Maserati 5000 GT by Ghia

Heute ist es kaum noch vorstellbar, aber die italienische Marke Maserati baute ursprünglich, von ihrer Gründung im Jahr 1914 bis zur Markteinführung des 3500 GT im Jahr 1957, fast ausschließlich Rennfahrzeuge. Durch diverse Erfolge erarbeitete man sich jedoch einen guten Ruf und war bis in höchste Kreise hinauf bekannt. So kam es auch zu einer eher ungewöhnlichen Anfrage, die an die Chefetage 1959 herangetragen wurde. Nachdem Maserati sich für die Formel-1-Weltmeisterschaft hoch verschuldet und nach dem Gewinn des Titels den Rückzug aus dem Rennsport verkündet hatte, lagen die entsprechenden Bauteile der Monopostos und Rennsportwagen ungenutzt im Werk herum. Mohammed Reza Pahlavi, seines Zeichens der Schah von Persien, bestellte aus einer Laune heraus einen Straßensportwagen mit dem auf fünf Liter vergrößerten V8-Triebwerk aus dem 450S Rennsportwagen. Der 3500 GT war ihm schlicht zu langsam.

Unter der Leitung von Giulio Alfieri entstand daraufhin, auf Basis eines verstärkten Chassis eines 3500 GT, ein völlig neues Fahrzeug mit dem internen Projektcode AM103, das schließlich auf den Namen 5000 GT getauft wurde. Bereits während der Entstehungsphase hörten viele Autosammler der damaligen Zeit über Artikel in Autofachzeitschriften von diesem Projekt. Einige schickten daraufhin ebenfalls ihre Bestellungen an Maserati. So entstanden nach der Weltpremiere des Schah-Autos auf dem Turiner Autosalon 1959 noch weitere zwei Fahrzeuge mit dem unveränderten Renntriebwerk. Anschließend domestizierte die Motorenabteilung den V8 durch eine Vergrößerung des Hubs und eine Verkleinerung der Zylinderbohrungen, um die Alltagstauglichkeit zu verbessern. Aus den nun 4.941 Kubikzentimetern (zuvor 4.937) holte man dank vier Weber Doppelvergasern rund 325 PS. Ab 1961 bot Maserati auf Wunsch eine Motorenversion mit Lucas-Benzineinspritzung an. Im letzten jemals gebauten 5000 GT nutzte man schließlich einen 4,7 Liter großen V8-Motor.

Maserati baute zur damaligen Zeit ausschließlich die fahrbaren Chassis. Für die Karosserien verwies man die interessierten Kunden an renommierte Firmen der damaligen Zeit. Trotzdem ist es schon erstaunlich, dass bei nur 34 gebauten 5000 GT insgesamt acht verschiedene Karosseriebauer ihre Hände mit im Spiel hatten. Für den Schah von Persien war es Touring. Es folgten Aufbauten von Allemano, Frua, Bertone, Monterosa, Michelotti und Pininfarina. Hinzu kam ein besonderes Einzelstück, dass von Sergio Sartorelli bei Ghia im Auftrag von Fernandino Innocenti, dem Erfinder der Lambretta-Motorroller, gestaltet wurde. Dieser neunte je gebaute 5000 GT mit der Fahrgestellnummer AM103 018 rollte im Juli 1961 aus der Fertigungshalle. Optisch zeigt der Wagen bereits diverse Details, die auch bei späteren Ghia-Entwürfen wiederzufinden waren. Sartorelli zeichnete später noch Fahrzeuge wie den Fiat 126, das Fiat 2300 Coupé, den großen Volkswagen Karmann Ghia Typ 34 oder den Chrysler Ghia Crown Imperial. Da er auch einige Prototypen der Lambretta Motorroller gestaltete, war er für Fernandino Innocenti erste Wahl, als es um seinen 5000 GT ging.

Innocenti hatte durch den Zweiten Weltkrieg eigentlich alles verloren. Seine Unternehmen waren den Bombardierungen zum Opfer gefallen. Statt sich zurückzuziehen, sah er sich die Bedürfnisse der Bevölkerung an und entwickelte schließlich 1947 den Lambretta Roller als günstiges Massentransportmittel. Dieser machte ihn relativ schnell wieder zu einem der reichsten Männer Italiens. Sein neuer 5000 GT schmückte den Ghia Stand auf dem Turiner Autosalon 1961. Zudem verlieh Maserati das Auto vor der Erstauslieferung an Bernard Cahier, Redakteur der Fachzeitschrift ‚Sports Car Graphic‘, der seinen Hochgeschwindigkeits-Fahrbericht in der Januar-Ausgabe 1962 veröffentlichte. Hier ein Zitat aus diesem Artikel: „Wir wurden durch die außergewöhnliche Beschleunigungskraft, die man sonst nur bei Rennwagen findet, in unsere Sitze gepresst. Ich habe schon viele schnelle Autos gefahren, aber noch nie habe ich soviel Kraft so früh im Drehzahlband gespürt, soviel Kraft, dass ich bereits 217 km/h auf dem Tacho hatte, als ich auf einer kurzen Gerade vom dritten in den höchsten Gang geschaltet habe!“ Seine Messungen ergaben, dass der 5000 GT einen vollen Kilometer aus dem Stand in 26,6 Sekunden zurücklegt und dabei 217 km/h schnell wird.

Nach wenigen Jahren verkaufte Innocenti seinen 5000 GT wieder. Auf einige Besitzer in Italien folgte ein Enthusiast aus Saudi Arabien. Er erwarb und exportierte den Maserati. Allerdings mangelte es in den 1960er Jahren offenbar noch an fachkundigen Servicepartnern in der arabischen Welt. So ergab sich langsam ein Wartungsstau. Schließlich erwarb Rubayan Alrubayan den Wagen günstig in den 70ern und parkte ihn vor seinem Haus. Der historischen Relevanz des Autos war er sich jedoch nicht bewusst. So blieb der als Restaurierungsprojekt angeschaffte Sportwagen jahrzehntelang den Elementen ausgesetzt unbeachtet stehen. Nach dem Tod des Besitzers entschieden seine Erben, das Wrack in eine Halle zu verbringen, um es nicht noch weiter verfallen zu lassen. Offenbar nicht zu früh, denn in der Zwischenzeit hatten offizielle Stellen bereits arabische Markierungen auf die Beifahrertür aufsprayen lassen, die besagen, dass der Wagen besitzerlos aufgefunden und zur Verschrottung freigegeben wurde.

Nun bietet RM Sotheby’s diesen einzigartigen Maserati 5000 GT im Rahmen der Monterey Car Week erstmals seit über 50 Jahren öffentlich an. Trotz der Tatsache, dass der Wagen soviele Jahrzehnte unter freiem Himmel verbrachte, ist er immer noch sehr komplett. Selbst das originale Ersatzrad liegt noch im Kofferraum. Auf dem Tacho stehen erst 15.561 Kilometer. Durch das eher warme und trockene Klima Saudi Arabiens halten sich auch Durchrostungen in engen Grenzen. Hätte das Coupé stattdessen beispielsweise in einem deutschen Hinterhof geparkt, hätte man die Reste vermutlich nur noch zusammenfegen können. Unter den Fragmenten der Mitte der 1960er Jahre aufgetragenen blauen Lackierung zeigen sich ebenfalls Spuren der originalen silbernen Farbe, die der Wagen 1961 bei der Erstauslieferung trug. RM Sotheby’s bietet das Unikat ohne Mindestpreis an, gab aber bisher noch keinen Schätzpreis für das Höchstgebot an.

Bilder: RM Sotheby’s