Automotive Art 7 – Dino 246

Der Dino 246 durfte nie Ferrari heißen, zählt unter Fans aber als wahres Produkt aus Maranello. Im siebten Teil unserer Serie wird er näher beleuchtet.

Herzlich willkommen zu einem neuen Teil unserer monatlichen Automotive Art Sektion mit Fotograf und Lichtkünstler Bill Pack. Nachdem er im Juni den Fiat Dino Spyder näher vorgestellt hat, zeigt er uns nun den Dino 246 in seiner ganzen Pracht. Er rückt das Design von Oldtimern in besonderem Maße in Szene und erklärt seine Interpretation der Styling-Ideen mit einigen interessanten Bildern, die er in seinem eigenen Stil aufgenommen hat.

In den Kopf des Designers – von Bill Pack

Es ist einfach, viele Fakten und Informationen über jeden Automobil-Designer zu erfahren. So lässt sich schnell herausfinden, für welche Firmen sie im Laufe der Zeit gearbeitet haben, welche Automodelle sie entworfen haben und welche Innovationen sie in die Branche gebracht haben. Wir wissen also viel von ihnen, aber wir kennen sie nicht. Mit meinen Bildern versuche ich, in die Seele und den Geist des jeweiligen Designers zu gelangen. Ich konzentriere mich auf bestimmte Teile des Autos und verwende meine Beleuchtungstechnik, um die emotionalen Linienführungen des Designers hervorzuheben.

Dino 246 – Gezeichnet von Leonardo Fioravanti

Wenn Sie sich den Umfang der Designarbeiten von Leonardo Fioravanti ansehen, verstehen Sie, warum Pininfarina ihn in seinem Designstudio einstellte. Was war es also, das Pininfarina in dem damals 26-jährigen Bewerber sah und ihn zur Jobvergabe brachte? Ich schätze, er sah einen jungen Mann, der einen Sinn für Erkundungen hatte und Neugierde mitbrachte. Wenn du in der Nähe von Menschen bist, die diese Eigenschaften ebenfalls besitzen, kannst du nicht anders, als dich in ihre Welt hineinziehen zu lassen. Was auch immer Sergio Pininfarina in Fioravanti sah oder spürte, es war richtig. Er fuhr fort, ein Werk zu schreiben, das die wahre Definition von ikonisch ist. Nachfolgend finden Sie eine Auflistung der Fioravanti-Entwürfe für und auf Basis von Ferrari:

Dino 206 GT
Dino 246 GT und GTS
Ferrari 250 P5 Berlinetta
Ferrari P6
Ferrari 365 GTB/4 ‚Daytona‘
Ferrari Pinin
Ferrari 512 Berlinetta Boxer
Ferrari 365 GT4 2+2 (das Vorgängermodell zum Ferrari 400)
Ferrari 308 GTB
Ferrari 288 GTO
Ferrari F40


Fioravanti suchte nie nach Anerkennung. Stattdessen arbeitete er am besten außerhalb des Rampenlichts. Er wusste, was er erschaffen hatte, und auch die Menschen, die für ihn von Bedeutung waren, wussten es. Enzo Ferrari wusste es auf jeden Fall. In den vergangenen Jahren ist das Interesse an Dino und Daytona merklich gestiegen und Fioravanti wird in Bezug auf diese Meisterwerke genannnt und anerkannt.

Leonardo Fioravanti selbst sagte über Design: „Es geht um Ideen. Du kannst Design unterrichten, und es gibt viele gute Schulen, aber etwas zu verfeinern, was bereits existiert, bewegt nicht vorwärts. Du musst es erforschen.“

Forschungsdrang und der Mut zum Risiko sind Partner. Aus dieser Partnerschaft entstehen in den richtigen Händen wahre Ikonen. Ich hatte das Privileg, automobile Kunstbilder von zwei Dino 246, einem GT und einem GTS, anzufertigen. Wenn Sie diese Kollektion betrachten, entdecken Sie Leonardo Fioravanti durch seine Linien und sein Design. Das ist Forschungsdrang auf höchstem Niveau.

