Fahrbericht: Aston Martin DB11 V8

Promis fahren manchmal einen. James Bond fährt immer wieder einen. Nun fuhr auch Secret Classics einen. Die Rede ist natürlich von einem Aston Martin. Kurzfristig und ehrlich gesagt auch unerwartet kam die Chance auf, einen DB11 V8 gemeinsam mit einem Kollegen aus Norwegen am Nürburgring abzuholen und für drei Tage zu bewegen. Würden Sie „nein“ sagen? Vermutlich nicht. Also wenigstens einmal ein bisschen so fühlen wie ein Agent von ihrer Majestät Secret Service. Es stellt sich direkt die Frage, ob 007 sich mit dem V8 anfreunden könnte oder den V12 aus dem inzwischen zum DB11 AMR umbenannten größeren Bruder vermissen würde?

Unser Testwagen zeigt sich übrigens sowohl außen als auch innen in einem edlen Dunkelblau, das je nach Lichteinfall jedoch eher schwarz wirkt und viele Formen des eleganten Designs schluckt. Kommt dann noch das typisch deutsche Aprilwetter hinzu, geraten die Fotos eher melancholisch, obwohl das dem Wagen in keinster Form gerecht wird. Anhand des offiziellen Konfigurators tippen wir auf den Farbton ‚Ultramarine Black‘ für die Karosserie und ‚Aurora Blue‘ für das Leder mit erweiterten Umfängen. Hinzu kommen 20 Zoll große Zehnspeichen-Schmiedefelgen in dunklem Grau und rot lackierte Bremssättel. Im Gegensatz zu den Präsentationsfahrzeugen entschied sich Aston Martin Deutschland bei diesem Presse-Auto dafür, Dach und Dachbögen in Wagenfarbe anstatt in Schwarz zu lackieren.

Wir nahmen den DB11 also in unmittelbarer Nähe zur Nürburgring Nordschleife am dortigen Testzentrum von Aston Martin in Empfang. Auf dem Hinweg hatten wir noch mit leichtem Regen und Nebelfeldern zu tun, womit mein Begleiter das typische Eifelwetter zumindest teilweise kennenlernte. Er war tatsächlich zuvor noch nie in dieser Region Deutschlands, konnte den kurvigen Landstraßen und der hügeligen Umgebung jedoch auf Anhieb viel abgewinnen. Auch unser Ausflug zu einigen typischen Schauplätzen der Nordschleife wie dem Brünnchen oder Breidscheid stießen auf hohes Interesse – nicht nur aufgrund der Industrie-Testfahrten einiger bald auf den Markt kommender Sportwagen auf der Strecke. Nach einigen Erinnerungsbildern ging es schließlich hinter das Steuer des DB11, der mit seinem V8-Biturbotriebwerk beim Goodwood Festival of Speed 2017 debütierte. Dieses schöpft aus vier Litern Hubraum 375 kW/510 PS und ein maximales Drehmoment in Höhe von 675 Newtonmetern. Klingt bekannt? Stammt ja auch aus Deutschland. Gemeinsam mit diversen Interieur-Komponenten bezieht Aston Martin diesen Motor von Mercedes-AMG, wo er sonst unter anderem im Sportwagen GT Verwendung findet. Allerdings ist die Ausbaustufe für Aston Martin mit einer einzigartigen Kennlinie versehen. Zudem nutzen die Briten ein Achtgang-Automatikgetriebe anstelle des Doppelkupplungsgetriebes im AMG GT.

