30 Jahre Lamborghini Diablo

Durch verschiedene Umstände dauerte es 16 Jahre, ehe mit dem Lamborghini Diablo ein Nachfolger für den Countach debütierte. Dieser Supersportwagen holte die Marke in die Moderne. Mit Form und Leistung sprach er die erwünschte solvente Kundschaft an. Nun feiern frühe Exemplare ihren 30. Geburtstag. Zeit für einen Rückblick auf den Teufel aus Italien. Aus heutiger Sicht mögen 362 kW/492 PS nicht mehr als viel erscheinen. 1990 war man damit der König der Autobahn. Sie resultierten aus einem 5,7 Liter großen V12-Saugmotor, der in seinen Grundzügen immer noch auf dem Triebwerk des 350 GT von 1963 basierte. Im Diablo gestattete die Leistung eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h.

Design von Marcello Gandini

Die Entwicklungsphase des Diablo fiel in eine schwere Zeit für Lamborghini. Diverse Besitzerwechsel hatten dem Ansehen der Marke ebenso geschadet, wie die teilweise schluderig zusammengeschraubten Countach. Unter Patrick Mimran begannen die Arbeiten an einem Nachfolgemodell unter dem Kürzel P132. Allerdings ließen es finanzielle Engpässe nicht zu, dieses Fahrzeug serienreif zu entwickeln. 1987 verkaufte er das Unternehmen an den amerikanischen Chrysler-Konzern. Dieser wollte ursprünglich ein eigenes Design für den neuen Sportwagen durchsetzen, griff letztlich aber doch auf Zeichnungen von Marcello Gandini zurück. Gandini hatte das Design nach einer ursprünglichen Ablehnung bei Chrysler jedoch bereits an Claudio Zampolli für dessen Cizeta Moroder V16T weitergegeben. Aus diesem Grund gleicht dieser dem Diablo auf den ersten Blick wie ein Ei dem anderen. Der Luftwiderstand fiel deutlich geringer als beim Vorgängermodell aus. Allerdings konnte man ihn durch den optionalen Heckflügel verschlechtern.

Interieurdesign aus Detroit

Im Vergleich zum Countach erhielt der Diablo zwar wieder ein Rohrrahmenchassis, aber mit längerem Radstand. Zudem verwendete man Vierkant- statt Rundrohre. Für die Karosserie kam neben Stahl und Aluminium erstmalig auch Kohlefaser zum Einsatz. Während Chrysler beim Exterieur letztlich Gandini den Vorzug gab, konnte man es nicht unterbinden das Interieur in Detroit zeichnen zu lassen. Das kurvige Armaturenbrett mit breitem Mitteltunnel erinnert ein wenig an die zeitgleich entwickelte Dodge Viper RT/10. Im Gegensatz zur heutigen Zeit gab es den Diablo ausschließlich mit manuellem Fünfgang-Getriebe, für das eine offene Schaltkulisse installiert wurde. Manch Besitzer und Autotester fluchte über teuflisch schwere Gangwechsel durch die harte Kupplung. Der Name des Supersportwagens stammte jedoch erneut von einem Kampfstier, der am 11. Juni 1869 einen harten Kampf gegen den Torrero ‚El Chicorro‘ in Madrid ausgefochten hatte.

Erster Allradsportwagen von Lamborghini

Drei Jahre nach der Markteinführung ergänzte Lamborghini das Angebot um den Diablo VT. Das Kürzel stand für ‚Visco Traction‘. Anstelle des bis dahin im Unternehmen üblichen Hinterradantriebs (wenn man vom Geländewagen LM002 absieht), kam hier ein permanenter Allradantrieb zum Zuge. Bei geringer Haftung verteilte eine Viskokupplung Kraft auf die Vorderräder. Zusätzlich erhielten alle Diablo-Modelle ein modifiziertes Armaturenbrett mit besserer Belüftung, eine Servolenkung und eine leichter zu bedienende Kupplung. Beim Diablo VT installierte Lamborghini zudem elektronisch verstellbare Koni-Dämpfer mit vier Konfigurationen. Obwohl gerüchteweise die Produktion der Variante mit Hinterradantrieb Ende 1994 auslaufen sollte, blieb sie bis Ende 1998 im Programm. 1994 wechselten zudem erneut die Besitzverhältnisse der Marke. Chrysler verkaufte Lamborghini an die indonesische MegaTech-Gruppe.

