50 Jahre Lamborghini Urraco

2+2-sitzige Sportwagen aus Italien sind eher in der Minderheit. Am besten kennt man vermutlich diverse Ferrari-Modelle wie den 250 GTE 2+2, den Mondial oder heutzutage den GTC4Lusso, der allerdings eher als vollwertiger Viersitzer durchgehen muss. Dass aber auch Lamborghini dieses Feld einmal beackert hat, ist heutzutage beinahe in Vergessenheit geraten. Auf dem Turiner Autosalon 1970 stand der Urraco erstmals im Scheinwerferlicht. Als neues Einstiegsmodell sollte der 2+2-Sitzer Lamborghini auch gegen Marken wie Porsche gut aufstellen. Hierzu hatte man ein komplett neues Auto mit Mittelmotor entwickelt. Bis zur Markteinführung dauerte es indes noch drei volle Jahre.

Nachdem Marcello Gandini bereits beim Miura und Countach gezeigt hatte, wie gut er seinen Zeichenstift bedienen konnte, durfte er im Auftrag von Lamborghini auch den neuen Urraco gestalten. Durch Mittelmotor und die Sitzanordnung ergab sich allerdings etwas unausgewogene Proportionen. Unter Sportwagenfans gilt der Urraco dennoch als schönster 2+2-Mittelmotorsportwagen. Sein Design setzte Bertone schließlich als Ganzstahlkarosserie in Schalenbauweise um. Auf die Bodenplatte kam eine kastenförmige Versteifung und daran fest verschweißt das Grundgerüst der Rohkarosserie mit Stehwänden und Dachholmen. Auf ähnliche Weise entstanden zeitgleich auch Jarama und Espada. Beim Countach blieb es hingegen beim klassischen Gitterrohrrahmen.

Innen sorgten modische Farben für einen klaren Bezug zur Mode der 1970er Jahre. Allerdings blieb die Ergonomie klar hinter den Erwartungen zurück. Tacho und Drehzahlmesser sitzen nicht wie gewohnt in der Mitte, um durch den Lenkradkranz hindurch sichtbar zu sein. Stattdessen sitzt das eine Rundinstrument links und das andere rechts vom Lenkrad wo der Fahrer üblicherweise seine Hände hat, während direkt dahinter lediglich kleinere Instrumente für Uhrzeit, Tankinhalt, Öldruck, Wassertemperatur und ähnliches zu finden sind. Hinter den zwei Notsitzen im Fond saß ein von Stanzani konstruierter V8-Motor mit 90 Grad Bankwinkel quer vor der Hinterachse. Block und Zylinderkopf bestanden aus Aluminium. Im Laufe der Produktion gab es drei verschiedene Varianten. Als Urraco P250 kam der Wagen 1973 mit 162 kW/220 PS aus 2,5 Litern Hubraum auf den Markt. Rund ein Jahr später erschien zusätzlich der Urraco P300 mit drei Litern Hubraum, vier obenliegenden Nockenwellen und 195 kW/265 PS. Da der italienische Staat damals für Fahrzeuge bis zwei Liter 17 Prozent, für die darüber jedoch 38 Prozent Mehrwertsteuer beim Kauf verlangte, schob Lamborghini 1974 ebenfalls den Urraco P200 für den Heimatmarkt nach. Dieser holte aus zwei Litern Hubraum 134 kW/182 PS.

Um Kosten zu sparen, griff Bertone bei der Serienentwicklung des Urraco tief in die Fiat-Teilekiste. Türschlösser und -griffe, Schalter, Rückleuchten und ähnliches übernahm man somit von Großserienautos. Allerdings verzettelte sich Lamborghini mit der Diversifizierung der Modellpalette und machte sich selbst zuviel Konkurrenz, während es bei den Mitbewerbern auch genügend interessante Alternativen gab. Dies schlug sich in den Produktionszahlen deutlich nieder. Vom Urraco liefen zwischen 1973 und 1979 lediglich 77 P200, 520 P250 und 190 P300 vom Band. Von 1976 bis 1978 gab es auf der gleichen Basis den Silhouette als Targa mit nur zwei Sitzen, von dem aufgrund der nie erfolgten Zulassung für den US-Markt nur 54 Stück entstanden sind. Lamborghini entwickelte das Modell allerdings zum Jalpa weiter, der von 1982 bis 1988 rund 400-mal gebaut wurde.

Bilder: Lamborghini