Yamaha OX99-11

Den japanischen Yamaha-Konzern kennen viele Leute durch Motorräder und Musikinstrumente. Streng genommen haben diese beiden Geschäftszweige jedoch nichts mehr miteinander zu tun. Die Yamaha Motor Company, begründet 1955, fertigt neben Motorrädern auch Motorroller, Quads, Bootsmotoren, Pumpen, Drohnen, Roboter, Wasseraufbereitungsanlagen und Schwimmbecken. Davon losgelöst fungiert die Yamaha Corporation als Mischkonzern in den Bereichen HiFi, Elektronik und Musikinstrumente. Ein Großteil der Anteile der Yamaha Motor Company gehört jedoch weiterhin zum Mischkonzern, weshalb beide Firmen auch das gleiche Logo mit drei gekreuzten Stimmgabeln nutzen. Während die Motorräder, auch durch diverse Erfolge im Motorsport, sehr bekannt sind, ist die Arbeit von Yamaha im Automobilsektor deutlich unbekannter. Selbst die Aktivitäten als Formel-1-Motorenlieferant scheinen fast vergessen zu sein.

Yamaha in der Formel 1

Möglicherweise liegt dies daran, dass die unterstützten Teams Zakspeed, Brabham, Jordan, Tyrrell und Arrows zwischen 1989 und 1997 wenig erfolgreich unterwegs waren. Insgesamt erzielten Yamaha-Motoren 36 WM-Punkte nach der alten Punkteverteilung. Damon Hill hätte in der finalen Saison 1997 beinahe einen Sieg erzielt, landete nach Getriebeproblemen jedoch auf Rang zwei. In den neun Jahren als F1-Partner baute Yamaha erst einen V8-, dann einen V12- und schließlich verschiedene Ausbaustufen eines V10-Motors. Interessanterweise ist Yamaha als Zulieferer und Entwicklungspartner schon lange in der Automobilindustrie dabei. Das bekannteste Produkt ist dabei der Toyota 2000GT, an dessen Entstehung Yamaha unmittelbar beteiligt war. In den 1990ern entstanden gemeinsam mit Ford die Zetec-SE-Vierzylinder-Triebwerke. Diese fanden zeitweise ihren Weg auch in Fahrzeuge von Mazda. Zugleich dachte Yamaha über den Bau eines eigenständigen Supersportwagens nach.

Vom Kleinstwagen zum Supersportwagen

Bereits 1983 hatte Yamaha auf der Tokyo Motor Show den einsitzigen Kleinwagen PTX-1 gezeigt. Dieses Stadtauto mit Einzylindermotor und 50 Kubikzentimetern Hubraum lag technisch näher am Mofa als am Auto und schaffte nie den Weg in die Serienfertigung. Das neue Projekt, das ab 1991 langsam Formen annahm, ging in eine völlig andere Richtung. Ein Detail stand direkt fest: Mittig hinter den Passagieren sollte das Formel-1-Triebwerk für den Vortrieb sorgen. Da dieses ab 1991 ein 3,5 Liter großer V12 mit dem internen Namen OX99 war, erhielt das Sportwagenprojekt den Titel OX99-11. Verantwortlich für die Entwicklung war die britische Tochterfirma Ypsilon Technology. Als Partner nahm man erst ein deutsches und dann das britische Ingenieursbüro IAD ins Boot. Allerdings führten Unstimmigkeiten über Zahlungsmodalitäten bald zum Zerwürfnis mit IAD. Ypsilon Technology erhielt daraufhin nur sechs weitere Monate Zeit, um das Auto auf die Räder zu stellen. Insgesamt entstanden in dieser Zeit drei fahrfähige Prototypen.

Nach drei Prototypen Projektstopp

Wie beim Formel-1-Rennwagen diente ein Kohlefasermonocoque als Basis. Dieses war ähnlich schmal ausgelegt, allerdings im mittleren Teil vor dem Motor verlängert, um einen zweiten Sitzplatz aufzunehmen. Eine eng geschnittene Aluminium-Karosserie mit aufklappbarer Glaskuppel umhüllt das Monocoque. Vorn ist ein Spoilerelement integriert, während hinten ein breiter Diffusor für Abtrieb sorgt. Das Triebwerk dreht wie im Rennwagen bis zu 10.000 U/min, wurde jedoch für mehr Haltbarkeit auf rund 400 PS heruntergeregelt. Dennoch versprach Yamaha bei der Weltpremiere eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h. Da sich Japan mitten in einer Finanzkrise befand und auch die restliche Sportwagenwelt schwer zu kämpfen hatte (siehe Bugatti EB110 oder Jaguar XJ220), beendete Yamaha das Projekt OX99-11. Die drei Prototypen existieren bis heute, wobei sich einer offensichtlich in privater Hand befindet. Stellen Sie sich mal für einen kurzen Moment vor, dieser Wagen würde in ihrem Rückspiegel auftauchen.

Bilder: Yamaha