Lamborghini Diablo GT

Lamborghini erlebte in den 1970er und 80er Jahren diverse Höhen und Tiefen. Immer wieder entging man nur um Haaresbreite der endgültigen Pleite indem neue Geldgeber den angeschlagenen Sportwagenproduzenten kauften. Ab 1987 schien ein wenig Ruhe einzukehren, als mit dem Chrysler Konzern endlich ein großer Autobauer das Ruder übernahm. Die Ingenieure in der Fahrzeugentwicklung konnten sich auf die Arbeiten am Countach-Nachfolger P132 konzentrieren, der bereits seit 1985 Formen annahm, aus finanziellen Gründen jedoch noch nicht fertiggestellt werden konnte. Marcello Gandini konnte erneut als Designer gewonnen werden. Allerdings lieferte er einen Entwurf aus der gleichen Schublade ab, aus der er zuvor bereits Kopien an die neue Sportwagenfirma Cizeta geliefert hatte. So ähnelten sich deren V16T und der 1990 debütierende Lamborghini Diablo schließlich mehr als gewünscht. Immerhin nutzte die Marke aus Sant’Agata weiterhin ihren bekannten V12-Saugmotor, der in seinen Grundzügen immer noch auf dem Triebwerk aus dem 350 GT basierte und im Diablo auf 5,7 Liter Hubraum vergrößert werden konnte. Damit standen 362 kW/492 PS und ein maximales Drehmoment in Höhe von 580 Newtonmetern bereit. Erstmals in der Markengeschichte überstieg die Höchstgeschwindigkeit 325 km/h. Im Gegensatz zum Rohrrahmen des Countach nutzte man für den des Diablo Vierkant- statt Rundrohre. Für die Gestaltung des Interieurs zeichneten Designer von Chrysler verantwortlich.

Im Laufe der Jahre gab es diverse limitierte Sondermodelle, sportliche Ableger und den offenen Roadster mit einem Kunststoffdach, das auf der Motorhaube mitgenommen werden konnte. Zudem erhob man den 1993 erst parallel angebotenen Allradantrieb VT (Visco Traction) bald zur Serienausstattung. 1998 übernahm die Audi AG die wieder einmal finanziell angeschlagene Marke vom indonesischen Konzern MegaTech, der vier Jahre lang die Geschicke von Lamborghini geleitet hatte. In dieser Zeit hatte man auch den Canto als möglichen Nachfolger des Diablo mit einer Karosserie von Zagato fast serienreif entwickelt. Nach einem Besuch aller Vorsitzenden des Volkswagen Konzerns anlässlich der Feierlichkeiten zum 35-jährigen Bestehen von Lamborghini in Sant’Agata, in deren Verlauf der Canto hinter verschlossenen Türen präsentiert worden war, wurde das Projekt jedoch beendet. Gerüchteweise gefiel der Wagen dem damaligen Konzernchef Ferdinand Piëch weder optisch noch technisch, weshalb er eine Modellpflege des Diablo und die Neuentwicklung eines eigenständigen Nachfolgemodells in Auftrag gab. Hierzu schoss der VW Konzern rund 155 Millionen Euro zu, die letztlich nicht nur für die Arbeiten am späteren Lamborghini Murciélago genutzt wurden, sondern auch für den Bau des Werksmuseums nebst Showroom und die Erweiterung des Entwicklungszentrums.

1999 debütierte der rundum überarbeitete Diablo, der nun fest verbaute Scheinwerfer unter Glasabdeckungen anstelle der vorherigen Klappscheinwerfer und neu gestaltete Rückleuchten trug. Zudem zeigte Lamborghini auf dem Genfer Autosalon mit dem GT eine neue straßenzugelassene Topversion, bei deren Entwicklung diverse Erkenntnisse aus dem GT-Sport eingeflossen waren. So erhielt der Wagen eine neue Frontschürze mit größeren Lufteinlässen für den dahinter liegenden Ölkühler, eine vordere Haube mit V-förmig hervorgehobenem Luftauslass, um die heiße Abluft des Kühlers schnellstmöglich nach außen zu transportieren und einer Dachhutze, um das auf sechs Liter vergrößerte V12-Triebwerk besser anzuströmen. Hinzu kamen verbreiterte Kotflügel, neue Seitenschweller, ein breiter Heckflügel und eine zum Diffusor umgestaltete Heckschürze. Diese Anbauteile sowie einige weitere Teile bestanden aus Kohlefaser. Vom normalen Diablo übernahm man lediglich die Rohkarosserie mit Dach sowie die nach oben und vorn öffnenden Scherentüren. Dank des modifizierten Motors standen 423 kW/575 PS und 630 Newtonmeter bereit, um über ein manuelles Fünfgang-Getriebe auf die Hinterräder zu gelangen. Der Verzicht auf angetriebene Vorderräder sparte zusammen mit anderen Maßnahmen einiges an Gewicht ein und ermöglichte damit die Höchstgeschwindigkeit von 338 km/h.

Insgesamt entstanden lediglich 80 durchnummerierte Kundenfahrzeuge und drei Prototypen des Lamborghini Diablo GT. RM Sotheby’s bietet am 30. November in Abu Dhabi die Nummer 73 im Rahmen einer Automobilauktion an. Ursprünglich lieferte die Garage R. Affolter in Porrentruy/Schweiz dieses im Farbton ‚Black Rage‘ (schwarz) lackierte Fahrzeug im September 2001 an einen Moskauer Kunden aus. Dort verblieb der Diablo bis 2015 und gelangte dann über Lamborghini Spanien in Madrid an die Südküste des Landes. Rund ein Jahr später kaufte der heutige Besitzer den Wagen. Dieser beinhaltet nun neben den ab Werk verbauten Standardsitzen in schwarzem und gelben Leder auch das optionale Autoradio, das originale Bordwerkzeug und die Betriebsanleitungen. Bisher machte RM Sotheby’s noch keine Angaben zum erwarteten Zuschlagspreis.

Bilder: RM Sotheby’s, Ahmed Qadri