Fiat 8V
Fiat und Sportwagen, das geht für die meisten Autofans nicht zusammen. Üblicherweise kennt man die italienische Marke eher für Kleinwagen bis hin zu Mittelklassemodellen sowie Nutzfahrzeuge. Die kurze Episode des Sportwagenbaus dauerte lediglich drei Jahre in den frühen 1950ern. Ursprünglich plante man die Einführung einer Oberklasse-Limousine mit Sechszylinder-Triebwerk. Allerdings verwarf Chefkonstrukteur Dante Giacosa erst einen Reihensechszylinder, dann einen V6 und schließlich einen V8 mit 90° Winkel zwischen den Zylinderbänken, um schließlich bei einem V8-Triebwerk mit 70° Winkel zu landen, den er mit einem Aluminiumblock und Aluminiumzylinderköpfen zur Serienreife brachte. Zeitgleich baute Pininfarina im Werksauftrag den Tipo 104 als große Limousine auf, die jedoch zu schwer und zu sperrig geriet und daher alsbald verworfen wurde. Stattdessen erhielt Giacosa den Entwicklungsauftrag für einen Sportwagen passend zum V8-Motor. Gemeinsam mit Siata entstand das Fahrgestell, auf das neben Werkskarosserien auch Aufbauten externer Firmen gesetzt werden konnten.
Auf dem Turiner Autosalon 1952 debütierte der Sportwagen schließlich als Fiat 8V (Otto Vu). Bis heute ist nicht ganz klar, ob dieser Name grundsätzlich beabsichtigt war oder leitende Fiat-Mitarbeiter davon ausgingen, dass die Bezeichnung ‚V8‘ in den USA geschützt sein könnte. Sowohl die Chassis als auch die Werkskarosserien entstanden überwiegend in der Entwicklungsabteilung in Handarbeit, wodurch es nie zu großen Stückzahlen kam. Nach lediglich 114 Exemplaren endete die Fertigung bereits wieder. Trotz drei Ausbaustufen des V8-Motors und diversen edlen Karosserien hielt sich der Imagezuwachs daher in Grenzen, weshalb es auch gut zu erklären ist, dass heutzutage nur noch ausgewiesene Experten vom Fiat Sportwagen wissen. Dafür erzielen die seltenen Fahrzeuge inzwischen auf Auktionen gute Preise, da Autosammler in aller Welt diese Raritäten suchen.
Beim französischen Auktionshaus Artcurial kommt nun am 27. Oktober im Rahmen der Automobiles sur les Champs Versteigerung in Paris einer der ältesten Fiat 8V unter den Hammer. Dieses Fahrzeug zeigt die frühe Version der Werkskarosserie, die von Dante Giacosa und Fiats Chefdesigner Fabio Luigi Rapi gemeinsam im Windkanal entwickelt wurde. Mit Blick auf die damals noch jährlich als Rennen auf Bestzeit stattfindende Mille Miglia versuchte man dem 8V mit einer möglichst guten Aerodynamik mehr Höchstgeschwindigkeit zu entlocken. Tatsächlich erreichte das Fahrzeug mit der Rapi-Karosserie bis zu 204 km/h in der Spitze. Zur besseren Gewichtsverteilung versetzte man zudem den Beifahrersitz im Vergleich zum Fahrerplatz um 20 Zentimeter nach hinten. Im motorsportlichen Bereich blieb es jedoch einzig beim Gewinn der 2-Liter-Klasse der italienischen Sportwagenmeisterschaft 1954. Mehr Erfolge fuhr der 8V in seiner kurzen Laufzeit nicht ein.
Mit der frühen Rapi-Karosserie liefen 34 Fahrzeuge vom Band, von denen fünf später von anderen Karosseriebauern umgestaltet, zwei teilweise modifiziert und einer auf die zweite Rapi-Version umgebaut wurden. Der Verbleib von acht dieser Autos ist unbekannt und fünf wurden bei Unfällen zerstört. Somit existieren heute noch 13 bekannte Erstserien-Fahrzeuge. Artcurial bietet nun das sechste Serienauto an, dass nach dem Aufbau von sechs Vorserienexemplaren entstand. Nach heutiger Kenntnis ist es der drittälteste 8V, der weltweit noch existiert. Am 9. März 1953 lieferte der Fiat-Händler in Turin diesen Wagen aus, der bis heute in seiner originalen Konfiguration erhalten geblieben ist. 1961 wechselte dieser 8V nach Großbritannien, wo er 1989 nach diversen Besitzerwechseln restauriert wurde. Zwischen 2001 und 2009 nahm der damalige Besitzer fünfmal mit diesem Fiat an der Mille Miglia und zweimal an der Tour Auto teil. Auch der noch aktuelle Besitzer fuhr diesen 8V bei einer Mille Miglia. Nun erwartet Artcurial einen Zuschlagspreis zwischen 1.100.000 und 1.300.000 Euro.
Bilder: Artcurial, Peter Singhof