diverse Karosserieverbreiterungen und Spoiler aus Glasfaser-verstärktem Kunststoff kennt, erhielten in den 1980er Jahren auch die Homologationsfahrzeuge diese Anbauteile. Somit zeigten sich die Straßenversionen des Nissan 240RS zwar in jungfräulichem Weiß, aber mit marzialischer Optik. Auch der Heckdeckel wurde gegen ein entsprechendes Kunststoffteil ausgetauscht, während anstelle der normalen Seitenfenster und der Rückscheibe dünne Polycarbonat-Teile eingesetzt wurden. Innen ersetzte ein Plastikarmaturenbrett im typischen Box-Design der 80er und mit lediglich vier analogen Rundinstrumenten bestückt das wohnliche Ambiente der normalen Silvia. Trotz dieses ungewöhnlichen Designs und der geringen Rallye-Erfolge konnte Nissan problemlos alle 200 Exemplare absetzen. Viele wurden auf privater Basis bei Rallyes eingesetzt. Entsprechend selten sind heute gute Exemplare des Straßenautos wie in unserer Bildergalerie. Das dort gezeigte Fahrzeug wurde von BH Auction während des Tokyo Auto Salon angeboten, erhielt jedoch kein Höchstgebot in ausreichender Höhe. Erwartet hatte das Auktionshaus 9.000.000 bis 14.000.000 Yen (rund 72.000,- bis 112.000,- €) – ein relativ geringer Wert im Vergleich zu anderen Gruppe-B-Autos, zumal bei einer Laufleistung von lediglich 585 Kilometern.

Bilder: BH Auction