Mercedes-Benz 300 CE 6.0 AMG Hammer

AMG ist heutzutage den allermeisten jüngeren Autofans als Sportabteilung von Mercedes-Benz bekannt. Offiziell lautet der Name sogar inzwischen Mercedes-AMG. Dass diese Firma aus Affalterbach einst ein eigenständiger Tuningbetrieb war, ist hingegen vielerorts fast in Vergessenheit geraten. Die Herren Hans Werner Aufrecht und Erhard Melcher, ehemalige Ingenieure von Mercedes-Benz, gründeten diesen Tuningbetrieb ursprünglich in Großaspach und benannten ihn mit den Anfangsbuchstaben ihrer Nachnamen und dem ersten Buchstaben des Ortes. Hauptsächlich widmete man sich der sportlichen Leistungssteigerung der Sternenkreuzer, nahm aber auch Aufträge anderer Marken wie beispielsweise Mitsubishi an. 1990 unterschrieb man einen Kooperationsvertrag mit Mercedes-Benz, der 1993 zum gemeinsam entwickelten C 36 AMG auf Basis der Baureihe W202 führte. Alle folgenden AMG-Modelle fanden sich in den offiziellen Modellreihen-Prospekten und konnten in jedem Mercedes-Autohaus bestellt werden. Von einer 51-prozentigen Anteilsübernahme im Jahr 1998 stieg der Einfluss von Mercedes-Benz immer weiter an, bis AMG 2005 zur hundertprozentigen Tochterfirma wurde.

Eines der finalen Fahrzeuge vor dem Inkrafttreten des ursprünglichen Kooperationsvertrages war 1992 der 300 CE 6.0 AMG mit dem treffenden Spitznamen ‚Hammer‘. Basierend auf dem Coupé der Baureihe 124 war dies für die damalige Zeit der wildeste Ableger aus Affalterbach und definitiv ungewöhnlich. Das E-Klasse Coupé (C124) erhielt ab Werk eine im Vergleich zu Limousine modifizierte Plattform mit 8,5 Zentimetern weniger Radstand, wodurch die längeren Türen besser zur Geltung kommen. AMG nahm diese Ausgangsbasis dankend an und verpasste der Karosserie deutliche Kotflügelverbreiterungen. Dazu kamen vorn ein Stoßfänger mit integrierten Spoilerlippen und am Heck eine dreiteilige Abrisskante auf und neben dem Kofferraumdeckel. Die breiteren Radhäuser füllten Leichtmetallräder im eigenständigen AMG-Design aus, die oftmals teilweise in Wagenfarbe lackiert wurden.

Abgesehen von der aufsehenerregenden Optik führte AMG allerdings auch eine Herztransplantation durch. Anstelle des drei Liter großen Reihensechszylinders, der im 300 CE üblicherweise seinen Dienst verrichtete, quetschte man einen Achtzylindermotor unter die Haube. Dieser basierte auf dem fünf Liter großen Mercedes-Triebwerk aus S-Klasse und SL, wurde jedoch quasi nebenbei auf sechs Liter Hubraum vergrößert. Vier obenliegende Nockenwellen trieben die 32 Ventile an und ermöglichten damit die Entwicklung von 381 PS und 542 Newtonmetern Drehmoment. In Verbindung mit dem serienmäßigen Viergang-Automatikgetriebe ging es in fünf Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100, während die Höchstgeschwindigkeit jenseits von 300 km/h lag. Da der Umbaupreis ungefähr den Fahrzeugpreis verdoppelte, hielt sich der Kundenkreis für den Mercedes-Benz 300 CE 6.0 AMG ‚Hammer‘ in engen Grenzen. Tatsächlich entstanden lediglich zwölf Exemplare, die heute unter AMG-Sammlern als blaue Mauritius gelten.

Entsprechend selten kommt ein solches Fahrzeug in den Handel oder gar auf eine Auktion. RM Sotheby’s bietet am 24. Oktober in London einen ‚Hammer‘ als Teil der Youngtimer Collection aus der Schweiz an. Dieser 300 CE 6.0 AMG ging ursprünglich als weiß lackiertes Auto nach Japan, wo es im November 1995 erstmals zugelassen wurde. 2014 exportierte ein Niederländer den Wagen zurück nach Europa und ließ ihn auf Schwarz metallic umlackieren. Seit Oktober 2017 zählte der AMG zur Youngtimer Collection, wo der gute Allgemeinzustand weiter verbessert und erhalten wurde. RM Sotheby’s erwartet einen Zuschlagspreis zwischen £ 180.000 bis £ 220.000 (208.600 € bis 254.950 €).

Bilder: RM Sotheby’s, Tom Wood