65 Jahre Volkswagen Karmann Ghia

Als direkt nach dem Zweiten Weltkrieg in Wolfsburg die Produktion des Volkswagen dank dem starken Engagements des britischen Majors Ivan Hurst losging, dachte noch niemand an weitere Modelle oder Karosserievarianten. Zwar gelang es den Karosseriebaufirmen Karmann und Hebmüller ab 1949, die VW-Werksleitung zur Produktion von eigenständigen Cabriolet-Varianten zu überreden, andere Sonderkarosserien von Firmen wie Rometsch, Beutler und weitere erhielten indes keinerlei Werksunterstützung. Anfang der 1950er Jahre sprach Wilhelm Karmann mit dem damaligen VW-Chef Heinrich Nordhoff über ein sportlich gestaltetes Coupé auf Käfer-Basis. Erste Entwürfe aus eigenem Hause blieben wenig überzeugend. Bei der italienischen Karosseriebaufirma Ghia erblickte Karmann schließlich die Zeichnungen für ein sportliches Coupé im Pontondesign, das ursprünglich von Virgil Exner für Chrysler gezeichnet, jedoch nie als Konzeptstudie umgesetzt wurde. Er beauftragte Ghia damit, dieses Fahrzeug auf das Fahrgestell des Volkswagen zu adaptieren, was durch Luigi Segre sowie Mario Boano und seinen Sohn Gian Paolo in Angriff genommen wurde. 1953 stand ein weiß lackiertes Coupé als fahrfähiger Prototyp auf seinen Rädern und wurde von Karmann im November des Jahres in Wolfsburg bei Volkswagen vorgestellt. Nordhoff gab grünes Licht für die Serienfertigung, die bei Karmann in Osnabrück im Laufe des folgenden Jahres vorbereitet wurde.

Am Kasino-Hotel in Georgsmarienhütte, einem kleinen Ort in der Nähe von Osnabrück, wurde der Volkswagen Karmann Ghia am 14. Juli 1955 Journalisten und Vertretern der Volkswagen-Händler erstmals offiziell vorgestellt. Dabei gingen die Meinungen über den intern ‚Typ 14‘ genannten Wagen weit auseinander. Vielfach wurde in zeitgenössischen Berichten angemerkt, dass die sportliche Optik und der vergleichsweise leistungsschwache, luftgekühlte Vierzylinder-Boxermotor mit lediglich 30 PS nicht gut zusammenpassen. Im Fachmagazin ‚Das Auto, Motor und Sport‘ sprach man sogar offen von einer „Parodie eines schnellen Wagens“. Erste Exemplare des Karmann Ghia rollten ab August 1955 zu Preisen ab 7.500 DM zu den Händlern, wo die Kunden bereits in Scharen warteten. Bereits ein Jahr später rollte das zehntausendste Exemplar vom Band. Auf der IAA 1957 präsentierte Karmann auf dem Volkswagen-Stand schließlich die Cabrio-Version des Typ 14, deren Produktion zwei Monate später zu Preisen ab 8.250 DM begann. Bis zum Sommer 1959 gab es den Karmann Ghia in seiner ursprünglichen Form, die sich durch kleine Luftöffnungen an der Front sowie kleine, bündig in die hinteren Kotflügel integrierte Rückleuchten von den Fahrzeugen unterscheiden, die nach den Werksferien 1959 entstanden.

Für das Modelljahr 1960 musste Volkswagen die Scheinwerfer um rund fünf Zentimeter höher verbauen. Zudem vergrößerte man die vorderen Lufteinlässe und verchromte deren Gitter. Die größeren Heckleuchten zeigen getrennte Kammern für Schluss-, Brems- und Blinklicht. Ausstellbare Seitenscheiben, Lichthupe, Armlehnen an den Türverkleidungen sowie eine Scheibenwaschanlage gehörten ab nun zur Serienausstattung. Wenige Monate später begann eine zusätzliche Produktion des nun 34 PS starken Karmann Ghia in einem neuen Werk im brasilianischen São Bernardo do Campo. Mit dem größeren Karmann Ghia Typ 34 auf Basis des Volkswagen 1500 und Volkswagen 1600 versuchte man das Modellprogramm ab 1961 zu erweitern. In Serienfertigung ging allerdings nur das Coupé, während das ebenfalls auf der IAA gezeigte Cabriolet nach nur wenigen Prototypen verworfen wurde. Während der Preis des Typ 14 auf 6.935 DM gesenkt worden war, kostete der Typ 34 8.750 DM und war damit für viele Interessenten deutlich zu teuer. Auch eine später durchgeführte Leistungssteigerung auf 54 PS half nicht weiter. 1969 stellte man die Produktion nach 42.505 Exemplaren ein.

Derweil erfreute sich der Typ 14 weiterhin hoher Beliebtheit. 1965 bekam er den 40 PS starken Motor aus dem 1300er Käfer, der jedoch nach nur einem Jahr gegen den 1,5 Liter großen Vierzylinder mit 44 PS ausgetauscht wurde. Zeitgleich verbaute man endlich zeitgemäße Scheibenbremsen rundum. Ab 1969 ging der Karmann Ghia nach einem letzten Facelift in die letzte Produktionsphase. Vorn fanden sich nun eckige Blinkleuchten und beim Cabriolet ersetzte eine Glasscheibe das bisherige Kunststofffenster im Stoffverdeck. Mit dem 50 PS starken Triebwerk aus dem 1302 S ging die Produktion in Brasilien bis 1972 und in Osnabrück bis 1974 weiter, wobei die letzten zwei Modelljahre vergrößerte Blinker vorn erhielten. Nachdem der Typ 34 in Deutschland nicht mehr vom Band lief, verlagerte Karmann einige Fertigungswerkzeuge nach Brasilien und entwickelte dort auf der gleichen Basis den TC mit Fließheck, der bis 1976 18.119-mal gebaut wurde. Vom Karmann Ghia Typ 14 entstanden insgesamt 385.803 Coupés und 81.053 Cabriolets. Mehr als die Hälfte der Produktion ging in den Export, wobei vor allem US-Amerikaner das Fahrzeug sehr schätzten.

Bilder: Volkswagen