Guy Berrymen und seine Porsche

Durch diverse musikalische Erfolge in inzwischen über 25 Jahren kennt man die britische Pop-Rock-Band Coldplay weltweit sehr gut, wodurch sich die Tonträger der Band knapp 80 Millionen Mal verkaufen ließen. Guy Berrymen spielt den Bass und lernte seine Band-Kollegen Chris Martin, Johnny Buckland und Will Champion bereits während ihrer gemeinsamen Studienzeit am University College London kennen. Neben Einsätzen für wohltätige Organisationen finden alle vier Bandmitglieder auch Zeit für eigene Hobbies. Bei Guy Berrymen sind dies Sportwagen und klassische Autos, die er sammelt, handelt und sogar selbst restauriert. Seine Liebe zu entsprechenden Fahrzeugen wuchs bereits in den 80er Jahren, als er in Schottland aufwuchs und dort regelmäßig den stillgelegten Triumph TR3A seines Vaters in einer vollgestellten Garage betrachten konnte. Als Kind schwang er sich regelmäßig hinter das Steuer und weckte damit sein Interesse an den klassischen Formen und der Technik, was schließlich zu einem Maschinenbau-Studium führte. Dieses schloss er jedoch durch den einsetzenden Erfolg von Coldplay nie ab.

„Mein Interesse an Autos liegt in der Ingenieurskunst und den ihnen zugrundeliegenden Konzepten begründet. Alle Fahrzeuge in meiner Sammlung haben etwas Besonderes unter der Oberfläche. Ich bin überzeugter Vertreter des Leitsatzes ‚Form follows function‘. Das gilt für mich in vielen verschiedenen Bereichen. Ob im Industriedesign, bei Kleidung oder Autos – wer dieses Mantra verfolgt, wird stets Reinheit erzielen. Meiner Meinung nach war die Designsprache der 1950er- und 60er-Jahre von wunderschöner, skulpturaler Qualität, da damals noch per Hand gezeichnet wurde. Damals war das Fahrzeugdesign geprägt von Extravaganz, es hatte Seele und Schwung. Daraus wurden diese sehr reinen Formen geboren,“ erzählt der heute 42-jährige Berrymen über die Hintergründe seiner privaten Autosammlung. Neben den fahrbereiten Wagen finden sich in einer eigenen Werkstatt diverse Projekte in unterschiedlichen Restaurierungsphasen, wobei Berrymen eine extreme Liebe zum Detail an den Tag legt.

In der Fahrzeugsammlung befinden sich momentan neben anderen Preziosen fünf Porsche Sportwagen. Neben einem 914/6 GT und einem komplett original belassenen 911 von 1968, der einst ebenso Clay Grady gehörte, wie ein mit diversen Rennspuren versehener 914, stehen zwei besondere Schmuckstücke hier, die Berrymen für den Porsche Newsroom ins Kameralicht rückte. Dabei handelt es sich zum einen um einen 911 S von 1967 und zum anderen um einen von neun durch Zagato neu aufgebauten 356 Zagato Roadster mit den originalen Formen eines nahezu unbekannten Rennfahrzeugs von 1958. „Das ist ein tolles Auto. Es ist leicht wie eine Feder und so offen. In diesem Auto hatte ich den bisher besten Roadtrip meines Lebens. Ich habe es zusammen mit meinem Freund Magne Furuholmen von A-ha aus Zagato in Mailand abgeholt und fuhr damit entlang der Seen nach Chamonix und durch die Alpen hinunter bis nach Nizza. Wir sind durch das scheußlichste Wetter gefahren, das man sich nur vorstellen kann. Es gewitterte, und die Sicht war auf diesen kurvenreichen Bergstraßen auf vielleicht vier Meter beschränkt. Fahrer mit modernen Wagen entschieden sich aufgrund der unsicheren Lage gegen eine Weiterfahrt, aber wir mussten zu einer bestimmten Zeit in Nizza ankommen, also fuhren wir in unseren neongelben Regenjacken und mit immer mehr Wasser im Wagen weiter. Jedes Mal, wenn wir abends im Hotel ankamen, musste wir nach einem Eimer fragen, damit wir das Wasser aus dem Fahrzeug schöpfen konnten. Als ich zuhause ankam, nahm ich als allererstes einen Bohrer zur Hand und bohrte ein paar Löcher in die Bodenbleche,“ schwärmt er über diese moderne Rekreation.

„Ich glaube, dass die meisten Menschen ihre Autos nicht oft genug fahren. Und das ist schade, sowohl aus persönlicher als auch aus kultureller Sicht. Wenn die Zeit der Verbrennungsmotoren endgültig vorbei ist, sehen wir Young- und Oldtimer wieder in ihrem Kontext und werden sie umso mehr schätzen. Der Wandel hin zu alltagstauglichen Elektromotoren ist großartig, und ich habe den Taycan definitiv schon als Auto für jeden Tag in den Blick gefasst. Aber immer, wenn ich in einem klassischen Wagen unterwegs bin, sehe ich überall nur lächelnde Gesichter. Was diese Autos alles schon erlebt haben. Welche Geschichten sie erzählen können. Sie sind durch nichts zu ersetzen,“ bringt er seine Fahrfreude auf den Punkt. Neben seiner Autosammlung geht Guy Berrymen seiner Leidenschaft auch als Creative Director des englischsprachigen Automagazins ‚The Road Rat‘ nach, das viermal jährlich erscheint. Als Mitbegründer neben Mikey Harvey und Jon Claydon faszinierte ihn auch hier wieder die Kombination zwischen präzisen Arbeitsabläufen und der Liebe für Details. „Wir wollten Artikel mit Tiefgang. Wir wollten Geschichten mit Bedeutung erzählen, die stets auch den menschlichen Aspekt berücksichtigen. Mit anderen Worten: Ein Auto ist nicht einfach nur ein Auto. Warum gibt es dieses Auto? Wer hat es gebaut? Welche Geschichten kann es erzählen?“ So beleuchtete das Team bereits in der zweiten Ausgabe den Werdegang des Porsche 917 mit diversen Einblicken in politische Hintergründe, nie gezeigten Archivbildern und Aussagen von damals beteiligten Ingenieuren in knapp 8.000 Wörtern.

Bilder: Porsche Newsroom