30 Jahre Honda NSX

Mittelmotorsportwagen kennt man hauptsächlich aus italienischer Produktion. 1986 begann man jedoch auch bei Honda in Japan mit einem entsprechenden Entwicklungsprojekt unter dem damaligen Leiter der Entwicklungsabteilung und späteren Firmenchef Nobuhiko Kawamoto. Leichtbau, ein kompakter Motor, fahrerorientierte Ergonomie und eine ausgefeilte Aerodynamik mit möglichst wenig Auftrieb waren dabei die wichtigsten Punkte im Lastenheft. Hierzu kooperierten Chefingenieur Shigeru Uehara und Chefdesigner Ken Okuyama in absolut genialer Weise. Optisch orientierte man sich dabei nicht nur an anderen gängigen Fahrzeugen, sondern zusätzlich unter anderem am Kampfflugzeug F-16 ‚Fighting Falcon‘, dessen gläserne Kuppel über den Piloten als Inspiration für die obere Partie des NSX gilt, die mit 311,8 Grad Rundumsicht als absolut beispielhaft gelten darf. Weitere Designideen übernahm man auch von der 1984er Konzeptstudie HP-X von Pininfarina und dem MG EX-E, an dessen Pläne man über eine rund 20-prozentige Beteiligung an der MG Rover Group, die Honda in den 1980er Jahren hielt.

Doch ehe es zum finalen Design und zur Weltpremiere eines Vorserienautos auf der Chicago Auto Show im Februar 1989 kam, standen viele hundert Stunden Erprobungsfahrten und Feinabstimmungen auf Prüfständen und im Windkanal an. Dabei nutzte man auch die Expertise des brasilianischen Formel-1-Fahrers Ayrton Senna, der 1988 mit einem Honda-Motor in seinem McLaren zum ersten Mal Weltmeister geworden war. Dieser fuhr diverse Prototypen unter anderem über die Nürburgring Nordschleife und verlieh dem Fahrwerk eine eigenständige Kennlinie. Insgesamt meldeten die Japaner über 400 Patente auf verschiedene Entwicklungen im NSX an. Die Präsentation in Chicago erfolgte zum einen unter dem Label der Tochtermarke Acura, die in Europa wenig bekannt ist und zum anderen mit dem Modellnamen NS-X, was laut damaligem Pressetext für ‚New Sportscar eXperimental‘ stand. Im Erprobungsprozess stand das gleiche Kürzel laut Honda für ‚New Sports X‘, wobei das X wie in der Mathematik eine unbekannte neue Größe darstellt. Im Oktober 1989 stand der Wagen schließlich als Honda NSX auf der Tokyo Motor Show und gelangte ab 1990 in den Handel.

Anfänglich gab es den Honda NSX sowie den baugleichen, in den USA und Kanada angebotenen Acura NSX ausschließlich als geschlossenes Coupé. Trotz der Leichtbau-Karosserie aus Aluminium lag das Leergewicht mit 1,4 Tonnen auf einem Level mit zeitgenössischen Mitbewerbern in konventioneller Stahlbauweise. Dies resultiert aus der ungewöhnlich hochwertigen Serienausstattung mit Klimaanlage, elektrischen Ledersitzen, Airbags und Hifi-Anlage mit CD-Player. Ohne diese Ausstattungsumfänge und mit reduziertem Dämm-Material konnte das Leergewicht der 2002 eingeführten Variante Type R auf 1.244 Kilogramm gesenkt werden. Zuvor debütierte jedoch bereits 1995 der NSX-T mit herausnehmbaren Dachteil als Targaversion. 1997 erfolgte eine erste größere Modellpflege, bei der das mittig verbaute V6-Triebwerk von drei auf 3,2 Liter Hubraum anwuchs. Die daraus resultierende Leistung lag mit 206 kW/280 PS und 298 Newtonmetern Drehmoment jedoch nur marginal über den originalen 201 kW/274 PS und 284 Newtonmetern. Was heute nach wenig klingt, konnte damals selbst vom deutlich teureren Ferrari 348 kaum überboten werden. Zudem tauschte Honda das ursprüngliche Fünfgang-Getriebe mit Zweischeibenkupplung gegen ein Sechsgang-Getriebe mit Einscheibenkupplung und Einmassenschwungrad von LuK aus. Parallel gab es von Produktionsbeginn bis -ende eine NSX-Version mit Viergang-Automatik, die durchgehend den drei Liter großen Saugmotor verwendete. Während der Automatik-NSX in den USA je nach Modelljahr einen Anteil von fünf bis 15 Prozent an den gesamten NSX-Verkäufen ausmachte, kamen in Europa und Asien nur wenige Exemplare zu den Händlern.

Im Jahr 2002 gönnte Honda dem inzwischen leicht angegrauten Konzept eine weitere, nochmals umfangreichere Modellpflege, durch die an der Frontpartie die beliebten Klappscheinwerfer entfielen. Diverse Diskussionen zur Fußgänger-Crash-Sicherheit hatten zwischenzeitlich bei fast allen Herstellern zu einer Abkehr von diesem Konzept geführt. Beim NSX nutzte man stattdessen mit Klarglas abgedeckte Leuchteinheiten und unterzog auch das Leuchtenband am Heck einer optischen Überarbeitung. Als positiver Nebeneffekt konnte die Aerodynamik verbessert und damit die Höchstgeschwindigkeit ohne Mehrleistung auf 280 km/h erhöht werden. Leider behielten sich die Japaner den weiter oben bereits erwähnten Type R für ihren Heimatmarkt vor. Ebenso gab es limitierte Sondermodelle auf einigen länderspezifischen Märkten, wie die 1999er Zanardi Edition in den USA oder die Last Edition in Großbritannien 2005. Im gleichen Jahr endete die Produktion des NSX nach rund 18.000 Exemplaren, wovon nach offiziellen Angaben 271 nach Deutschland gelangten. Dies lag mehr an der geringen Anzahl von authorisierten NSX-Händlern (12 in Deutschland) und dem hohen Neupreis, als an der Fahrzeugqualität. Diese lobten alle Automobiljournalisten, die einen NSX testen durften, über die gesamte Produktionszeit hinweg immer wieder, wobei speziell die Alltagstauglichkeit und die Zuverlässigkeit hervorgehoben wurden. Der neue, seit 2016 angebotene NSX hat mit seinem Namensvetter einzig die Positionierung des Benzinmotors gemeinsam, vertraut dabei aber auf Turboaufladung und zusätzlich auf ein Hybridkonzept.

Bilder: Honda, Acura