50 Jahre Opel GT

Anfang der 1960er Jahre begannen bei Opel Planungen für ein emotionales Modell als Ergänzung zu den grundsoliden Fahrzeugen vom Typ Kadett, Olympia, Rekord, Commodore und den großen Limousinen der KAD-Reihe (Kapitän, Admiral und Diplomat) unter dem Entwicklungsnamen ‚Kadett GT‘. Im Winter 1963 setzte man erste Plastillin-Modelle aus den Zeichnungen in der Designabteilung in Rüsselsheim um. Diese war erst 1962 unter Clare McKichan auf Wunsch von General Motors eingerichtet worden. Zur IAA 1965 war schließlich eine lebensgroße Studie mit dem Namen ‚GT Experimental‘ bereit, die den Nerv des Publikums auf Anhieb traf. Trotz Modellen wie dem Kadett Rallye traute man Opel kein Sportfahrzeug zu. Noch war zu diesem Zeitpunkt öffentlich nicht klar, ob GM einer Serienfertigung dieses Sportwagens zustimmen würde. Auf das große Interesse reagierte der Autobauer vorerst nur intern, ohne viel nach außen zu zeigen. Bei der Eröffnung des neuen Test- und Entwicklungszentrums in Dudenhofen konnten die eingeladenen Journalisten allerdings einen GT Prototypen in Aktion erleben. Im offiziellen Pressetext verkündete man nüchtern: „Das Opel GT Coupé wird als Versuchsfahrzeug für Hochgeschwindigkeitsfahrten und zur Erprobung von Karosserieformen, Motoren, Bremsen, Lenkungssystemen und Radaufhängungen auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken des Dudenhofener Prüffelds eingesetzt.“

In den folgenden drei Jahren wurden die technischen Grundlagen festgelegt und der Wagen fertig entwickelt, wobei erstmalig in der Opel-Geschichte auch Crashtests durchgeführt wurden. Beim Frontalaufprall mit 50 km/h blieb die Fahrgastzelle gut in Form. Den Offset-Crash nach heutiger Norm gab es noch nicht. Während die Konzeptstudie noch rechteckige Klappscheinwerfer aufzeigte, erhielt das spätere Serienfahrzeug ovale Leuchten, die nicht klassisch hochklappten, sondern durch eine Drehbewegung öffneten. Diese wurde mechanisch an einem Hebel im Cockpit ausgelöst. Auch die Motorhaube erhielt eine modifizierte Form mit charakteristischer Wölbung auf der rechten Fahrzeugseite. Diese wurde nötig, um den Zylinderkopf des 1,9 Liter großen Motors aus dem Rekord C unterzubringen, der trotzdem für den Opel GT an der Vorderseite eine schräge Kante bekam, um überhaupt in den Sportwagen zu passen. Hinten gab es auch trotz des angedeuteten Stufenhecks keine Heckklappe. Das Gepäck musste durch den Innenraum verladen werden, was damals anfänglich besonders an den Grenzübergängen der Transitautobahnen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und West-Berlin für Probleme mit den DDR-Grenzbeamten sorgte.

Kurz vor der Markteinführung lud Opel diverse Journalisten zu einer Fahrveranstaltung auf dem Hockenheimring ein. Dort und im Umland konnte der neue GT mit beiden Motorisierungen, die ab Herbst 1968 angeboten wurden, erfahren werden. Neben dem bereits erwähnten 1,9-Liter-Vierzylinder mit 90 PS im GT A-L (besser als GT 1900 bekannt) gab es bis 1970 das Einstiegsmodell GT 1100, dessen Triebwerk aus 1,1 Litern 60 PS entwickelte und den Zweisitzer damit bis zu 155 km/h schnell machte. Vom GT 1100 entstanden lediglich 3.573 Stück. Das Topmodell erreichte laut Datenblatt bis zu 185 km/h. Anstelle der schwächeren Version übernahm schließlich der GT/J (Junior) den 90-PS-Motor, verzichtete aber auf Chromanbauteile, Ausstellfenster, Cordbezüge für die Sitze und einige Instrumente.

