Fiat 2800 Berlinetta by Touring

Als Nachfolger der Baureihe 527 präsentierte Fiat 1938 den neuen 2800 für die obere Mittelklasse. Anfänglich nur als Limousine angeboten, folgte ein Jahr später auch eine Variante namens Torpedo. Dabei handelt es sich um eine Karrosserie mit hoher Gürtellinie, Platz für vier bis fünf Personen und aufklappbarem Stoffverdeck ohne B-Säulen. Neben Fiat nutzten auch andere Automarken wie Isotta Fraschini, Alfa Romeo oder Rolls-Royce diese Aufbauart, die sich jedoch immer mehr der gebräuchlicheren Phaeton-Karosserie annäherte und mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs schließlich komplett vom Markt verschwand. Der Krieg spielte auch für den Fiat 2800 eine wichtige Rolle, sorgte er doch dafür, dass nur sehr wenige Exemplare gebaut wurden. Insgesamt verließen bis 1944 nur 624 Fahrzeuge die Produktion, von denen 210 als militärische Kommandeurswagen auf Basis des Torpedo mit verkürztem Radstand ausgeliefert wurden. Weitere sechs gingen als sechssitzige Torpedo-Version an das italienische Königshaus unter König Viktor Emanuel III.

Alle Varianten dieses großen Fiat-Modells hatten einen 2,8 Liter großen V6-Motor unter der Haube. Dieser leistete 63 kW/85 PS, die bei der Limousine auf lediglich 900 Kilogramm Leergewicht trafen. Von den 414 Fiat 2800, die an private Kunden geliefert werden konnten, erhielten drei eine exklusive Berlinetta-Karosserie von Touring in Mailand. Entsprechend selten bekommt man ein solches Fahrzeug vor die Kamera oder erhält die Chance, ein Exemplar zu erwerben. Wieviele 2800 heute noch existieren ist nicht bekannt. Durch den Krieg und die Nutzung diverser Wagen durch die italienische Partito Nazionale Fascista wurde der Bestand bereits vor dem Produktionsende 1944 dezimiert.

Auch bei Chassisnummer 000561, einem von drei Touring Berlinetta, ist die individuelle Geschichte nicht ganz frei von Skandalen. Bewiesen ist es nicht, aber mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit diente dieser Wagen als Teil einer ganzen Kolonne, mit der Benito Mussolini, seiner Geliebten Clara Petacci, deren Bruder Marcel und seiner Familie aus Italien in die Schweiz flüchten wollten. Unterwegs wurde der als Flak-Kanonier verkleidete Mussolini an einer Straßensperre von Partisanen erkannt und gefangen genommen. Gemeinsam mit Petacci wurde er einen Tag später erschossen und in Mailand am Dach einer Tankstelle aufgehängt.

Der Fiat 2800 gelangte trotzdem weiter bis in die Schweiz und wurde dort nach Kriegsende an eine ausgewanderte italienische Familie in Martigny verkauft. Diese behielt den Wagen für die folgenden 50 Jahre. In dieser Zeit wurde das Fahrzeug umfangreich restauriert und dabei auf das heute noch sichtbare Schwarz umlackiert, wobei innen rote Ledersitze zum Einsatz kamen. Der heutige Besitzer erwarb den 2800 Berlinetta vor rund 20 Jahren und erhielt seinen guten Zustand durch gezielte Maßnahmen, nutzte den Wagen aber nur selten. Nun bietet RM Sotheby’s im Rahmen der Retromobile in Paris die Chance, dieses einmalige Fahrzeug ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Als Zuschlagspreis werden dabei relativ moderate 200.000,- bis 250.000,- € erwartet.

Bilder: RM Sotheby’s, Tim Scott