Isotta Fraschini 8A Landaulet
Dass wir bei Secret Classics ein Herz für seltene Autos und lang vergessene Autohersteller haben, dürfte unseren Stammlesern bereits aufgefallen sein. Vermutlich sind Sie aus diesem Grund auch gerade hier – vielleicht aber auch einfach, um etwas dazuzulernen. Die Geschichte des Automobils ist reich an Raritäten und im Laufe der mehr als 130 Jahre seit der Patentierung des Motor-Wagens gab es weltweit immerhin über 10.000 Marken, die sich in diesem Bereich mehr oder weniger erfolgreich betätigten. Also mehr als genügend Material, um hier noch die eine oder andere Anekdote in unserem Onlinemagazin vorzustellen. Über Isotta Fraschini berichteten wir bereits im vergangenen August. Dennoch sind diese italienischen Fahrzeuge faszinierend genug, um ein weiteres Mal einen Tipo 8A in unser virtuelles Rampenlicht zu schieben.
Nachdem die Brüder Antonio, Oreste und Vincenzo Fraschini gemeinsam mit Cesare Isotta 1899 in Mailand die ‚Fabbrica Automobili Isotta Fraschini Milano‘ begründet hatten, gingen sie anfänglich nur daran, aus in Kisten angelieferten Einzelteilen in Lizenz verschiedene Modelle von De Dion und Renault zu komplettieren. 1903 starteten sie eine eigene Automobilproduktion mit selbst entwickelten Fahrzeugen. Dabei konzentrierte sich die Marke besonders auf den Luxussektor, beteiligte sich aber auch an Autorennen wie der Targa Florio. Im Ersten Weltkrieg fertigte man hauptsächlich Flugzeugmotoren, wodurch man für die Nachkriegszeit diverse Erkenntnisse gewann, die zum Bau eines eigenen Reihenachtzylindermotors für große Limousinen angewendet wurden. 1924 folgte auf diesen Tipo 8 der neue Tipo 8A, der als Mitbewerber mit großen Marken wie Cadillac, Rolls-Royce, Hispano-Suiza, Duesenberg, Horch und Maybach in einem Atemzug genannt wurde.
RM Sotheby’s versteigert im Rahmen der Retromobile in Paris Anfang Februar das älteste bekannte Exemplar des Tipo 8A. Für den Karosserieaufbau lieferte Isotta Fraschini das Fahrgestell mit der Nummer 655 an die damals sehr renommierte Firma von Cesare Sala in Mailand. Hier entstand ein elegantes Landaulet, also eine Chauffeurslimousine bei der der Fahrer im Freien sitzt, während die Passagiere in einem edel ausgestatteten Abteil dahinter Platz nehmen. Als frühes Fahrzeug der 8A-Serie zeigt dieser Wagen noch viele Ähnlichkeiten zum Vorgängermodell Tipo 8, beispielsweise die einzelnen Stoßstangen, die Form der Kotflügel oder die Lüftungsöffnungen auf der Motorhaube im nautischen Design.
Erster Besitzer dieses Tipo 8A war Filippo Balzari, Besitzer des Hotel Metropole et Monopole in Mailand. Am 29. September 1927 ließ er das Fahrzeug erstmals auf das Kennzeichen MI 11753 zu. Durch einen Umzug nach San Remo, wo Balzari zusätzlich das Hotel Excelsior Bellevue Palace besaß, erfolgte am 2. Juli 1936 eine Ummeldung auf das Kennzeichen IM 4151. Nach dem Zweiten Weltkrieg, den der Isotta Fraschini unbeschadet überstanden hatte, meldete Balzari das Auto als Mietwagen für das Hotel an. Am 16. Juli 1958 verkaufte er den Wagen schließlich zurück an Isotta Fraschini, die eine optische Überarbeitung zurück zum Auslieferungszustand beim Karosseriebauer Carrozzeria Riva veranlasste. Im Laufe der folgenden Jahre wandelte sich die einstige Autofirma Isotta Fraschini zu Mec-Fin SpA, dann zu Finmeccanica. Bis 2017 behielt man den Tipo 8A Landaulet als Erinnerung an die Ursprünge der Firma. Der aktuelle, erst dritte Besitzer des Wagens schickte ihn nach seinem Kauf zu RM Auto Restoration, wo unter anderem die Vergaser und die Wasserpumpe überarbeitet wurden. Gleichzeitig wechselte man alle Flüssigkeiten und tauschte Dichtungen aus, wo es nötig war. Neue Reifen und Bremsbeläge sorgen dafür, dass der Isotta Fraschini weiterhin für Ausfahrten genutzt werden kann. RM Sotheby’s erwartet einen Zuschlagspreis zwischen 400.000 und 550.000 €.
Bilder: RM Sotheby’s, Tim Scott