65 Jahre Seat 1400

In der westlichen Welt gilt die 13 seit Jahrhunderten als Unglückszahl. Hochhäuser haben selten eine dreizehnte Etage, Hotels keinen Raum mit der Nummer 13 und ein Freitag, der unglücklicherweise auf den dreizehnten Tag eines Monats fällt, kann sowieso nur Schlechtes mit sich bringen, oder? Autofahrer, die einen Seat besitzen könnten an dieser Stelle möglicherweise anderer Meinung sein. Zumindest, wenn sie sich mit der Geschichte der spanischen Automarke ein wenig auskennen. Zwar wurde Seat bereits am 9. Mai 1950 durch die Institución Nacional de Industria (hielt anfänglich 51 Prozent der Anteile), sechs spanische Banken (42 Prozent der Anteile) und den italienischen Autobauer Fiat (7 Prozent der Anteile) gegründet, doch bis zum Fertigungsanlauf dauerte es noch ein wenig. Am Freitag, den 13. November 1953 rollte schließlich in Barcelona das allererste Auto der ‚Sociedad Española de Automóviles de Turismo‘ (kurz SEAT) aus einer neu errichteten Fabrikationshalle im Gewerbegebiet Zona Franca.

Es handelte sich um das Modell 1400, eine Oberklasselimousine mit klar amerikanischen Inspirationen bei der Gestaltung der Ponton-Karosserie mit einteiliger, gewölbter Windschutzscheibe, runden Scheinwerfern und ovalen Rückleuchten. Als Basis diente der seit 1950 gefertigte Fiat 1400, die erste Neukonstruktion der italienischen Marke nach dem Zweiten Weltkrieg. Anfänglich zerlegte Fiat fertig produzierte 1400er und sendete sie als CKD-Bausätze (Completely Knocked Down = total demontiert) nach Spanien. So umging man die extrem hohen Einfuhrzölle, die unter der Regierung Franco für ausländische Neufahrzeuge galten. Allerdings reduzierte das auch die Produktionsanzahl pro Tag auf anfänglich fünf Exemplare. Als elegantes Fahrzeug der Oberklasse kostete der Seat 1400 damals 117.000 Peseten, was nach heutiger Kaufkraft etwa 705,- € entspricht. Damit war der Wagen dennoch relativ teuer und für Normalverdiener in Spanien unerschwinglich. Taxi-Unternehmen, Regierungsbeamte und einige Firmenchefs griffen jedoch begeistert zu.

Bis zum Ende der Produktion des Urmodells im Jahr 1954 liefen 1.345 Exemplare vom Band. Analog zur Modellpflege des Fiat 1400 zum 1400 A wechselte auch Seat zum 1400 A, der nun komplett mit eigenen Blechpressen im Werk in Barcelona entstand. Während es den Fiat auch mit einem Saugdieselmotor gab, bot Seat den 1400 und 1400 A sowie die folgenden Serien 1400 B (ab 1956) und 1400 C (ab 1960) ausschließlich mit einem 1,4 Liter großen Benziner an, der anfänglich 44 und ab dem A 50 PS leistete. Die Leistung stieg beim B auf 58 PS und blieb auch beim C bei diesem Wert. Ein manuelles Viergang-Getriebe übertrug die Kräfte auf die Hinterachse und machte den 1400 bis zu 116 km/h schnell. Beim 1400 A stieg dieser Wert parallel zur höheren Leistung auf 125 km/h. Am Chassis mit an Doppelquerlenkern aufgehängten Vorderrädern und hinterer Starrachse mit Teleskopstoßdämpfern rundum änderte sich im Laufe der Zeit nur wenig.

Dieses hochwertige Fahrwerk bot nicht nur für die damalige Zeit großen Komfort, sondern diente auch als Basis für den fünftürigen Kombi ‚Familiar‘ sowie diverse Sonderaufbauten wie Krankenwagen, Pickups und Kleintransporter. Einen solchen Kleintransporter namens ‚Comercial‘ auf Basis eines 1400 B restaurierte Seat für die hauseigene Fahrzeugsammlung und setzt ihn seit 2015 bei Oldtimer-Rallyes und -Veranstaltungen ein. Zudem entstanden beim spanischen Karosseriebauer SERRA 1959 wenige Exemplare eines zweitürigen Cabriolets, deren Styling sich an Frua-Entwürfen für den Fiat 1400 orientierte. Außerhalb von Spanien ist der Seat 1400 nahezu unbekannt, da die Marke erst in den 1970er Jahren ins Exportgeschäft einstieg. Zu diesem Zeitpunkt gab es bereits seit einiger Zeit das Nachfolgemodell 1500. Von allen 1400er Derivaten fertigte Seat insgesamt bis 98.978 Exemplare.

Bilder: Seat