Da die Bänder von Opel in Rüsselsheim und Bochum eigentlich ausgelastet waren, ging man eine Kooperation mit der französischen Firma ‚Sociéte des Usines Chausson‘ ein, die vor dem Zweiten Weltkrieg die hufeisenförmigen Kühler für Bugatti fertigten und heute im Wohnmobilgeschäft erfolgreich sind. Dort entstanden die Karosserien, die anschließend zur Tochterfirma von Chausson, ‚Brissonneau & Lotz‘ geliefert wurden, wo die Lackierung und der Einbau des Interieurs erfolgten. An gleicher Stelle entstanden auch die Coupés und Cabriolets des Peugeot 304 – ein früher Brückenschlag aus heutiger Sicht. Nach einem weiteren Transport erreichten die Fahrzeuge schließlich das Opel-Werk in Bochum, wo Motoren, Getriebe und Achsen eingebaut wurden. Erste Exemplare des GT mussten in Deutschland noch vom TÜV einzeln abgenommen werden, da die Allgemeine Betriebserlaubnis nicht pünktlich zur Markteinführung erteilt worden war. Bis Juli 1973 liefen insgesamt 103.463 Exemplare vom Band, von denen über die Hälfte auf den US-Markt exportiert wurde. Dort stand der Opel GT bei den Buick-Händlern und hatte deutlich größere Verkaufserfolge als zuvor die großen Opel-Limousinen, vermutlich begründet in der optischen Nähe zur zeitgleich angebotenen Chevrolet Corvette C3. Opel überlegte zeitweise an einer Targa-Version unter dem Namen Aero GT, verwarf die Produktion letztlich jedoch.

Dafür dienten zwei Fahrgestelle für außergewöhnliche Rekordversuche. 1971 baute Dr. Georg von Opel, ein Enkel des Firmengründers und Autohausbesitzer in Frankfurt, einen elektrisch betriebenen GT auf und erzielte damit vier neue Weltrekorde für E-Autos in Hockenheim, musste den Rekord über 100 Kilometer Distanz jedoch nach 44 Kilometern mit leeren Nickel-Cadmium-Batterien aufgeben. Deutlich aufwändiger gestaltete sich der Umbau eines Rekordversuchsfahrzeugs mit dem neuen Dieselmotor für den Rekord D. Anstelle der normalen Passagierzelle erhielt dieser GT eine einzelne, nach vorn aufklappende Kanzel über dem Fahrer. Dank eines Eberspächer-Turboladers holte man aus dem 2,1-Liter-Dieseltriebwerk 95 PS heraus und erzielte 1972 zwei Weltrekorde und über 20 internationale Rekorde unter Aufsicht der FIA. Nur alle 500 Kilometer musste man einen Tankstopp einlegen, der jeweils in weniger als 30 Sekunden erledigt war. Erst nach 52 Stunden und mehr als 10.000 Kilometern fiel die Zielflagge.

Zum runden Jubiläum veranstaltete Opel im Laufe des Jahres 2018 zwei größere Zusammentreffen von GT-Besitzern. Eines fand auf dem Hockenheimring statt und erinnerte gezielt an die erste Pressefahrveranstaltung 1968 an gleicher Stelle. Neben vielen Privatleuten war auch der OPC-Chef Volker Strycek mit seinem GT dabei. Zudem rollten einige GT-Rennfahrzeuge von Conrero und Irmscher im Feld mit. Des weiteren lud Opel auch in den USA die Fan-Gemeinschaft zu einer Ausfahrt entlang der legendären Route 66 ein. So bewies man auf beiden Seiten des Atlantiks, dass das Design des Opel GT auch nach 50 Jahren noch begeistern kann. Frei nach dem damaligen Werbeslogan: Nur fliegen ist schöner.

Bilder: Opel