Dino 246 – Details – von Matthias Kierse

Feminine Linien gepaart mit einem leistungsstarken und wohlklingenden V6-Triebwerk – so lassen sich die Haupteigenschaften des Dino 246 für Außenstehende wohl am trefflichsten zusammenfassen. Dieser kleine Einstiegssportwagen aus Maranello, der auf Geheiß des Firmenpatriarchen offiziell weder den Markennamen Ferrari, noch das springende Pferd als Logo tragen durfte, hat sich längst von einem Modell am unteren Spektrum der Sportwagenklasse zu einem gesuchten Klassiker gemausert. Statt der Ferrari-Insignien erhielt es den Rufnamen des 1956 an Muskeldystrophie verstorbenen Sohn von Enzo Ferrari, Alfredo, nämlich ‚Dino‘. Dieser diente auch als Markenlogo in geschwungener, dunkelblauer Schrift auf gelbem Grund. Viele Dino-Besitzer rüsteten nachträglich mindestens ein springendes Pferd an ihren Fahrzeugen nach.

Nach einigen Rennfahrzeugen, die ab 1957 sowohl in Formel- als auch in Sportwagenklassen mit dem von Alfredo ‚Dino‘ Ferrari entwickelten V6-Triebwerk an den Start gegangen waren, machten es neue Regularien der Formel 2 für die Saison 1967 nötig, größere Anzahlen dieses Motors in den freien Verkauf zu bringen, um ihn dadurch zu homologieren und weiterhin im Rennsport nutzen zu dürfen. Hierfür kooperierte man mit dem Fiat-Konzern (Ferrari gehörte erst ab 1969 zu diesem Konzern und ist inzwischen eine unabhängige Aktiengesellschaft). Fiat stellte das Dino Coupé und den Dino Spyder vor, in denen der V6 vorn eingebaut wurde. Später entwickelte man gemeinsam mit Bertone zudem den Lancia Stratos, der die Rallyewelt auf den Kopf stellte. Bei Ferrari werkelte man hingegen bereits seit 1965 an einer eigenen Straßenversion. Im Designstudio von Pininfarina entwickelten Leonardo Fioravanti und Aldo Brovarone für den Pariser Autosalon 1965 den Dino 206 GT Speciale, aus dem in den folgenden zwei Jahren der serienreife Dino 206 als GT (Coupé) entstand.

Die Namensgebung nahm dabei, wie von anderen Ferrari-Modellen gewohnt, Bezug auf den Hubraum (2,0 Liter) und die Anzahl der Zylinder. Erstmalig in der Markengeschichte saß das Triebwerk eines Straßensportwagens dabei mittig hinter den Passagieren – allerdings gilt der Dino aufgrund des fehlenden Markenlogos offiziell nicht als erster Mittelmotor-Ferrari. Von dem 180 PS starken Sportwagen entstanden lediglich 152 Exemplare, ehe er ein umfangreiches Facelift inklusive Umbenennung erhielt. Geboren war der heute besser bekannte Dino 246, der auf dem Genfer Autosalon 1969 debütierte. Auf die GT-Version folgte 1972 die GTS-Variante mit herausnehmbaren Targa-Dach über den Köpfen der Insassen.

Um 206 und 246 voneinander unterscheiden zu können, müssen selbst Fachleute manchmal zweifach hinsehen. Der Radstand wuchs um 60 Millimeter und der Tankdeckel wanderte unter eine Klappe auf der linken C-Säule. Zudem veränderte sich die Form der seitlichen Lufteinlässe ein wenig. Während beim 206 die Karosserien aus Aluminium bestanden, baute man den 246 aus Stahlblech. Lediglich bei den frühen Fahrzeugen bestehen immerhin Türen und Hauben noch aus Aluminium. Auch beim Motorblock wechselte man von Aluminium zu Gusseisen und vergrößerte zudem den Hubraum auf 2,4 Liter. Damit stieg auch die Leistung auf 195 PS. Insgesamt verließen rund 3.000 Dino 246 das Ferrari-Werk in Maranello und wurden über das weltweite Händlernetz abgesetzt.

Bilder: © Bill Pack