Allard J2 Roadster

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich in Großbritannien eine neue Gruppierung von ehemaligen Kampfpiloten und anderen Enthusiasten, die übrig gebliebene Autos aus der Vorkriegszeit zu Sportwagen umbauten und damit auf den nun nicht mehr gebrauchten Flugplätzen überall im Land Rennen fuhren. Auch in den USA gab es entsprechende Gruppen von Autofans, die sich bei Clubrennen am Wochenende austoben wollten. Aus dieser Bewegung entstanden nach und nach auch zahlreiche neue Automarken. So gründete beispielsweise Sydney Allard 1946 in den Räumlichkeiten der Southern Motor Company im Londoner Stadtteil Clapham seine Firma Allard Motor Company Ltd. Bereits zehn Jahre zuvor, vor dem Krieg, hatte er in geringer Stückzahl seinen Special angeboten und einige Einzelstücke mit amerikanischen V8-Triebwerken aufgebaut. Nun folgte das erste wirkliche Serienfahrzeug in Form des J1, der als Rennroadster konzipiert war. Wie in den komfortableren Modellen K1, L, M und P sorgte ab Werk ein 3,6 Liter großer Ford-V8-Motor für den Vortrieb.

1950 folgte als Nachfolgemodell des J1 der J2, den die Kunden außerhalb des Heimatmarktes je nach Wunsch mit Triebwerken von Mercury, Chrysler und Cadillac oder motorlos zum Eigeneinbau eines passenden Aggregats bestellen konnten. In Großbritannien saß der 3,6 Liter große V8 aus dem Ford Pilot mit 85 PS unter der Motorhaube. In Größe und Gestaltung hatte Allard sich zudem Wünsche aus den USA zu Herzen genommen. Vorn nutzte man eine Schwingachse mit Schraubenfedern, hinten eine Starrachse nach De-Dion-Prinzip, die ebenfalls Schraubenfedern erhielt. Viele der insgesamt 90 Kunden, die einen Allard J2 Roadster bestellt hatten, nutzten das Fahrzeug für Clubrennen oder sogar größere Renneinsätze. Firmenchef Sydney Allard und Rennfahrer Tom Cole errangen beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1950 den dritten Platz im Gesamtklassement, obwohl das Dreigang-Getriebe nur noch im dritten Gang funktionierte. Ein Jahr später steuerte Bill Pollack einen Allard J2 mit Cadillac-Triebwerk zum Gesamtsieg beim Pebble Beach Road Race.

Mit einem entsprechend potenten Motor ausgestattet konnte der Allard J2 in weniger als sechs Sekunden auf Tempo 100 beschleunigen und mehr als 240 km/h Höchstgeschwindigkeit erreichen. Diese Attribute konnten auch einen jungen Carroll Shelby überzeugen, der 1952 gerade mit dem Rennenfahren begonnen hatte. Ein guter Freund von ihm, der Unternehmer Charles Brown aus Louisiana, überließ ihm einen J2 mit Cadillac-Motor und der Fahrgestellnummer J2179 für das SCCA Bergrennen in Pottsboro. Shelby gelang es tatsächlich, den kraftvollen Wagen zu einem souveränen Sieg zu steuern und damit sein außergewöhnliches Talent unter Beweis zu stellen. Zwei weitere Siege in regionalen SCCA-Rennen folgten und lenkten die Aufmerksamkeit des Aston Martin Werksteams auf ihn, was zu einer Anstellung ab dem Jahr 1954 und schließlich zum Gesamtsieg in Le Mans 1959 gemeinsam mit Roy Salvadori im DBR1 führte. In Europa fuhr Carroll Shelby so ziemlich jeden Sportwagen der damaligen Zeit, wodurch er einen großen Erfahrungsschatz für den Bau eigener Sportwagen mit zurück in die USA brachte. Als Ford dann einen neuen, leichtgewichtigen V8-Motor ins Programm nahm und relativ zeitgleich AC Cars aus Großbritannien den neuen Ace auflegte, sah er seine Chance gekommen – doch das ist eine andere Geschichte.

Der Allard J2 von Charles Brown war tatsächlich das letztgebaute Exemplar der 90 Fahrzeuge diesen Typs. Bestellt wurde es ausdrücklich in schwarz mit roter Lederausstattung und mit einer Hutze in der Motorhaube, um Platz für ein Cadillac-Triebwerk zu schaffen. In Texas angekommen montierte man den entsprechenden V8 und lieferte den Wagen an Mr Brown in Monroe, Louisiana. Bevor er den Wagen Carroll Shelby überließ hatte er bereits Fred Cook zweimal die Chance eingeräumt Rennen mit dem Allard zu fahren. Als neuere, bessere Sportwagen auf den Markt kamen, durchlief der J2 den typischen Weg der in die Jahre gekommenen Sportgeräte. Anfänglich wurde er von neuen Besitzern noch in Clubsportrennen genutzt und schließlich in den 70ern als historisch wertvolles Fahrzeug erkannt. Allerdings führte man Restaurierungen zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Auslieferungszustand durch, sondern nach Wunsch des jeweiligen Besitzers. So erstrahlte der Allard nun außen in rot mit schwarzem Leder innen, breiter Windschutzscheibe und Speichenfelgen. 1997 brachte man Carroll Shelby und den Allard J2, der einst seine Karriere befördert hatte, beim Monterey Historic zusammen. Seither wurde der Wagen in den Auslieferungszustand restauriert und kommt nun im Rahmen der Monterey Car Week beim Auktionshaus Mecum Auctions unter den Hammer. Erwartet werden dabei zwischen US$ 800.000 und US$ 1.200.000 (rund 722.000,- bis 1.085.000,- €).

Bilder: Mecum Auctions