70 Jahre Volkswagen T1

Im März 1950 begann bei Volkswagen die Produktion des Typ 2 mit Antriebstechnik des Käfer (Typ 1). Erstmals tat sich mit diesem Fahrzeug die Möglichkeit auf, einen VW für die ganze Familie zu erwerben. Zudem taugte dieses Fahrzeug auch für große Transporte und erschien im Laufe der Jahre in einer Vielzahl von Karosserievarianten für verschiedenste Einsatzzwecke.

Vorgeschichte

Nachdem Ferdinand Porsche den Volkswagen fertig entwickelt hatte begann bekanntlich der Zweite Weltkrieg. In dieser Zeit liefen mit Kommandeurswagen, Kübelwagen und Schwimmwagen ausschließlich militärische Varianten vom Band. Nach Kriegsende sollte das Werk in Wolfsburg eigentlich demontiert und als Reparaturleistung an die britische Autoindustrie übergeben werden. Allerdings wollte dort niemand die kompakte Heckmotorkonstruktion und die dazu gehörenden Presswerkzeuge haben. Der damals gerade einmal 29-jährige Ivan Hurst erhielt als britischer Major den Auftrag, die Demontage voranzutreiben. Stattdessen erkannte er jedoch die Bedeutung des VW-Werks für die Wiedermotorisierung Deutschlands und der militärischen Einrichtungen der Alliierten. Um die Produktion wieder aufnehmenzukönnen, lieh er sich Gabelstapler und Transporter bei der Armee aus, die aber immer wieder abberufen und woanders eingesetzt wurden.

Vom Plattenwagen zum T1

Aus übrig gebliebenen Komponenten des Kübelwagens entstanden daraufhin im Werk einige spezielle Transportfahrzeuge, bei denen der Fahrer hinten über dem Motor saß und vorn eine große Plattform bereitstand. Die Produktionsmitarbeiter tauften dieses Gefährt bald ‚Plattenwagen‘. 1947 besuchte der spätere niederländische VW-Importeur Ben Pon das Wolfsburger Werk und sah dort die Plattenwagen. Er erkannte deren Nützlichkeit und erwog eine kommerzielle Version für die Niederlande, konnte die dortigen Behörden jedoch nicht von einer Straßenzulassung überzeugen. Daher kam er anschließend auf die Idee eines geschlossenen Transporters, bei dem der Fahrer vor der Vorderachse sitzen sollte, während der Boxermotor im Heck verblieb. Sein Konzept sah eine Zuladung von bis zu 750 Kilogramm vor. Nachdem Heinrich Nordhoff 1948 zum ersten Nachkriegschef in Wolfsburg berufen wurde, ging Pon’s Konzept unter Entwicklungsleiter Alfred Haesler ins Prototypenstadium.

Nordhoff entschied über das Design

Zur damaligen Zeit hatten Autohersteller noch keine eigene Designabteilung. So erschufen die Konstrukteure häufig auch gleich die Formen eines Autos. Alfred Haesler erstellte zwei unterschiedliche Varianten, einmal mit flacher und einmal mit gewölbter Frontpartie. Nordhoff gefiel die rundliche Form mit zweigeteilter Windschutzscheibe besser. Durch Windkanaltests mit maßstabsgerechten Modellen konnte der cW-Wert von ursprünglich 0,75 auf 0,45 gesenkt werden. Zugleich fügte Haesler mit seinem Team die charakteristische Spitze als Blechfalz ein, die bei späteren Luxusversionen als Trennlinie für die Zweifarblackierung diente. Anstelle des ursprünglich geplanten Käfer-Fahrgestells mit Zentralrohrrahmen mussten die Ingenieure nach ersten enttäuschenden Testfahrten eine neue Bodengruppe mit zwei Längsträgern entwickeln. Auf diese Basis schweißte man die Karosserien auf.

Weiterentwicklung bei Porsche

Bei den ausschließlich nachts durchgeführten Testfahrten mit den Prototypen stellte sich auch heraus, dass der vom Typ 1 (Käfer) übernommene Vierzylindermotor mit der höheren Belastung eines voll beladenen Transporters überfordert war. Daher wandte man sich an jene Firma, die diesen Motor entwickelt hatte: Porsche. Dort erzielte man durch kleinere Maßnahmen eine höhere Zuverlässigkeit unter Last. Es blieb jedoch bei 18 kW/25 PS aus 1,1 Litern Hubraum. Vom Kübelwagen Typ 82 übernahm man die Hinterachse mit Vorgelege. Dazu kam eine kürzere Getriebeübersetzung. Diese sorgte zwar für bessere Beschleunigungswerte, reduzierte aber auch die Höchstgeschwindigkeit auf rund 80 km/h. Am 12. November 1949 präsentierte Volkswagen den intern ‚Typ 2‘ genannten Transporter erstmalig einigen Journalisten. Die Produktion begann jedoch erst im März 1950.

