Maserati Tipo V4
Vor dem Zweiten Weltkrieg stellte Maserati fast ausschließlich Rennfahrzeuge her. Wenige Ausnahmen erhielten eine Straßenzulassung, dienten ihren Besitzern aber zumeist ebenfalls am Wochenende als Rennauto. Am 15. September 1929 debütierte als Krönung aller bisherigen Modelle der Tipo V4 auf dem Autodromo di Monza mit Alfieri Maserati am Steuer. Im Gegensatz zu vorherigen Konstruktionen wollte Maserati hiermit ein Statement setzen. Unter der Motorhaube saß ein vier Liter großer V16-Motor mit einem Bankwinkel von 25 Grad. Hierfür kombinierte man zwei Tipo-26B-Reihenachtzylinder in einem gemeinsamen Kurbelgehäuse, allerdings mit zwei Kurbelwellen. Jede Zylinderbank erhielt eine eigene Magnetzündanlage und eigene Vergaser mit Kompressoren. Der Name V4 stammte also nicht von einem Vierzylinder-Triebwerk in V-Bauweise, sondern von der V-Anordnung der 16 Zylinder in Kombination mit vier Litern Hubraum. Je nach Quelle leistete dieses Triebwerk 280 bis 305 PS, die über ein manuelles Viergang-Getriebe auf die Hinterräder gelangten. Als Höchstgeschwindigkeit nennt Maserati einen Wert von 260 km/h.
Nur zwei Wochen, nachdem Alfieri Maserati beim Debütrennen auf Rang sechs ins Ziel kam, gab es den ‚Giornata dei record‘, ein gezeitetes Rennen über zehn fliegende Kilometer, für das ein 17 Kilometer langer Teil der alten Autobahn 10 nordöstlich von Cremona gesperrt wurde. Heute ist diese Fahrbahn Teil einer Landstraße. Drei Kilometer vor der Startlinie dienten dem Einfahren, drei Kilometer hinter der Ziellinie als Bremszone. Die bis heute gültigen Regularien erforderten es für Rekordversuche, die abgesperrte Strecke innerhalb einer Stunde in beide Richtungen zu befahren. Werksfahrer Mario Umberto ‚Baconìn‘ Borzacchini legte den ersten Teil, der leicht bergauf führte, in 2:25,20 Minuten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 247,933 km/h zurück. Interessanterweise benötigte er bergab mit 2:27,40 Minuten etwas länger und erreichte dabei nur 244,233 km/h im Durchschnitt. Damit ergab sich zusammengerechnet eine Durchschnittszeit von 2:26,30 Minuten mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 246,069 km/h. Dies war ein neuer Weltrekord für die internationale Klasse C für Fahrzeuge zwischen drei und fünf Litern Hubraum.
Um diesen außergewöhnlichen Erfolg würdig zu feiern, veranstaltete der italienische Automobilclub ein Dinner in Bologna, zu dem neben den berühmtesten Rennfahrern aus Italien auch die städtischen Würdenträger und Enzo Ferrari kamen. Der nutzte die Gelegenheit und warb die beiden reichen Unternehmer Alfredo Caniato und Mario Tadini als Finanziers für sein geplantes Rennteam, die Scuderia Ferrari an. Ferrari und Maserati hatten also bereits Berührungspunkte lange bevor der Fiat-Konzern beide Marken unter einer Leitung zusammenführte.
Bilder: Maserati