BMW M1 Rekordwagen

Viele Autofans kennen den BMW M1 als bis heute einziges Mittelmotorfahrzeug aus Münchener Produktion. Auch die Vorgeschichte mit den Entwicklungsarbeiten bei Dallara und Lamborghini ist weithin bekannt, ebenso die Renneinsätze der Procar genannten eigenen Serie im Rahmen der Formel 1 sowie der Gruppe-5-Turbo-Rennwagen in Le Mans. Dass es jedoch noch ein weiteres Kapitel in der M1-Geschichte gab, das sich auf die Erzielung von Geschwindigkeitsrekorden konzentrierte, dürfte die meisten unserer Leser überraschen. Da es kein offizielles Werksprojekt war, sondern auf privater Initiative fußte, finden sich nur wenige Aufzeichnungen in markenbezogenen Geschichtsbüchern.

Der genutzte BMW M1 wurde als ganz normale Straßenversion 1979 aufgebaut und im Folgejahr in Berlin an den Erstbesitzer verkauft. 1981 kaufte der Rennfahrer Harald Ertl das Fahrzeug, da er gemeinsam mit dem Kraftstoffhersteller British Petroleum (BP) Rekordversuche unternehmen wollte. Mit seinem 3,5 Liter großen Reihen-Sechszylindermotor und lediglich 204 kW/277 PS sowie 330 Newtonmeter Drehmoment konnte man jedoch ebensowenig auftrumpfen, wie mit der originalen Aerodynamik des Serien-M1. Daher wurde die Karosserie umfangreichen Modifikationen unterzogen, wodurch sich der cW-Wert verbesserte und zugleich über große NACA-Einlässe an den Seiten die Anströmung des Triebwerks verbessert wurde. Für die Gestaltung hatte die Firma Seger & Hoffmann gesorgt, die als Werkstoff für die verklebten und vernieteten Karosserieteile auf Aramiafasern zurückgriff.

Gleichzeitig überarbeitete Ertl gemeinsam mit der Gustav Hoecker Sportwagen-Service GmbH in Landau den Motor für den Einsatz von Autogas (Flüssiggas). BP war sehr daran interessiert, die Leistungsfähigkeit dieses Kraftstoffes mit seinen 110 Oktan unter Beweis zu stellen und mit dem umgebauten M1 schneller als 300 km/h zu fahren. Hierfür erhöhte das Team die Motorleistung mittels zweier KKK-Turbolader auf 410 PS und verbaute zwei jeweils 45 Liter große Gastanks im hinteren Kofferraum. Dazu kamen spezielle Stoßdämpfer von Fichtel & Sachs, Breitreifen vom Typ Goodyear NCT auf dreiteiligen Ronal Alufelgen, eine Abgasanlage der Heinrich Gillet KG, Armaturen von VDO, ein Matter-Überrollkäfig sowie Leichtbau-Ladeluftkühler von Längerer & Reich und die Autogasanlage von Vialle.

Am 17. Oktober 1981 hatte sich BP auf der Volkswagen-Versuchsbahn in Ehra-Lessien eingemietet und machte sich an den Rekordversuch. Harald Ertl setzte sich hinter das Lenkrad und verschwand auf die Bahn, die viele Jahre später auch von McLaren und Bugatti für die Erzielung von Höchstleistungen genutzt wurde. Für die Beschleunigung des speziellen M1 wurden 5,3 Sekunden bis 100 und 15,3 Sekunden bis 200 km/h. Als Durchschnittswert über zwei Fahrten in entgegengesetzter Richtung ermittelten die offiziellen Zeitnehmer einen Wert von 301,4 km/h als Höchstgeschwindigkeit. Damit überbot das Team rund um Harald Ertl und BP den vorherigen Rekordwert um 18,4 km/h. Anschließend wurde es schnell ruhig um den besonderen BMW M1. Für fast 25 Jahre stand er ungenutzt und ungesehen in einer Garage im Londoner Osten. Nun kommt er als Scheunenfund bei Coys of Kensington im Rahmen der Techno Classica in Essen unter den Hammer. Zum erwarteten Zuschlagspreis machte das Auktionshaus im Vorfeld keine Angaben.

Bilder: Coys of Kensington, BMW Group Archiv