AC 428
Wie ersetzt man eine Sportwagenikone? Vor diesem Problem stand Mitte der 1960er Jahre AC Cars in Großbritannien. Bekannt wurde die kleine Marke durch den Ace und den Aceca, die als Basis für die von Carroll Shelby entwickelte Cobra dienten. Letztere fuhr zahlreiche Rennsiege in aller Welt ein. Aber irgendwann ist die Zeit jeder noch so guten Konstruktion vorüber und ein Nachfolgemodell ist vonnöten. So auch bei AC. Man verlängerte das bewährte Fahrgestell der knapp geschnittenen Cobra Mark III geringfügig um 15 Zentimeter, um für mehr Platz im Interieur zu sorgen. Aus der Partnerschaft mit Ford bezog man weiterhin V8-Triebwerke. Aus sieben Litern Hubraum standen zunächst 287 kW/390 PS zur Verfügung. Nach wenigen Exemplaren stieg der Hubraum um 17 Kubikzentimeter, wobei die Leistung jedoch auf 257 kW/349 PS sank. Ziel war ein luxuriöser Sportwagen als Antwort auf Jensen, Aston Martin und Bristol, die in Großbritannien inzwischen entsprechende Fahrzeuge anboten.
Design von Pietro Frua
Im Gegensatz zu bisherigen Modellen übergab AC Cars das Styling des neuen Fahrzeugs konsequent an italienische Fachleute. Zuvor hatten hauseigene Designer einen offenen Prototypen namens MA-200 gestaltet, der jedoch bei der Geschäftsleitung nicht gut ankam. Nachdem man zuerst bei Bertone angefragt hatte, entschied man sich letztlich für das Designbüro von Pietro Frua. Dort unterschrieb man im April 1965 einen entsprechenden Vertrag. Nur sechs Monate später debütierte bereits ein erster Prototyp des AC 428 als zweisitziges Convertible auf der London International Motor Exhibition. Anderthalb Jahre danach, im März 1967, stand auf dem Genfer Autosalon auch die Coupé-Version Fastback. Beide erinnern bereits auf den ersten Blick an weitere Fahrzeuge aus dem Hause Frua, wie beispielsweise den Monteverdi 375 High Speed oder den Maserati Mistral. Tatsächlich blieben einige Details des MA-200 dabei erhalten. Je nach Kundenwunsch variierten die verbauten Chromstoßstangen und die Positionen der Blinkleuchten sowie die Anordnung der Knöpfe innen.
Produktion von 1966 bis 1973
Erste Exemplare des AC 428 rollten ab Ende 1966 zu den Händlern. Dabei handelte es sich noch ausschließlich um Convertibles. Das Coupé erschien rund ein halbes Jahr später. Durch das komplizierte Fertigungsverfahren waren die Verkaufspreise deutlich höher als zuvor bei Ace und Aceca. Sie lagen auf einem Level mit denen von Aston Martin. Rollfähige Fahrgestelle gingen von AC Cars in Thames Ditton per Bahnfracht nach Italien, wo Frua die Karosserien herstellte und auf die Chassis setzte. Anschließend gingen die Autos per Bahn zurück nach England zur Endmontage. Neben den Farben für Karosserie und Interieur hatten die Kunden auch die Wahl zwischen einem manuellen Viergang-Getriebe und einer Dreistufenautomatik, wobei letztere häufiger bestellt wurde. Im Sommer 1973 endete die Produktion hauptsächlich durch den Einbruch des Sportwagenmarktes im Zuge der Ölkrise. Allerdings war wohl selbst bei AC niemand böse um diesen Fertigungsstopp.
AC 428 Convertible bei RM Sotheby’s
Bis zu diesem Zeitpunkt waren lediglich zwischen 49 und 51 Fastback Coupés und 29 oder 30 Convertibles (je nach Quelle) gebaut worden. Hinzu kamen drei Fahrzeuge mit nicht näher bezeichneten Sonderaufbauten. Insgesamt 61 Wagen rollten mit dem Lenkrad auf der rechten Seite aus der Produktionshalle. Entsprechend selten kommen diese Fahrzeuge heutzutage auf den Markt. Umso erstaunlicher ist es, dass sowohl RM Sotheby’s als auch Bonhams im Rahmen der Monterey Car Week im August einen AC 428 anbieten. Bei RM Sotheby’s steht das rote Convertible von 1968 aus unserer ersten Bildergalerie zum Kauf bereit. Erstbesitzer war Rob Walker, der in den 1950er und 1960er Jahren ein Formel-1-Team betrieb und aus der Familie des Whiskyherstellers Johnny Walker stammte. Im Laufe der Jahre erhielt dieser Wagen eine Umlackierung auf das heute sichtbare Rot, einen Austauschmotor und eine nachgerüstete Klimaanlage. Seit einigen Jahren gehörte der AC nun zur Sammlung von Jim Feldman.
AC 428 Fastback bei Bonhams
Bonhams bietet daneben einen AC 428 Fastback von 1971 an. Bei diesem späteren Modell kann man vor allem im Interieur diverse Veränderungen entdecken. Über die ersten Jahre dieses Autos ist nichts bekannt. 1985 fand ein Export aus der Schweiz über den Seehafen Antwerpen in Belgien nach Portland/Oregon statt. Dort landete das Auto in der Garage von Jim Feldman, jenem Gentleman, dem auch das rote Convertible weiter oben gehörte. 1997 verkaufte er das silberne Coupé an den aktuellen Besitzer, der es bereits 1985 erstmalig in der Feldman Collection gesehen hatte. Dank einer umfangreichen Auffrischung von Karosserie, Innenraum und Technik, die 2015 durchgeführt wurde, steht der 428 heute bestens da. Zum Auto gehört eine umfangreiche Dokumentation inklusive Literatur, Fotografien und Werkstattrechnungen sowie einem seltenen Originalprospekt. Bei der Auktion am 13. August erwartet Bonhams einen Zuschlagspreis zwischen US$ 150.000 und US$ 200.000. RM Sotheby’s gab für das Convertible noch keine Preisvorstellung an.
Bilder: RM Sotheby’s, Josh Bryan, Bonhams