Dieses kommt dem Anspruch des DB11 V8 allerdings auch zweifelsfrei besser entgegen. Abgesehen davon, dass ZF die Schaltzeiten der Wandlerautomatik inzwischen auf sensationell niedrige Werte gedrückt hat, passt der weiche Schalt-Charakter bestens zum Langstreckenkomfort, den der 2+2-Sitzer seinen Insassen bietet. Allerdings muss man an dieser Stelle ganz ehrlich attestieren, dass die hinteren beiden Sitznischen allenfalls für Kleinkinder geeignet sind, im besten Fall jedoch für die zusätzliche Unterbringung von leichtem Reisegepäch dienen. Obwohl dafür die 270 Liter Kofferraumvolumen eigentlich längst ausreichen. Über Tasten am Lenkrad kann der Fahrer Einfluss auf die Härte des Fahrwerks (linker Knopf, GT oder Sport) sowie die Gasannahme, die Schaltzeiten und den Öffnungsgrad der Klappen im Abgasstrang nehmen (rechter Knopf, GT-, Sport- und Sport+-Modus). Auf unseren Touren, die uns immerhin 475 Kilometer weit über Landstraßen und Autobahnen führten, verwendeten wir zumeist das Fahrwerk im GT-Modus sowie die Sport-Einstellung für alles weitere. So kommt der leicht amerikanische Soundtrack des V8 am besten zur Geltung, während die adaptiven Dämpfer die allermeisten Störeinflüsse der Fahrbahn ausblenden. Derweil sorgt die aktive Luftführung durch die Kanäle an den hinteren Seitenscheiben bis hin zum Heckspoiler oben im Kofferraumdeckel für spürbaren Abtrieb.

Zwischen Lenkrad und Beifahrer findet sich der Mitteltunnel, unter dem die Kardanwelle die Motorkräfte zum in Transaxle-Bauweise verbauten Getriebe schickt. Knöpfe, Schalter und Bediendisplay erinnern dabei stark an aktuelle Fahrzeuge aus Sindelfingen. Dies gilt leider auch für das vergleichsweise informationsarme Navigationssystem, das immer erst rund zwei Kilometer vor der nächsten Abbiegung aktiv wird und zuvor – speziell in der Eifel – einfach nur einen farbigen Strich auf grünem Grund zeigt. In Städten, die dem System bekannt sind, bildet es jedoch als Orientierungshilfe die umliegenden Gebäude dreidimensional nach. Ansonsten gibt es am DB11-Innenraum wenig auszusetzen. Beim Testwagen zeigten sich die Dekorleisten in schwarzem Pianolack und gebürstetem Aluminium. Wer hier lieber Holz oder gepresste Carbon-Fasern haben möchte, wird im breiten Ausstattungsangebot von Aston Martin ebenfalls fündig. Die Sitze bieten besten Seitenhalt auf kurvigen Straßen, würden auf der Rennstrecke jedoch vermutlich schnell an ihre Grenzen kommen.

Doch genau das wäre auch der völlig falsche Einsatzzweck für einen DB11 V8. Er will kein Mitbewerber für einen 911 GT3 oder BMW M8 sein. Ihm geht es nicht um die Erzielung schnellstmöglicher Rundenzeiten. Er ist hingegen eher ein stilvoller Gleiter auf der Autobahn, mit dem man auch nach langen Etappen entspannt vor Hotel oder Ferienhaus ankommt, um anschließend den Abend mit Begleitung genießen zu können. Alternativ zum Besuch einer Oper oder eines Theaterstückes bietet bereits die im Testwagen verbaute Beosound-Audioanlage von Bang & Olufsen hervorragenden Musikgenuss. Unterwegs steht stets genügend Leistung zur Verfügung, um für Überholmanöver gerüstet zu sein. Allerdings macht es durchaus auch Spaß einfach mit eingeschaltetem Tempomat Kilometer um Kilometer abzureißen, während manch anderer Verkehrsteilnehmer alle Kräfte seines Kleinwagens versammelt, nur um einmal im Leben einen Aston Martin zu überholen. Der Soundtrack der acht Zylinder und der beiden im heißen Innen-V verbauten Turbolader ist dabei immer präsent ohne jemals nervig zu werden.

Dank seines eleganten, gefälligen Designs leiden Fahrer eines Aston Martin DB11 wohl auch nur selten unter Neidattacken ihrer Mitmenschen. Zumindest wenn das entsprechende Fahrzeug eine zurückhaltende Farbgebung wie das von uns gefahrene Dunkelblau hat. Betrachter schätzen den Wagen zwar auf einen höheren Wert, unterstellen den Insassen jedoch auch eine gute Portion Stil. Preislich beginnt der DB11 V8 in Deutschland übrigens bei 184.000,- €. Ein durchaus angebrachter Wert für ein angenehmes Reisefahrzeug, dessen Schlüssel wir schließlich nach drei Tagen nur widerwillig wieder abgegeben haben. James Bond weiß schon, was er an seinem Aston Martin hat.

Bilder: Matthias Kierse, Kaare Byberg (Core of Cars)