Carrera RS Buch

Nicht nur hartgesottenen ‚Porschephiles‘ ist die Erstauflage dieses Werkes ein Begriff: „Carrera RS“ (gemeint ist der 1973er Carrera RS 2.7) setzte 1992 neue Maßstäbe für eine Baumuster-Monographie. In limitierter Auflage erschienen, war das Werk trotz selbstbewusster Preisgestaltung bald vergriffen und avancierte mangels Neuauflage zum gesuchten must-have.

Der Rezensent erinnert sich noch gut an die Suche nach einem gebrauchten Exemplar und seine Stehfrisur angesichts der dafür aufgerufenen vierstelligen Summen, gern mit einer ‚2‘ vorne. Tempi passati: Christoph Mäder hat mit dem Verlag T.A.G. Motorbooks eine sorgfältig überarbeitete, erweiterte und von seiner versierten Hand neu gestaltete Re-Edition aus der Taufe gehoben. Inhaltlich federführend waren, wie schon beim Erstling, Dr. Georg Konradsheim und Dr. Thomas Gruber. In Zusammenarbeit mit dem Porsche-Werksarchiv flossen viel neues Detailwissen und reichlich exklusives Bildmaterial ein, was den schon umfangsstarken Urahn nun zum vier-Kilo-Folianten schwellen ließ. Und das ohne Füllsel oder Redundanzen: Die Faktenfülle des Bandes ist mit dem Begriff ‚lückenlos‘ bestens charakterisiert.

Einleitend findet sich ein umfangreiches Kapitel zur Historie des ‚Adelstitels‘ Carrera, dann steigen Konradsheim und Gruber im ‚Porsche-Mittelalter“ ein und leiten Vorgeschichte, Planung und Entstehung des RS 2.7 anhand diverser Modelle und deren historischer Einordnung her. Das wirft übrigens ganz nebenher in Matrjoschka-Manier noch eine umfängliche Darstellung des Porsche 916 ab, die in ihrer Tiefe und Präzision ein eigenes Büchlein gerechtfertigt hätte. Die folgenden 330 Seiten drehen sich dann ganz ums Eingemachte: Der RS 2.7 wird vom Produktionsprozess über technische Details (gegliedert in einzelne Kapitel je Baugruppe) über Ausstattungen, Sondermodelle, Vermarktung und Sporteinsätze regelrecht geröntgt.

Schmankerln wie die auf sieben Seiten datumsgenau aufgelisteten Modelländerungen während der Produktionszeit und der Appendix mit Fahrgestell-, Getriebe- und Motornummern (Stichwort ‚matching numbers‘), machen das Werk für Händler und Restauratoren auch sehr praktisch nutzbar: Da diese Informationen durch die Zusammenarbeit mit dem Werk offiziösen Charakter haben, sind ohne hohe kriminelle Energie gebastelte Fälschungen des derzeit kaum unter 500.000 € angebotenen Klassikers im Handumdrehen enttarnt. Auch Modellbaufreunde können sich fleißig bedienen: Aus den rund 100 verschiedenen, im Handel und auf Modellautobörsen verfügbaren 1/43ern der Straßenversion lassen sich nach Lektüre der Abschnitte zu Farben und Dekoren einige mühelos als Fantasie-Kreationen (oder, bei gutem Willen, als über das Porsche-Sonderwunschproramm entstanden) einordnen, und die Vorbilder der etwa 180 Miniaturen der mit Code M491 entstandenen Sportversion RSR 2.8 finden sich vielfach im über 90 Seiten starken, reich bebilderten Kapitel ‚Sport‘.

Faszinierend, wie es Autoren und Gestaltern gelungen ist, aus all dem statt eines staubtrockenen Lexikons eine gelungene Synthese aus Nachschlagewerk, Lesebuch und Prachtband zu zaubern. Nicht ganz preisgünstig, aber mehr als preiswürdig!

Bilder: T.A.G. Verlag

Dr. Georg Konradsheim, Dr. Thomas Gruber
T.A.G. Verlag, Wien, 2015
433 Seiten
ISBN 9783950491104
Preis 438 €

Direktvertrieb beim T.A.G. Verlag