Maserati A6G/2000 Spider Frua

Maserati ist heute als sportliche Luxusmarke knapp unterhalb von Ferrari im Konzern Fiat Chrysler positioniert und durchaus bekannt. Den Firmensitz in Modena bezog man zwei Jahre nachdem Adolfo Orsi die Marke von den Maserati-Gebrüdern 1937 übernommen hatte. Die Brüder blieben in leitender Stellung an Bord. In den neuen Hallen lief direkt die Entwicklung von Straßensportwagen an. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Maserati nämlich lediglich einen guten Namen für Rennsportfahrzeuge. Diesen wollte Orsi möglichst schnell auf Serienwagen übertragen, um Geld zu verdienen. In seinem Auftrag arbeitete ein Team rund um Ernesto Maserati am neuen A6 1500, der aufgrund des aufkommenden Zweiten Weltkrieg jedoch erst auf dem Genfer Autosalon 1947 debütierte.

Durch das verwindungssteife Rohrrahmenchassis bot der neue Maserati A6 die Möglichkeit, eigenständige Karosserien von externen Designern aufzunehmen. Werksseitig kamen die Aufbauten von Pinin Farina. Beim ursprünglichen A6 1500 gab es indes nur ein einziges Auto mit Sonderkarosserie, in diesem Fall von Zagato. Die zusätzliche Zahl im Modellnamen bezieht sich auf den Hubraum des neu entwickelten Reihensechszylindermotors, der ab 1951 auf zwei Liter in einem Grauguss-Motorblock im A6G anwuchs (G für Ghisa, italienisch für Grauguss). 1954 folgte die finale Ausbaustufe A6G/54 mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Während es vom A6 insgesamt 59 Serienfahrzeuge und zwei Prototypen gab und der späte A6G/54 59-mal vom Band lief, blieb es beim A6G bei gerade einmal 16 Stück – wohl zum Teil auch aufgrund von vielen Streiks in der italienischen Stahlindustrie, die sich auch auf die Belegung des Maserati-Werkes auswirkten und zum zeitweisen Abbau von mehreren hundert Stellen führte.

Nachdem die Leistungsabgabe des Maserati A6 mit lediglich 65 PS aus 1,5 Litern Hubraum nicht überzeugen konnte und die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen zurückblieben, machte man sich an die Weiterentwicklung zu einem kraftvolleren Sportwagen, der neben seiner offiziellen Bezeichnung A6G auch die Verkaufsbezeichnung 2000 GT erhielt. Noch bevor diese Weiterentwicklung offiziell publik gemacht wurde, stand auf der Motor Show in Turin 1950 ein rassiger Spider mit einer Karosserie von Pietro Frua. Dass unter der Motorhaube dieses Wagens bereits der neue, größere Motor steckte, wurde nicht bekannt gemacht, um den Abverkauf der verbleibenden A6 mit dem 1500er Triebwerk nicht zu beeinträchtigen.

Der neue Motor mit seinen zwei Litern Hubraum wurde von der Rennsportversion A6GCS abgeleitet und brachte es nun auf 100 PS durch drei Weber-Vergaser. Ansonsten blieb es wie beim Vorgänger bei zwei Ventilen pro Zylinder und einer obenliegenden Nockenwelle. Diese trafen auf das fast unveränderte Fahrwerk des A6, das vorn Einzelradaufhängungen mit Schraubenfedern an Dreieckslenkern und hinten eine Starrachse an Querblattfedern vorsah. Allerdings wurde der Radstand um zehn Zentimeter verlängert. Laut Werksangaben erreichte der Frua Spider eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h, während für ein von Vignale eingekleidetes Coupé später 190 km/h ermittelt wurden.

Während es beim A6 eigentlich nur die Standardkarosserie von Pinin Farina gab, entfiel diese für den A6G. Stattdessen fertigten Pinin Farina, Vignale und Frua verschiedene Aufbauten. Die Coupés von Pinin Farina galten sowohl damals als auch heute eher als ‚unelegant‘ und das Vignale Coupé blieb ein elegantes Unikat. Die restlichen sechs Exemplare des Maserati A6G verteilen sich auf fünf Spider und ein Coupé von Frua. Während die ersten drei Spider einen zentralen Zusatzscheinwerfer im Kühlergrill trugen und noch auf dem kürzeren Chassis des A6 1500 basierten, folgten anschließend zwei weitere mit leicht veränderter Form und zwei Notsitzen im Fond.

Bonhams bietet am 17. Januar in Scottsdale/Arizona den zweitgebauten Maserati A6G mit Spider-Karosserie von Frua und der Chassisnummer 2017 an. Die Fertigung der Karosserie in den Räumlichkeiten von Pietro Frua dauerte sechs Monate, bevor der Wagen bei Maserati dunkelblau lackiert und mit einem roten Lederinterieur komplettiert werden konnte. Am 17. Mai 1951 erreichte der Spider den Händler Mimmo Dei in Rom und kurz darauf seinen Erstbesitzer Luigi Trevisan. Es folgten weitere Besitzer in Rom, Santa Monica/Kalifornien und Cambria/Kalifornien, wo der Wagen nach einer kurzen Rennkarriere eingelagert wurde. Erst in den 90ern wurde er wiederentdeckt und konnte schließlich nach dreijährigen Verhandlungen vom heutigen Besitzer, einem Maserati-Sammler erworben werden. Da das Triebwerk bereits in den späten 50ern oder frühen 60ern gegen einen Chevrolet-V8-Motor ausgetauscht worden war, machte sich ein vom Sammler eingesetztes Expertenteam im Rahmen einer umfangreichen Restaurierung daran, ein adäquates Triebwerk zu suchen. Sie fanden es in den Resten des Chassis 2013. Zudem suchte man nach sovielen Originalteilen wie möglich, musste jedoch auch einige Teile von Hand nachfertigen und stellte schließlich nach viereinhalb Jahren ein wunderschönes Auto auf die Räder. Es folgten Auftritte bei Concours-Veranstaltungen an der Villa d’Este und in Pebble Beach. Zum Fahrzeug gehört eine umfangreiche Dokumentation, Unterlagen zur Restaurierung und das originale Werkzeugset. Bonhams erwartet einen Zuschlagspreis zwischen 2.800.000 und 3.400.000 US$ (rund 2.450.000,- bis 2.975.000,- €).

Bilder: Bonhams