Günstiger und vielseitiger als Konkurrenz

Mit einem Einstandspreis von 5.850 DM positionierte Volkswagen den T1 bestens im Markt. Ein vollausgestatteter Typ 1 (Käfer) kostete 150 DM weniger, der etwas größere Tempo Matador mit Vorderradantrieb jedoch mindestens 1.250 DM mehr. Für diesen Preis erhielten die Kunden einen geschlossenen Kastenwagen mit 4,15 Metern Länge, 1,66 Metern Breite, 1,9 Metern Höhe und einem Radstand von 2,4 Metern. Hinter der Fahrerkabine sorgte eine halbhohe Blechwand für eine Abtrennung zum Laderaum, der bis zu 4,59 Kubikmeter aufnahm (mit normalem Dach). Wie von Ben Pon skizziert lag die Zuladung bei 750 Kilogramm, obwohl der Transporter nur 975 Kilogramm Leergewicht auf die Waage brachte.

Wie kam es zum Wort ‚Bulli‘?

Ganz frühe Exemplare erhielten parallel zum großen VW-Logo an der Front ein weiteres am Heckblech oberhalb der Motorklappe. Darunter fehlte wie an den Prototypen eine hintere Stoßstange. Zudem gab es den T1 anfänglich ausschließlich in Taubenblau oder fertig grundiert, um selbst die gewünschte Firmenfarbe auftragen zu lassen. Später erweiterte VW das Farbprogramm. Ab 1952 gab es für den Kastenwagen ‚Transporter‘ und den verglasten und bestuhlten ‚Kombi‘ ab Werk ein trapezförmiges Heckfenster. Während diese Bezeichnungen in vielen Ländern bis heute geläufig sind, setzte sich im deutschsprachigen Raum die Abkürzung der Worte Bus und Lieferwagen durch: Bulli. Die Namensrechte an diesem Wort lagen jedoch bis vor zehn Jahren bei der Firma Kässbohrer Geländefahrzeuge AG, weshalb Volkswagen selbst erst seit 2010 in Presseunterlagen und Broschüren vom Bulli spricht.

Weiterentwicklungen bis 1967

Wie den Käfer entwickelte Volkswagen auch den Transporter und Kombi fortwährend über die gesamte Produktionszeit hinweg weiter. Auf ein Getriebe mit synchronisiertem 2. bis 4. Gang (1953) folgte eine Leistungssteigerung auf 22 kW/30 PS aus 1,2 Litern Hubraum nebst serienmäßiger hinterer Stoßstange (1954) und eine Frischluftzufuhr für den Innenraum durch Schlitze oberhalb der Frontscheiben (1955). Zeitgleich verlagerte man das Ersatzrad von einem Platz im Motorraum hinter den Fahrersitz und ergänzte die hydraulischen Trommelbremsen um ein Duplex-System. 1956 zog die T1-Produktion von Wolfsburg ins neu gebaute Werk in Hannover um, wo der Urururenkel T6.1 bis heute vom Band läuft. Es folgten neue Stoßfänger (1960) und schließlich die gesetzlich vorgeschriebenen Blinker ab 1960, die im Laufe der Jahre ebenfalls neu gestaltet wurden. Ebenso gab es verschiedene Ausbaustufen der Scheinwerfer und der Rückleuchten.

1,8 Millionen Exemplare

Die Motorleistung stieg 1960 auf 25 kW/34 PS und gelangte nun vollsynchronisiert an die Hinterräder. Drei Jahre später führte VW zuerst in der Pritschenversion und später auch beim Kastenwagen, Kombi und Bus einen 1,5 Liter großen Boxermotor mit 31 kW/42 PS ein, der durch modifizierte Vergaser ab 1965 32 kW/44 PS leistete. Im finalen Baujahr 1967 gönnte man dem in die Jahre gekommenen Konzept schließlich sogar noch den Wechsel vom 6- auf ein 12-Volt-Bordnetz. Insgesamt rollten in Wolfsburg und Hannover mehr als 1,8 Millionen Exemplare des T1 vom Band. Viele davon exportierte VW in alle Welt, wobei speziell die USA ein großer Absatzmarkt wurden. Parallel dazu entstanden von 1957 bis 1975 auch in Brasilien VW T1-Modelle in Serie. Anschließend baute man dort bis 1997 eine Mischform mit der verlängerten Front des Nachfolgers T2 und dem Heck des T1.

Samba und Westfalia sehr beliebt

Heutzutage ist speziell die Ausführung ‚Achtsitzer-Sondermodell‘ beliebt. Diese Variante zeichnete sich durch je vier zusätzliche Fensterchen im seitlichen Dachbereich sowie Eckfenster hinten (23-Fenster-Bus) und ein Stoff-Schiebedach aus. Sie heißt im Volksmund ‚Samba-Bus‘, wobei nicht sicher überliefert ist, woher dieser Name stammt. Gute Exemplare erzielen heute bis zu 140.000 €. Ebenso beliebt sind frühe Camping-Umbauten, die hauptsächlich von der Firma Westfalia aus Rheda-Wiedenbrück durchgeführt wurden. Diese Camper nutzten bereits die in den 1960er aufkommenden Hippies und Blumenkinder für ihre ausgedehnten Reisen.

Bilder: Volkswagen, Volkswagen Nutzfahrzeuge