SE30 als Sondermodell, Roadster als Zusatz

Bereits ein Jahr vor diesem Besitzerwechsel präsentierte Lamborghini zum 30-jährigen Firmenbestehen den Diablo SE30. Ursprünglich plante man mit dieser Version den Einstieg in GT-Sportwagenrennen. Hierfür entwickelte man den optional bestellbaren Jota-Kit, der zusätzliche Leistung (596 statt 525 PS) und zwei Dachlufthutzen mitbrachte. Für den normalen SE30 hatte man bereits die seitlichen Lufteinlässe, die vordere Stoßstange und die Motorklappe modifiziert. Zudem kamen leichtere Seitenscheiben mit einem deutlich kleineren zu öffnenden Abschnitt zum Einsatz. Neben der Präsentationsfarbe ‚Viola SE 30‘ (Lila metallic) mit blauem Alcantara-Interieur gab es auf Wunsch auch andere Farbkombinationen für die insgesamt 150 Fahrzeuge. Im Dezember 1995 debütierte auf der Bologna Motor Show der Diablo VT Roadster mit dem normalen, 492 PS starken Motor. Zuvor gab es bereits 1992 einen Roadster als Konzeptstudie für den Genfer Salon. Damit bot man erstmals einen V12-Lamborghini an, dessen Dach geöffnet werden konnte. Das feste Hardtop über den Köpfen der Passagiere konnte abgenommen und anschließend auf der Motorhaube befestigt werden.

Motorsporteinsätze nur im Markenpokal

Während es der SE30 entgegen vorheriger Planungen nicht zu Motorsporteinsätzen schaffte, beschäftigte dieses Thema weiterhin die Lamborghini-Entwickler. So entstand ab 1995 der Diablo SV mit Hinterradantrieb und einer Leistungssteigerung auf 375 kW/510 PS. Zudem entfiel das elektrisch verstellbare Fahrwerk. Dafür gab es eine leistungsstarke Bremsanlage und einen verstellbaren Heckflügel. Ein Jahr später erschien die Rennvariante Diablo SV-R mit größeren Spoilern, modifizierter Bremse und an den Motorsport angepasstem Interieur für einen Markenpokal. In diesem Stil baute man 1997 das Unikat Diablo Roadster R auf. Gemeinsam mit SAT (Signes Advanced Technology) in Frankreich entstand 1996 eine GT1-Rennversion des Diablo. Allerdings gibt es nur zwei Exemplare, von denen eines in der japanischen JGTC an den Start ging. Ein Jahr später entwickelte die Rennabteilung den Diablo GT2 mit gewichtserleichterter Carbon-Karosserie. Zwar kam es nie zu Renneinsätzen, dafür dienten diverse Erkenntnisse für ein folgendes Facelift.

Modellpflege mit Klarglaslampen

Im März 1998 debütierte auf dem Autosalon in Genf zusätzlich der Diablo SV Roadster. Allerdings wechselte Lamborghini im gleichen Jahr in die Hände des Volkswagen Konzerns, der die Marke an Audi knüpfte. Aus Ingolstadt erging als eine der ersten Weisungen der Verzicht auf Hinterradantrieb, wodurch vom Diablo SV Roadster lediglich fünf Exemplare gebaut wurden. Unter deutscher Regie erhielten alle Diablo Modellableger 1999 ein umfangreiches Facelift. Dieses ist optisch auf den ersten Blick durch die Klarglasscheinwerfer zu erkennen, die man bei Nissan einkaufte. Innen fand man ein völlig neues Armaturenbrett. Diablo SV (immer noch mit Hinterradantrieb), Diablo VT und Diablo VT Roadster hatten nun 390 kW/530 PS.

Limitierte Sportversionen

Im September 1999 präsentierte Lamborghini auf der IAA in Frankfurt den auf 80 Exemplare limitierten Diablo GT. In die Fronthaube integrierte man einen Luftauslass, auf dem Dach saß eine Lufthutze, auf dem Heck ein einstellbarer Flügel und weiter unten eine zum Diffusor umfunktionierte Schürze. Zudem nutzte der Wagen eine auf sechs Liter vergrößerte Version des V12-Triebwerks mit 423 kW/575 PS. Auf dieser Basis entstanden zudem rund 40 Exemplare der Rennversion Diablo GTR mit 438 kW/596 PS. Diesen nutzten Privatfahrer in der Lamborghini Diablo Supertrophy.

Finale nach 11 Produktionsjahren

Als finale Auflage des Diablo erschien 2000 der VT 6.0, dessen Bezeichnung auf den Hubraum hinwies. Gleichzeitig entfiel der Roadster aus dem Angebot. Eigentlich sollte zu diesem Zeitpunkt bereits das Nachfolgemodell bereitstehen, aber die Entwicklungsarbeiten hatten sich auch hier durch den Besitzerwechsel von MegaTech zu Audi verzögert. So hatten die Deutschen das von Zagato gezeichnete Fahrzeug rundweg verworfen und bei null begonnen. Als Resultat erschien Ende 2001 der von Luc Donckerwolke designte Murciélago. In den Monaten zuvor konnten Diablo-Fans durch das finale Sondermodell Diablo 6.0 SE Abschied nehmen. Dieses gab es 20-mal im goldenen Farbton ‚Oro Elios‘ und weitere 20-mal in ‚Marrone Eklipsis‘ (braun). Insgesamt entstanden 2.903 Diablo, womit selbst der über einen längeren Zeitraum produzierte Countach überboten wurde.

Bilder: Lamborghini