Mercedes-Benz 300 SL Roadster von Juan Manuel Fangio
Für viele Jahrzehnte war Juan Manuel Fangio der erfolgreichste Formel-1-Rennfahrer aller Zeiten. In den 1950er Jahren erzielte er auf Ferrari, Lancia, Alfa Romeo, Maserati und Mercedes-Benz neben zahlreichen Rennsiegen auch fünf Weltmeisterschaftstitel. Erst Michael Schumacher und Lewis Hamilton konnten diese Bestmarke überbieten. Während die beiden letztgenannten Fahrer allerdings bereits auf zahlreiche Hilfsmittel zurückgreifen konnten, waren die Boliden in den 50ern noch pur-mechanisch. Zudem gab es außer einer Helmschale und einer Fliegerbrille kaum sicherheitsrelevante Komponenten. Selbst Sicherheitsgurte waren damals noch nahezu unbekannt. Entsprechend beeindruckt ist die heutige Fahrergeneration, wenn sie einmal die Gelegenheit bekommt, ein altes Rennauto zu fahren. Fangio gewann in 51 Formel-1-Rennen 24-mal. Diese Siegquote wurde niemals übertroffen. Zudem war es damals noch normal, dass Formel-1-Fahrer an ihren freien Wochenenden an anderen Autorennen teilnahmen.
Fangio wurde ohne Führerschein Weltmeister
Fangio fuhr mit Sportwagen bei der Targa Florio und der Mille Miglia. Während er bei den 12 Stunden von Sebring bei drei Starts zweimal den Gesamtsieg holen konnte, war ihm in Le Mans kein Glück vergönnt. Dort trat er viermal an und kam nie ins Ziel. Es war auch ein Sportwagenrennen, das zu einer ungewöhnlichen Randgeschichte führte. Im Februar 1958 weilte die Sportwagenelite auf Kuba, wo auf Einladung von Fulgencio Batista ein Rennen stattfinden sollte. Movimento 26 de Julio (die Bewegung des 26. Juli) unter Fidel Castro entführte Juan Manuel Fangio und hielt ihn bis zum Folgetag gefangen. Allerdings behandelte man ihn nach eigenen Angaben sehr gut. Im gleichen Jahr gab Fangio seinen Rücktritt bekannt. Allerdings fuhr er noch einige Jahre in Oldtimerrennen mit. In seiner Heimat Argentinien legte er 1961 endlich seine Fahrprüfung ab und erhielt damit einen offiziellen Führerschein. Tatsächlich war der fünfmalige Weltmeister zuvor ohne unterwegs.




























300 SL als Geschenk von Mercedes-Benz
Juan Manuel Fangio blieb Zeit seines Lebens der Marke Mercedes-Benz als Botschafter verbunden. Immerhin hatte er mit dem W196 und dem 300 SLR diverse Rennen gewonnen. Bereits vor seiner Motorsportkarriere hatte sich Fangio mit Fahrzeugen von General Motors in Buenos Aires einen Namen gemacht. 1951 übernahm er den Vertrieb von Mercedes-Benz in der argentinischen Hauptstadt. Neben einigen Autohäusern leitete er in den 1960er Jahren ein neues Mercedes-Motorenwerk in Argentinien und wurde 1974 Präsident der Mercedes-Benz Argentina S.A. Zu seinem Ausscheiden aus der aktiven Rennfahrerszene erhielt Juan Manuel Fangio von Mercedes-Benz einen neuen 300 SL Roadster als Geschenk. Mit seinem hellblauen Lack und der cremefarbenen Lederausstattung erinnerte die Konfiguration farblich an die argentinische Flagge. Der Sportwagen kam pünktlich zu seinem 47. Geburtstag am 24. Juni 1958 am Dorchester Hotel in London an, wo Fangio residierte.
1960 nach Argentinien verschifft
Der Wagen erhielt ab Werk ein in Wagenfarbe lackiertes Hardtop. Dieses ließ Fangio jedoch häufig daheim. Stattdessen konnte er häufig am Steuer des offenen 300 SL beobachtet werden. Nahezu die komplette aktuelle Laufleistung von 72.951 Kilometern legte er selbst mit dem Sportwagen zurück. Dabei waren er und der Mercedes viel unterwegs. Nach der Auslieferung in London machte er sich mit seiner damaligen Freundin Andrea Berruet auf eine Tour durch Europa. Dort verblieb das Auto bis März 1960. Anschließend ließ Fangio den 300 SL Roadster nach Argentinien verschiffen. Um dabei Einfuhrzollabgaben zu vermeiden, deklarierte er das Auto als „Trophäe“. 1963 schickte er einen seiner fähigsten Mechaniker nach Stuttgart, um dort alle Besonderheiten des 300 SL kennenzulernen. Nur er durfte anschließend die Service-Arbeiten durchführen. Fangio und seinen Sportwagen sah man in ganz Südamerika.


























Markenbotschafter für YPF
Neben seiner Rolle als Markenbotschafter für Mercedes-Benz erfüllte Juan Manuel Fangio auch einen Beratervertrag der argentinischen Mineralölfirma YPF. Entsprechend tauchte er auch bei Neueröffnungen von Tankstellen mit dem 300 SL Roadster auf. Ein spezieller Kraftstoff erhielt den Namen „Fangio XXI“. Als die Argentinierin Silvana Suárez 1978 zur Miss World gekrönt wurde, chauffierte Fangio sie im offenen 300 SL durch die Straßen von Buenos Aires. Zudem standen Fahrer und Auto wohl mindestens zweimal bei den 1000 Milas, einem Langstreckenrennen durch Argentinien am Start. 1995 verstarb Juan Manuel Fangio im Alter von 84 Jahren. Sein Name ist bis heute eng mit Mercedes-Benz verbunden. Zudem setzte ihm sein Landsmann Horacio Pagani mit dem Zonda F (F für Fangio) ein automobiles Denkmal. Seinen 300 SL hatte Fangio bereits 1986 als Exponat im Juan Manuel Fangio Museum in Balcarce abgestellt.
Verkauf aus erster Hand
Dort stand das Fahrzeug viele Jahre zusammen mit weiteren Autos aus dem Besitz des berühmten Rennfahrers. Ohne jemals restauriert worden zu sein, darf dieser 300 SL stolz seine Patina zeigen. Natürlich sind die Lederbezüge nach über 63 Jahren gerissen und auch am Armaturenbrett ist deutlich zu sehen, wo Fangios Knie oft aneckte. Einzigartig sind der von ihm montierte Schalthebel und ein Aufkleber der UPPI, einer Fahrergewerkschaft, die er mitbegründete. Nach vielen Jahren des Stillstands steht der 300 SL Roadster nun bei RM Sotheby’s zum Verkauf. Das originale Hardtop und ein im gleichen cremefarbenen Leder gefertigter Koffer gehören dabei zum Lieferumfang. Tatsächlich erhält der nächste Besitzer die Chance, seinen Namen als zweites in den Fahrzeugpapieren eintragen zu lassen. Zum aufgerufenen Preis machte RM Sotheby’s bislang keine Angaben.
Bilder: RM Sotheby’s, Tim Scott, Familie Fangio