55 Jahre Volkswagen Typ 147

Kennen Sie die Fahrzeuge, mit denen Ihr Postbote tagtäglich Briefe und Päckchen bei Ihnen und Ihren Nachbarn verteilt? Falls es sich nicht um ein Fahrrad handelt, ist die Chance hoch, dass es inzwischen ein Elektrotransporter der Firma Streetscooter ist, die Ende 2014 zur vollwertigen Tochterfirma der Deutschen Post wurde. Alternativ werden in eher ländlichen Gebieten mit großen Zustellbereichen auch heute noch Volkswagen Transporter mit Dieseltriebwerken eingesetzt. Diese Partnerschaft zwischen der Post und VW besteht schon seit vielen Jahrzehnten. Ihren Anfang nahm alles mit Zustellerfahrzeugen auf Basis des legendären Käfers, die von der Post mit Rechtslenkung geordert wurden, damit die Postboten auch bei Regen in ihren Autos sitzenbleiben konnten, während sie die öffentlichen Briefkästen leerten. Schnell wurde jedoch damals klar, dass die Gepäckkapazitäten des Käfers auch bei ausgebauter Rückbank und Entfall des Beifahrersitzes eher eingeschränkt war. Es folgten Versuche mit damals angebotenen Fahrzeugen anderer Hersteller, die jedoch häufig an den schwierigen Bedingungen des Kurzstreckenbetriebes scheiterten.

Im Februar 1962 erfolgte daher ein offizieller Auftrag der Deutschen Bundespost an Volkswagen zur Entwicklung eines Transportfahrzeuges mit mindestens zwei Kubikmetern Ladevolumen und 400 Kilogramm Nutzlast sowie direktem Zugang vom Fahrerplatz zum Laderaum. Als weitere Idee gab man den Technikern Schiebetüren mit auf den Weg, da konventionelle Klapptüren in engen Straßen hinderlich sind. Das Projekt erhielt den internen Namen ‚Entwicklungsauftrag 149‘, also abgekürzt EA149. Volkswagen tat sich mit der Firma Westfalia aus Wiedenbrück bei Gütersloh zusammen, die mancher Leser möglicherweise aus der Campingwagen-Szene kennt. Westfalia stellte allerdings nicht nur Wohnwagen und Campingeinbauten her, sondern fertigte beispielsweise auch die Karosserien der Gutbrod Superior Kombi-Limousine. 1963 entstanden einige Prototypen, wobei Westfalia aus Kostengründen auf diverse Bauteile aus dem Regal von VW zurückgriff. Das Grundchassis lieferte der Karmann Ghia, Achsen, Motor und Getriebe entstammten dem Käfer und die Motorhaube in leicht verkürzter Form dem T1. Vorn blickte das ansonsten komplett neu gestaltete Transporterchen mit den runden Scheinwerfern des Typ 3 in die Welt. Innen finden sich Fahrersitz und Tachoeinheit aus dem Käfer inklusive den typischen drei Kontrollleuchten und dem dürren Zweispeichenlenkrad.

Ab 1964 lief die Serienproduktion des nun ‚Typ 147‘ getauften Wagens, der offiziell über die Volkswagen Händler in Deutschland und der Schweiz zu einem Preis von 6.834,- DM (inkl. MwSt., Preis von 1968) angeboten wurde. Damit lag man allerdings nur 360,- DM unter dem Preis des deutlich größeren T1, wodurch die Käuferschicht des Typ 147 von Anfang an begrenzt war. Bis 1974 stieg der Grundpreis sogar auf 8.270,- DM an. Den offiziellen Rufnamen kannte jedoch schon damals kaum jemand. Schnell hatte sich der Spitzname der Westfalia-Beschäftigten für diesen zumeist gelb lackierten Transporter auch im Volksmund durchgesetzt: ‚Fridolin‘. Durch den geschickt gestalteten Aufbau überbot man die ursprünglichen Anforderungen aus dem Lastenheft: Beim Ladevolumen erzielte man 2,3 Kubikmeter im Heck und weitere 0,6 Kubikmeter vorn, wenn der Beifahrersitz unter das Armaturenbrett gefaltet wurde, und die Zuladung betrug offiziell 410 Kilogramm.

Neben der Deutschen Bundespost zeigte sich schließlich auch die schweizerische Post PTT interessiert, orderte für ihre Fahrzeuge jedoch den stärkeren, 1,3 Liter großen Boxermotor mit 32 kW/44 PS und Scheibenbremsen vorn für den sicheren Einsatz auf den typischen Bergstraßen des Landes. Hinzu kam eine Standheizung. In dieser Form entstanden 1.201 Exemplare, während für die Post in Deutschland und einige wenige weitere Interessenten wie der Lufthansa, die den ‚Fridolin‘ als Vorfeldfahrzeug einsetzte, bis 1974 weitere 6.139 Typ 147 mit dem 25 kW/34 PS starken Käfer-Motor und Trommelbremsen rundum entstanden. Aufgrund mangelnder Rostvorsorge und dem Dienst bei jeder Witterung reduziert sich der Bestand rasend schnell. Schätzungen gehen davon aus, dass weltweit allenfalls noch 200 Exemplare existieren. Dies spiegelt sich jedoch interessanterweise nicht im Marktpreis für gut gepflegte Exemplare wider. 2013 lag dieser bei lediglich 9.500,- €, also einem Zehntel des Wertes für einen Volkswagen T1 Samba in Zustand 2.

Bilder: Volkswagen Nutzfahrzeuge